Bonini, Tiziano/Treré, Emiliano (2024). Algorithms of Resistance. The Everyday Fight Against Platform Power
Über die Publikation
Mit ihrer Schrift zur algorithmischen Gegenmacht betrachten die Sozialwissenschaftler Bonini und Treré die Handlungsmacht subalterner Akteure und zeigen auf, wie mit der Aneignung von algorithmischen Funktionsweisen in den Bereichen Arbeit, Kultur und Politik Einfluss ausgeübt werden kann.
Methode
Algorithms of Resistance ist in erster Linie eine theoretische Intervention in einer von Determinismus geprägten Debatte um die Macht von digitalen Plattformen und Service-Apps. In drei Fallstudien wird anhand der Gig Economy, der Kulturindustrie und des politischen Wettbewerbs untersucht, wie Veränderungen durch alltägliche digitale Praktiken herbeiführt werden (können).
Zentrale Befunde
Bonini und Treré beginnen ihre Betrachtung beim Foucaultschen Diktum „Wo Macht ist, ist auch Widerstand“ und beziehen ihn auf eine digitalisierte Gesellschaft, in der digitale Plattformen und Apps enorme politische Macht ausüben, aber auch politischen Widerstand hervorrufen. Sie argumentieren, dass viele Zeitdiagnosen digitalen Plattformen und Dienstleistern mehr Macht zugestehen, als sie effektiv über das Leben von vielen Menschen haben. Die Programmierung der Algorithmen hat potenziell eine Auswirkung auf das Denken und Handeln von Menschen. Doch zugleich gibt es die Handlungsfähigkeit (Agency) von Beschäftigten, Kulturschaffenden und Aktivist*innen, die Wissen erwerben, wie sie das System ausspielen können, was sie in Solidarität miteinander teilen. Das Buch überzeugt durch sein Zusammenspiel von Theoriebildung und praktischer Anwendung.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://direct.mit.edu/books/oa-monograph/5721/Algorithms-of-ResistanceThe-Everyday-Fight-against
Quelle
Bonini, Tiziano/Treré, Emiliano (2024). Algorithms of resistance. The everyday fight against platform power. Cambridge, The MIT Press.
Debes, Martin (2024). Deutschland der Extreme: Wie Thüringen die Demokratie herausfordert
Über die Publikation
Der Jenaer Journalist Martin Debes gilt als einer der aufmerksamsten Beobachter und Chronisten der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in Thüringen. In seinem Sachbuch spürt er den politischen Besonderheiten des Freistaats nach und fragt, inwieweit sich hier Konstellationen und Dynamiken abzeichnen, die dem Bundesland eine ‚Vorreiterrolle‘ in Deutschland beimessen lassen.
Methode
In 10 Kapiteln verdichtet Debes seine Beobachtungen und Bewertungen zur aktuellen Landespolitik, zu deren historischen Verläufen in den letzten drei Jahrzehnten und zu den Skandalen, durch die Thüringen immer wieder in die Schlagzeilen geraten ist. Einem dokumentarischen Stil verpflichtet, schildert Debes Ereignisse, die mit den Entscheidungen und dem Handeln prominenter Thüringer Politiker*innen wie Vogel, Lieberknecht, Ramelow, Mohring, Voigt, Kemmerich und Höcke verknüpft waren. Neben solchen Wegmarken der Landespolitik erfahren die Leser*innen viele biografische Informationen zu diesen Personen politischen Repräsentant*innen sowie weitere interessante Details im politischen Alltag.
Zentrale Befunde
Debes schildert die großen Herausforderungen und Ungewissheiten, vor denen die Demokratie in Thüringen steht – gerade vor den Landtagswahlen 2024. Die paradoxe Situation ist den schwierigen Bedingungen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung und dem Agieren der Opposition geschuldet – aber auch die Folge von Krisen, deren Gestaltbarkeit durch die Landespolitik begrenzt ist. Mit Blick auf die AfD konstatiert Debes warnend: „Die schiere Anwesenheit einer starken extremistischen Partei führt dazu, dass sich das parlamentarische System zunehmend selbst blockiert. Die Situation vergiftet das politische Klima, beschädigt das Landesimage und bremst Investitionen aus. Das Wirtschaftswachstum stagniert, das Land verliert in den Bildungsrankings Positionen – und das Vertrauen in Regierungen und Demokratie sinkt.“ (S. 26)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://www.aufbau-verlage.de/ch-links-verlag/deutschland-der-extreme/978-3-96289-213-5
Quelle
Debes, Martin (2024). Deutschland der Extreme: Wie Thüringen die Demokratie herausfordert. Berlin, Christoph Links.
Kamuf, Viktoria/Meyer, Matthias (2024). Zwischen Verzahnung und Autonomie: Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis im Themenfeld Rechtsextremismus
Über die Publikation
Der vom Jenaer Teilprojekt des Wissensnetzwerks Rechtsextremismus (Wi-REX) herausgegebene Short Report beleuchtet Möglichkeiten und Herausforderungen des Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Praxis im Themenfeld Rechtsextremismus aus Sicht von Akteur*innen aus der Praxis.
Methode
Der Report basiert auf 223 Datensätzen aus Bedarfsanalyse von Praxisakteur*innen im Themenfeld Rechtsextremismus. Der zugrunde liegende Fragebogen enthält mehr als 60 Fragen (Mischung aus Multiple Choice, Likert-Skalen, Freitext-Feldern) und wurde an über 1.100 Organisationen, Initiativen und Personen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeitsfelder geschickt.
Zentrale Befunde
Die Rechtsextremismusforschung hat prinzipiell eine hohe Relevanz für verschiedene Arbeitsfelder, von der kommunalen Beratung über die Präventions- und Deradikalisierungsarbeit bis hin zur (politischen) Bildungsarbeit. Wie Wissen dabei aber tatsächlich Anwendung findet, hängt von effektiven Formaten des Transfers ebenso wie von produktiver Zusammenarbeit ab. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen zunächst, dass Praxisakteur*innen ihr Wissen darüber, wo sie aktuelle Erkenntnisse aus der Rechtsextremismusforschung finden können, als gut einschätzen und diese auch überwiegend als zugänglich und verständlich bewerten. Zugleich antwortet eine Mehrheit der Befragten, dass Praxiswissen nicht ausreichend in der Rechtsextremismusforschung berücksichtigt wird. Zudem fehlt einigen Befragten in der Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit der Wissenschaft eine Begegnung auf Augenhöhe. Insgesamt wird für eine stärkere Anerkennung unterschiedlicher Wissensbestände plädiert sowie für ein prozessuales Verständnis von Transfer, das diesen in anwendungsbezogenen Forschungsprojekten von Anfang an mitdenkt.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://wi-rex.de/ueber-uns/publikationen/zwischen_verzahnung_und_autonomie.pdf
Quelle
Kamuf, Viktoria/Meyer, Matthias (2024). Zwischen Verzahnung und Autonomie: Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis im Themenfeld Rechtsextremismus aus – aus Sicht der Praxis. Jena, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft/Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung.
Knüpfer, Curd/Hoffmann, Matthias (2024). Countering the „Climate Cult“ – Framing Cascades in Far-Right Digital Networks
Über die Publikation
Die kommunikationswissenschaftliche Studie untersucht, wie digitale Netzwerke der extremen Rechten in Deutschland Klimawandelthemen kommunizieren und Gegennarrative zu Klimaschutzmaßnahmen verstärken. In einem mehrstufigen Analyseprozess wurden gängige Frames innerhalb vier verschiedener Akteurstypen des rechten Spektrums identifiziert und deren Verbreitungswege nachgezeichnet. Dabei wurde insbesondere der Frage nachgegangen, welche Hierarchien zwischen diesen kommunikativen Beziehungen bestehen.
Methode
Die Autoren wählten einen Mixed-Methods-Ansatz, um über einen 19-monatigen Zeitraum Daten von den Plattformen X und Facebook sowie von selektiven Webseiten auszuwerten. Zunächst wurde eine Zeitreihenanalyse durchgeführt, die das generelle Volumen von Klimawandel-Posts unter den untersuchten Akteur*innen nachzeichnet. Anschließend erstellte eine automatisierte Textanalyse ein Lexikon rechter Begriffe in Bezug auf den Klimawandel, die qualitativ bewertet wurden, um typische Frames und Narrative zu identifizieren.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Analyse zeigt signifikante kommunikative Verbindungen zwischen der Themensetzung und -verbreitung extrem rechter Akteur*innen, insbesondere zwischen rechten Online-Medien und hyperaktiven Social-Media-Accounts. Vor allem rechte Nachrichtenseiten initiieren 42 % der identifizierten Frames, bevor sie von anderen Akteur*innen weiter verbreitet werden. Rechte Online-Medien spielen demnach eine zentrale Rolle in der digitalen Kommunikationsstrategie rechter Akteur*innen und sind häufig Startpunkte des Agendasettings: „RNS [right-wing news sites] play a central role in shaping this discourse“. Zentrale Frames, die in der Studie herausgearbeitet werden: Darstellung des Klimawandels als „Klimakult“ sowie die Dämonisierung von Klimaschutzaktivist*innen und der Partei Die Grünen.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10584609.2024.2332762
Quelle
Knüpfer, Curd/Hoffmann, Matthias (2024). Countering the „ Climate Cult“ – Framing Cascades in Far-Right Digital Networks. Political Communication, 1–23. https://doi.org/10.1080/10584609.2024.2332762
Krell, Michael/Böhme, Tom (2024). Sächsische Realitäten. Analysen aktueller Protestphänomene der radikalen Rechten in Sachsen
Über die Publikation
Die an der TU Dresden ansässigen Herausgeber Michael Krell und Tom Böhme versammeln in ihrem Open Access verfügbaren Band 12 Beiträge aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit dem radikal rechten Protestgeschehen in Sachsen seit der Corona-Pandemie beschäftigen. Fokussiert wird die im Zuge dessen entstandene rechte Kleinstpartei Freie Sachsen, die die Mobilisierungen dominiert. Der Band versucht der systematischen Erforschung der Freien Sachsen, die sich bisher noch in ihren Anfängen befindet, weitere Aspekte hinzuzufügen.
Methode
Der Band enthält eine Reihe soziologischer Analysen, die einzelne Aspekte der Protestereignisse oder das Kommunikationsverhalten der Freien Sachsen aus inhaltsanalytischen und diskurstheoretischen Perspektiven untersucht. Darüber hinaus versammelt der Band politikwissenschaftliche Fallstudien und Netzwerkanalysen, philosophische Beiträge zur Frage der Identität, humangeografische Untersuchungen zu Raumaspekten sowie linguistischen Sprachanalysen.
Zentrale Befunde
Die Beiträge zeigen, dass mit den Freien Sachsen ein neuer, ernst zu nehmender Akteur der rechtsradikalen Szene in Sachsen in Erscheinung getreten ist, dem es gelungen ist, die ideologisch zunächst diffuseren Corona-Proteste eindeutig zu dominieren. Durch professionelles Agieren im Bereich Medienarbeit, lokale Vernetztheit und die Anrufung spezifisch sächsischer Identitätsangebote hat die Partei eine beachtliche Zahl an konstant mobilisierbaren Anhänger*innen gewonnen. Auch durch zögerliches Agieren staatlicher Institutionen konnte sie sich gerade im ländlichen Raum festsetzen und ihre Proteste dienen als Ausgangspunkte für Gewalt gegen Gegner*innen und Marginalisierte. Die Freien Sachsen werden somit eindeutig als Gefahr für die freie demokratische Gesellschaft identifiziert.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://doi.org/10.25368/2024.41
Quelle
Krell, Michael/Böhme, Tom (2024). Sächsische Realitäten. Analysen aktueller Protestphänomene der radikalen Rechten in Sachsen. Dresden/München, Thelem.
Martini, Tania/Bittermann, Klaus (Hg.). (2024). Nach dem 7. Oktober. Essays über das genozidale Massaker und seine Folgen
Über die Publikation
Im Sammelband analysieren 30 Autor*innen die globalen gesellschaftspolitischen Debatten und Auswirkungen des Massakers, das die Hamas am 7. Oktober 2023 verübte. In 25 Beiträgen wird eindrücklich der Antisemitismus und die Verweigerung der Solidarität mit dem Staat Israel und mit Jüdinnen*Juden weltweit dargestellt.
Methode
Der Sammelband enthält Beiträge und Essays, die nach dem 7. Oktober in verschiedenen internationalen Zeitschriften und Online-Portalen veröffentlicht wurden. Mittels historischer und gesellschaftstheoretischer Analyse zeigen die Autor*innen, wie sich Antisemitismus über verschiedene politische Lager erstreckt und als verbindendes Element dient. Die Beiträge setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte, sowohl inhaltlich als auch formal. Von Interview und Meinungsbeiträgen bis hin zu vertieften Analysen bietet der Band ein abwechslungsreiches Portfolio.
Zentrale Befunde/Aussagen
Aus den Beiträgen wird deutlich, dass das größte antisemitische Pogrom nach der Shoah nicht zu einer Solidarisierung mit Israelis führte – im Gegenteil: „Allzu viele brachten nicht einmal den Hauch eines Mitgefühls auf. Andere gingen nicht bloß einfach zur Tagesordnung über, sondern betrieben eine perfide Täter-Opfer-Umkehr. Weltweit kam es zu antisemitischen Äußerungen und Übergriffen“ (S. 10). Wolfgang Kraushaar resümiert: „Mehr als 70 Jahre nach dem Wiedergutmachungsabkommen ist festzustellen, dass der parteiübergreifende Konsens über die Verbundenheit mit Israel wenig Rückhalt in der Gesellschaft hat“ (S. 96). Darüber hinaus setzen die Beiträge unterschiedliche Schwerpunkte – u. a. zum Kunst- und Kulturbetrieb, aber auch auf den Antisemitismus in der arabischen Welt. Eva Illouz urteilt in ihrem Text „Wir, die Linke? Nicht mehr!“: „Ich glaubte, dass vor allem, die Leute aus meinem politischen Lager von den Gräueltaten der Hamas abgestoßen wären. Stattdessen sehen sich die Juden in Israel und in der Welt schamlos im Stich gelassen“ (S. 46).
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://edition-tiamat.de/books/nach-dem-7-oktober
Quelle
Martini, Tania/Bittermann, Klaus (Hg.). (2024). Nach dem 7.Oktober. Essays über das genozidale Massaker und seine Folgen. Berlin, Edition Tiamat.
Schlegel, Linda/Kowert, Rachel (2024). Gaming and Extremism. The Radicalization of Digital Playgrounds#
Über die Publikation
Die Herausgeberinnen Linda Schlegel und Rachel Kowert präsentieren in ihrem open access verfügbaren Sammelband zehn abwechslungsreiche Kapitel zum Thema Gaming und Extremismus. Sie unternehmen damit den Versuch, Licht in ein junges Forschungsfeld zu bringen, das von anekdotischen Annahmen und vom fragmentierten Wissen verschiedenster Akteure und Interessensgruppen geprägt ist.
Methode
Der Sammelband bietet eine interdisziplinäre Übersicht zum Phänomen und befasst sich neben Fragen zum Radikalisierungsgeschehen auf Gaming-Plattformen auch mit der Ästhetik extremistischer Gaming-Inhalte sowie mit Präventions- und Interventionsansätzen. Durch seine vielfältigen Einblicke bietet er sowohl Neulingen als auch Expert*innen anregende Erkenntnisse.
Zentrale Befunde
Insgesamt 14 Autor*innen aus Wissenschaft, Praxis und dem Tech-Sektor geben Einblick zu den verschiedenen Aspekten extremistischer Aktivitäten in digitalen Spielen und auf Gaming-Plattformen. Dabei wird klar, dass es Extremist*innen längst gelungen ist, Fuß in den von Gamer*innen frequentierten Räumen zu fassen, indem sie versuchen, diese für ihre ideologischen Ziele nutzbar zu machen. Während zwar betont werden muss, dass die Zahl vollständig radikalisierter Nutzer*innen klein ist, herrscht unter den Autor*innen Konsens, dass der Einfluss extremistischer Akteur*innen und Inhalte, vor allem durch die Normalisierung von toxischem und hasserfülltem Verhalten, eine besondere Gefahr darstellt. Ziel einer Gegenstrategie müsse es deshalb sein, die involvierten Akteur*innen aus der Games-Industrie, Zivilgesellschaft und Politik zusammenzubringen, um ein gemeinsames Problemverständnis zu schaffen und so holistische Lösungen für das Problem zu erarbeiten.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle
Schlegel, Linde/Kowert, Rachel (Hg.). (2024). Gaming and Extremism: The Radicalization of Digital Playgrounds. Abingdon, Routledge.