FGZ: Allyship und solidarisches Engagement im Kontext identitätsbezogener gesellschaftlicher Dynamiken (ALLY)

Ziel des Arbeitspakets

Wir leben in einer Gesellschaft, in der nicht alle Menschen die gleichen Chancen haben. Merkmale wie Herkunft, Geschlecht, Bildung, sexuelle Orientierung, Alter oder Sprache beeinflussen unsere gesellschaftliche Stellung und daran geknüpfte Privilegien. Dieses Arbeitspaket untersucht, wie Menschen als „Allies“ ihre Privilegien für eine gerechtere und weltoffenere Gesellschaft einsetzen können, um den demokratischen Zusammenhalt zu stärken.

Der Begriff Allyship ist in den letzten Jahren auch im deutschsprachigen Raum populär geworden. Allyship heißt, Ressourcen und Macht zugunsten von Benachteiligten einzusetzen oder abzugeben. Das Besondere daran ist, dass die Lebensentwürfe und sozialen Verhältnisse von Benachteiligten und ihren Allies teilweise sehr unterschiedlich sind. Und trotzdem verbünden sie sich, um Diskriminierung entgegenzuwirken. Obwohl der Begriff so beliebt ist, wird Allyship unterschiedlich verwendet und verstanden.

Wir wollen herausfinden, was Allyship ausmacht und braucht, um zu gelingen. Dazu werten wir vorhandene Literatur sowie Interviews und Befragungen aus. Besonders wichtig ist uns, die Perspektive von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen einzubeziehen. Welche Möglichkeiten der Unterstützung durch Allies gibt es? Was braucht Allyship, um wirklich hilfreich zu sein? Und wann ist die Unterstützung zwar gut gemeint, bringt aber wenig oder verstärkt sogar Ungleichheiten? Im engen Austausch mit der Zivilgesellschaft sollen am Ende konkrete Handlungsempfehlungen formuliert werden.

In Zeiten zunehmender Polarisierung, wo die Berührungspunkte mit Bevölkerungsgruppen jenseits der eigenen sozialen und ideologischen „Blase“ seltener werden, ist Allyship wichtig. Sie ermöglicht Einblicke in andere Lebenswelten und kann so gesellschaftliche Gräben überbrücken. Im Idealfall baut sie Strukturen der Ungleichheit und Vorurteile ab.

Das Arbeitspaket gliedert sich in zwei Module:

Modul 1 fokussiert die Perspektive marginalisierter Teilgruppen auf „Allies“ in der Dominanzgesellschaft. Es beinhaltet eine theoretische und empirische Untersuchung des Konzepts „Allyship“ im Kontext von LGBTIQ-Communitys. Hierzu werden charakteristische, distinguierende Merkmale von Allyship und ihre Widersprüchlichkeiten aus der Wahrnehmung marginalisierter Gruppen herausgearbeitet. Welche Bedingungen stellen sie an ihre Allies aus der Dominanzgesellschaft? Was sind wirksame Formen von Allyship im Sinne der Stärkung marginalisierter Communitys? Allyship wird in ihrer Funktion als Quelle für Akzeptanz gegenüber marginalisierten Perspektiven untersucht. Die durch Allyship (re-)konstruierten Identitäten und Zuschreibungen werden bezüglich der Reproduktion hegemonialer Strukturen und gesellschaftlicher Ungleichheit beleuchtet, um so auch für den Zusammenhalt destruktive Formen von Allyship zu thematisieren.

In Modul 2 werden Rahmenbedingungen von Allyship zwischen marginalisierten Gruppen untersucht. Unter Einbezug der Forschung zu Intersektionalität wird nach potenziellen Allianzen im Sinne eines „rebellischen Universalismus“ gefragt. Wie beziehen sich Emanzipationsbewegungen aufeinander? Inwieweit bieten sie selbst Raum für diverse Perspektiven und entgegnen intersektionalen Diskriminierungserfahrungen? Allyship in der gelebten Engagement-Praxis wird dabei mit den in Modul 1 herausgearbeiteten Gelingensfaktoren und Herausforderungen kontrastiert. Die Bedeutung der eigenen Heterogenität kollektiver Sinnstrukturen, welche auch innerhalb gesellschaftlicher Teilgruppen fortwährend Zugehörigkeiten und Ausschlüsse produzieren, wird mit Blick auf konkrete kollektive Handlungskontexte ana¬lysiert. In Kooperation mit Praxispartner*innen werden Handlungsempfehlungen u. a. für Zivilgesellschaft und Politik abgeleitet

Einordnung in den Forschungsverbund „Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt“

Das Arbeitspaket ist ein Forschungsvorhaben des Themenfeldes D „Kulturelle Dynamiken des Zusammenhalts“ und dort im Schwerpunkt „Hegemoniedynamiken" angesiedelt.

Zur Projektbeschreibung auf der Website des „Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ)“

 

Literatur
  • Ashour, Amani und Janine Dieckmann. 2024. „Schreckensbild Identitätspolitik? Engagement in Selbstorganisationen im Spannungsfeld zwischen Emanzipation und Stigmatisierung.“ In Die Grenzen des Zusammenhalts: Wie Inklusion und Exklusion zusammenhängen, hrsg. v. Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Axel Salheiser, Maria Alexopoulou, Christian Meier zu Verl und Alexander Yendell, 169–88. Gesellschaftlicher Zusammenhalt. Frankfurt a. M. und New York: Campus.
  • Ashour, Amani, Daniel Geschke und Janine Dieckmann. 2022. Hassgewalt und fehlende Solidarität – zur Kommunikation und Rolle der Mehrheitsgesellschaft. In: Wissen schafft Demokratie. Schwerpunk Ursachen von Ungleichwertigkeitsideologien und Rechtsextremismus, Band 10, hrsg. v. Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft, 162-175. Jena.
  • Berek, Mathias, Stefanie Börner, Dieter Sauer und Berthold Vogel. 2024. Zusammenhalt oder Solidarität? Eine kritische Reflexion. In: Arbeits- und Industriesoziologische Studien 17, Nr. 1: 98–108.
  • Brown, Kendrick T. und Joan M. Ostrove. 2013. What does it mean to be an ally? The perception of allies from the perspective of people of color. Journal of Applied Social Psychology 43 (11): 2211–22.
  • Chen, Jacqueline M., Samantha Joel und Daphne Castro Lingl. 2023. Antecedents and Consequences of LGBT Individuals' Perceptions of Straight Allyship. Journal of personality and social psychology 125 (4): 827–51.
  • Evans, Nancy J. und Jamie Washington. 1991. Becoming an Ally, In: Beyond Tolerance: Gays, Lesbians, and Bisexuals on Campus, hrsg. v. Nancy J. Evans und Vernon A. Wall, 195-204. Alexandria (VA): American College Personnel Association.
  • Ganz, Kathrin und Jette Hausotter. 2020. Intersektionale Sozialforschung. Bielefeld: transcript.
  • Hastrup, Kirsten. 2006. Social Experience and Anthropological Knowledge. European Association of Social Anthropologists. London, New York: Routledge.
  • Ji, Peter. 2014. Being a Heterosexual Ally to the Lesbian, Gay,Bisexual, and Transgendered Community: Reflections and Development. In: Activism and LGBT psychology, hrsg. v. Judith M. Glassgold und Jack Drescher, 173–85. Journal of gay & lesbian psychotherapy v. 11, no. 3/4. New York, London: Routledge/Taylor & Francis Group.
  • Myers, Daniel J. 2008. Ally Identity: The Politically Gay. In: Identity Work in Social Movements, hrsg. v. Jo Reger, Daniel J. Myers, und Rachel L. Einwohner, 167–187. Minneapolis: University of Minnesota Press.
  • Reason, Robert D., Elizabeth A. Roosa Millar und Tara C. Scales. 2005. „Toward a Model of Racial Justice Ally Development.“ Journal of College Student Decsd 46 (5): 530–46.
  • Rommelspacher, Birgit. 1995. Dominanzkultur. Texte zu Fremdheit und Macht. Orlanda Frauenverlag
  • Susemichel, Lea und Jens Kastner, Hrsg. 2021. Unbedingte Solidarität. Münster: UNRAST.
  • Treidl, Johanna, Katharina Batzing, Steffen Beigang, Lilian Bobikiewicz und Janine Dieckmann. eingereicht. Personal Regeneration, Community Support and Societal Transformation – Impact Levels of Self-Organization in Marginalized Communities. In: International Journal of Voluntary and Nonprofit Organizations.
  • Unger, Hella von. 2014. Partizipative Forschung. Wiesbaden: Springer Fachmedien
  • Van Dyk, Silke. 2019. Identitätspolitik gegen ihre Kritik gelesen – Für einen rebellischen Universalismus. Aus Politik und Zeitgeschichte.

Arbeitspaket des

 

Zentrale Themen

#Engagement #Solidarität #Bündnisse #Bündnispolitiken #Koalitionen #Identitätspolitik #Polarisierung #Allianzen #Exklusionsmechanismen

 

 

Wissenschaftliche Leitung

Dr. Janine Dieckmann

Bereichsleiterin "Diversität, Engagement und Diskriminierung"

Kontakt:
Tel.: 03641/2719401
E-Mail: janine.dieckmann(at)idz-jena.de

Dr. Johanna Treidl

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Kontakt:
E-Mail: johanna.treidl(at)idz-jena.de

 

 

Studentische Mitarbeiterin

Katharina Batzing

Studentische Mitarbeiterin

Kontakt:

E-Mail: katharina.batzing(at)idz-jena.de