Achte Ausgabe von MACHINE AGAINST THE RAGE mit dem Schwerpunkt Community Notes erschienen

In der aktuellen Ausgabe des Online-Magazins für digitale Konfliktforschung wird das Konzept der Community Notes ausführlich beleuchtet: Die Analyse zeigt, wie dieses System der crowdbasierten Inhaltsprüfung auf Plattformen eingesetzt wird, welche Themen es betrifft und welchen Beitrag es zur Eindämmung von Desinformation und Hass im Netz leisten kann. Weitere Beiträge ziehen eine Bilanz aus drei Jahren Telegram-Monitoring zu rechtsextremen Kommunikationsnetzwerken, analysieren das gescheiterte Compact-Verbot und fassen zentrale Maßnahmen gegen digitale Hetze und Desinformation zusammen.

Der Schwarm als Faktenchecker? Community Notes auf dem Prüfstand

Im Januar kündigte Mark Zuckerberg an, das Konzept der Community Notes von X für Facebook zu übernehmen – jenes System, mit dem Nutzer*innen über die Richtigkeit bzw. Seriosität von Inhalten urteilen sollen. Während manche das Modell als demokratische Alternative zum Fact-Checking feiern, prüft die Europäische Kommission, ob das System ihren Anforderungen zur  Bekämpfung von Desinformation entspricht. Generell gibt es bislang kaum empirische Erkenntnisse darüber, wie Community Notes tatsächlich funktionieren – und ob sie ein brauchbares Mittel gegen die toxischen Dynamiken digitaler Diskurse sein können. Auf Basis zehntausender Community Notes auf Twitter/X untersuchen wir, welche Themen behandelt werden, wen sie treffen, was sie leisten.

Die wichtigsten Eckpunkte in aller Kürze:

  • Nur ein kleiner Teil der Notes (6%) wird veröffentlicht – oft erst viele Stunden nach dem Höhepunkt der Viralität der Posts (im Durchschnitt 19 Stunden später).
  • Das System ist hoch selektiv: Es betrifft v.a. reichweitenstarke Accounts aus Politik und Medien und vorwiegend Themen wie Klima, Krieg oder Migration.
  • Die meisten Community Notes verweisen auf seriöse Quellen (v.a. Wikipedia, journalistische Medien), zielen aber häufig nicht direkt auf Faktenprüfung ab.
  • 55% der verfassten Community Notes geben eher Meinungen ab, sind abwegig oder sind als bloße Hinweise, nicht als Richtigstellung zu lesen.
  • Die Posts von rechtsalternativen Akteure sind häufig Ziel von Community Notes, doch alle politischen Lager sind betroffen.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Community Notes im Kontext eines größeren geopolitischen Spannungsfeldes zu sehen sind: Während US-Plattformen sie als Ausdruck digitaler Selbstregulierung und Schwarmintelligenz feiern, gelten sie anderen als Feigenblatt, um sich von Factchecking und Inhaltsmoderation freizumachen. Der Streit zwischen der EU und den USA, einschließlich der wirkungsmächtigen MAGA-Bewegung, über die moderative Verantwortung von Tech-Unternehmen zeigt, dass es nicht nur um technische Lösungen geht – sondern auch um politische Konflikte. 

Der Schwarm als Faktenchecker
Community Notes zwischen kollektiver Intelligenz und politischem Lagerkampf

Weitere Themen 

In der Rubrik Radar bündeln wir die zentralen Befunde aus drei Jahren Monitoring von knapp 1.800 öffentlich kommunizierenden Kanälen im rechtsalternativen Telegram-Spektrum. Obwohl einige zentrale Akteure inzwischen teilweise in den digitalen Mainstream zurückgekehrt sind, bleibt Telegram für sie nicht nur eine Backup-Option, sondern ein zentraler Anker ihrer Kommunikation. Unsere datengetriebenen Analysen zeigen die integrative Rolle von Alternativmedien, unterschiedliche Nutzungstypen der Kanäle sowie thematische Trends in den Kommunikationsnetzwerken.

Drei Jahre MATR-Monitoring auf Telegram
Die Rolle der Plattform im rechtsalternativen Online-Aktivismus

In einer Blitzlicht-Analyse  widmen wir uns dem gescheiterten Compact-Verbot. Dem Zuschnitt dieser Rubrik entsprechend, interessieren wir uns hier für Interaktionsdynamiken, die dem Umgang mit Hassakteuren entspringen. In diesem Falle zeigen sich Effekte der Solidarisierung mit Compact, aber auch Potentiale des Streits in der rechtsalternativen Szene.

Bruchstellen im Mosaik
Das Compact-Verfahren im Spiegel der rechtsalternativen Szene

In der Rundschau unserem Ticker zu Maßnahmen gegen Hass und nun auch Desinformation blicken wir auf die wichtigsten Ereignisse aus dem vergangenen halben Jahr zurück.

Maßnahmen gegen Hass im Netz und Desinformation
Das Wichtigste aus dem Sommer 2025