Mit unserem Newsletter „INSIGHTS“, der zweimal im Jahr erscheint und auch in gedruckter Form erhältlich ist, informieren wir u.a. über Neuigkeiten, Entwicklungen und Erkenntnisse aus den vielfältigen Projekten des IDZ, darüber hinaus werden Veranstaltungsrückblicke und -ankündigungen gegeben sowie aktuelle Publikationen vorgestellt.
Der Newsletter „INSIGHTS“ wird hier auf der Homepage des IDZ veröffentlicht, Druckexemplare können bei Bedarf unter bestellung@idz-jena.de werden.
Liebe Leser*innen,
mit großer Anspannung haben auch wir am Abend des 1. September auf die Fernsehschirme, Computermonitore oder Handydisplays geschaut und auf die Hochrechnungen und Stimmenergebnisse der Thüringer Landtagswahl gewartet. Sie waren nicht überraschend, dennoch sind sie für viele von uns ein Schock. Erstmals seit 1945 hat sich eine rechtsextreme Partei als stärkste Kraft in einem Landtag etabliert – ausgerechnet in Thüringen! Ausgerechnet hier – 100 Jahre nach der Zäsur von 1924, als mit der Duldung einer Landesregierung durch eine Tarnorganisation der damals verbotenen NSDAP der Untergang der Weimarer Republik eingeläutet und der Weg in den Nationalsozialismus geebnet wurde! Kein Zweifel: Das Thüringen von heute ist nicht das Thüringen von gestern. Auch wenn wir nun das Ausmaß sehen, wie stark unsere demokratische Kultur von Krisendynamiken, negativen Stimmungslagen und politischer Unzufriedenheit gegenwärtig in Mitleidenschaft gezogen wird. Doch eignen sich naheliegende historische Vergleiche nur eingeschränkt dazu, Orientierung für unser Handeln im Heute und Morgen zu stiften. Mit einer großen Ausnahme: Es ist notwendig, dem Rechtsextremismus, der Demokratieverachtung, der Menschenfeindlichkeit mit allen gebotenen Mitteln die Stirn zu bieten – der Ernst der Lage kann nicht weggeredet werden.
Ein Drittel der Wähler*innen stimmte für eine Partei, die offen rassistische, queerfeindliche, antifeministische und diskriminierende Positionen gegenüber Menschen mit Behinderungen vertritt, die der Vielfalt, der Weltoffenheit und der demokratischen Zivilgesellschaft unverhohlen den Kampf angesagt hat. Und wie sich in den repräsentativen Wahlnachbefragungen andeutete, wird die Partei zumeist nicht aus bloßem Protest gewählt, sondern weil ihre Inhalte und Forderungen unterstützt werden und man ihr Lösungskompetenz zuschreibt – bei drängenden Problemen unserer Gesellschaft und bei solchen Themen, die von den Rechtsextremen seit Jahren gezielt instrumentalisiert werden und mit denen sie in der medialen Öffentlichkeit Aufmerksamkeit beanspruchen konnten. Unmut, Frustration und die Verdrossenheit mit der Politik der „Etablierten“ haben die Partei profitieren lassen – so durchscheinend die Strategie der Selbstverharmlosung, die „bürgerliche“ Fassade gerade in Thüringen sein mag.
Der demokratischen Zivilgesellschaft sagen wir: Danke! Die letzten Wochen und Monate haben Kraft gekostet und viele haben mit kreativen und politischen Protesten auf die Gefahren durch die extreme Rechte aufmerksam gemacht, sich öffentlich eindeutig positioniert – und sich damit teilweise in erhebliche Gefahren gebracht. Für die Zivilgesellschaft, für migrantische Selbstorganisation und die Demokratiearbeit bedeuten die Ergebnisse der Landtagswahl eine weitere Verschlechterung der ohnehin schon prekären Arbeitsbedingungen. Die demokratische Politik muss jetzt konsequent handeln! Zu lange wurde immer wieder über „Erdrutsche“, „Kipppunkte“ und „Brandmauern“ gesprochen, doch die kontinuierliche rechtsextreme Landnahme wurde nicht aufgehalten. Einige meinen, mittlerweile sei es bereits fünf nach zwölf. Die Demokratie ist akut bedroht – nicht nur in Thüringen! Anstatt sich von den Rechtsextremen vor sich hertreiben zu lassen, ihre Positionen und ihre Rhetoriken zu übernehmen, wie aktuell einige demokratische Politiker*innen in der Asyldebatte, müssen sich ihnen alle Demokrat*innen wirksam entgegenstellen. Dabei geht es ganz konkret um den Schutz von abgewerteten, bedrohten und angegriffenen Menschen in unserer Gesellschaft.
Und das IDZ? Als Team von Wissenschaftler*innen, die in Thüringen arbeiten und mehrheitlich auch ihren Lebensmittelpunkt in Thüringen und Ostdeutschland haben, werden wir auch künftig mit unserer Arbeit dazu beitragen, dass die Demokratie wirksamer geschützt werden kann. Dafür untersuchen wir die Dynamiken und Folgen von Rechtsextremismus, Ungleichwertigkeitsideologien und Diskriminierung. Mit unseren Forschungsprojekten und Transferangeboten stehen wir demokratischen Akteur*innen zur Verfügung, um gemeinsam neue Lösungsansätze für die Praxis zu finden. Wir sind nicht „neutral“ – wir stehen fest an der Seite aller Demokrat*innen! In diesem Sinne ist das IDZ ein Ort der öffentlichen Sozialwissenschaft und der wertgebundenen Politik- und Zivilgesellschaftsberatung. Einen Einblick in unsere Arbeit der letzten Monate erhalten Sie in diesem Newsletter.
Ihr IDZ-Team
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Im Newsletter #1|2024 blicken wir u.a. auf die Fachtagung „Zwischen Gefährdung & Emanzipation. Demokratie unter Druck“ zurück: Im Rahmen der Fachtagung haben wir am 30.11. und 01.12.2023 antidemokratische
und prodemokratische Herausforderungen für unser Gemeinwesen und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gegenübergestellt und diskutiert. Zur thematischen Konturierung und inhaltlichen Fokussierung wechselten sich innerhalb der Fachtagung Plenumsveranstaltungen mit parallelen Panels ab, die im Newsletter näher beleuchtet werden.
Susanne Zielinski, Leiterin der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, legt in Newsletter #2|2023 in Kurzform den aktuellen RIAS-Jahresbericht vor und zeigt besorgniserregende Schwerpunktbildungen in Thüringen auf. So wurden 87 % der Gesamtvorfälle dem Post-Shoah-Antisemitismus und 85 % dem modernen Antisemitismus zugeordnet. Post-Shoah-Antisemitismus steigerte sich im Vergleich zum Vorjahr (2021: 75 %) um 14 %. Beim modernen Antisemitismus zeigt sich sogar eine markante Steigerung um 45% (2021: 40 %). Thüringen sticht mit den sehr hohen Anteilen dieser Erscheinungsformen im Vergleich zu anderen Bundesländern deutlich hervor.
Im Newsletter #1|2023 präsentieren wir u.a. einen Rückblick auf die Fachtagung „Antifeminismus und Hasskriminalität“ vom 10. und 11. November 2022. Dem Ziel des Austauschs und Transfers zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Sphären entsprechend vereinte die Konferenz als Referent*innen und Teilnehmende zivilgesellschaftliche Akteur*innen, Vertreter*innen von Behörden und aus dem Justizbereich sowie Wissenschaftler*innen. Mit eindrucksvollen Referent*innen und einem aktiven Publikum wurden Überschneidungen und Schnittmengen von Antifeminismus und Hasskriminalität sowohl aus wissenschaftlich-theoretischen als auch aus praxisbezogenen Perspektiven analysiert und diskutiert.
Newsletter #2|2022 widmet sich u.a. den Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine: Axel Salheiser stellt eine Kurzanalyse des IDZ vor, in der die Verknüpfung der Themen Ukraine-Krieg und Klimapolitik in den sozialen Medien untersucht wurde. Neben einer starken Polarisierung des Diskurses konnte festgestellt werden, dass im zeitlichen Verlauf rechtspopulistische Akteur*innen die Debatte um diese Themenverknüpfung immer stärker dominierten.
Im Newsletter #1|2022 lassen wir die FGZ-Fachtagung „Gesellschaftlicher Zusammenhalt & Rassismus“ vom 9. bis 10. Dezember 2021 Revue passieren. In welchem Verhältnis stehen gesellschaftlicher Zusammenhalt und Rassismus? Welchen Einfluss haben historische Kontinuitäten von Rassismus auf aktuelle gesellschaftliche Diskurse und Entwicklungen? Welche Erfahrungen machen aktuell Menschen, die in Deutschland von Rassismus betroffen sind? Und: Wie lassen sich Rassismuskritik und Antirassismusarbeit politisch und zivilgesellschaftlich umsetzen? All diesen Fragen zu Rassismus, Zusammenhalt und ihrer ambivalenten Verwobenheit gingen die Beiträge und Diskussionen der Tagung nach.
2021 feierte das IDZ sein fünfjähriges Bestehen. Anlässe zur Gründung waren die rechtsextreme Mordserie des NSU-Komplex und das Scheitern staatlicher und nicht staatlicher Stellen, die rassistischen und rechtsextremen Mordmotive zu erkennen und weitere Morde zu verhindern, sowie die daraus gezogenen Schlussfolgerungen des NSU-Untersuchungsausschusses im Thüringer Landtag. Im Newsletter #2|2021 blicken wir auf die bisherige Entwicklung des IDZ zurück und geben Einblick in aktuelle und künftige Forschungsschwerpunkte.
Ein Schwerpunkt von Newsletter #1|2021 ist die Einrichtung der Recherche und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Thüringen am IDZ. RIAS Thüringen dokumentiert Antisemitismus in Thüringen wissenschaftlich und sensibilisiert auf Grundlage dieser Erkenntnisse die Öffentlichkeit für Antisemitismus – um Antisemitismus und Ignoranz aktiv entgegenzutreten.
Der Newsletter #2|2020 erschien wenige Monate nach Ausbruch der Coronapandemie. Die Pandemie wirkte sich schwerwiegend auf alle gesellschaftlichen Bereiche aus – auch auf die Arbeit des IDZ. Die Bedingungen erschwerten alltägliche Abläufe und Forschungsprozesse. Janine Dieckmann, Bereichsleiterin für den IDZ-Forschungs- und Arbeitsbereich „Diversität, Engagement und Diskriminierung“, zeigt in ihrem Kurzessay, wie der Virus auch „gesellschaftliche Vorerkrankungen“ sichtbar machte: etwa soziale Ungleichheit, die höhere Vulnerabilität marginalisierter Gruppen und die mangelnde Anerkennung der Alltagsheld*innen in den systemrelevanten Berufen.
Der Newsletter #1|2020 beschäftigt sich u.a. mit der Bedeutung von zivilgesellschaftlichem Engagement für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Darum ging es einen Tag lang im Collegium Maius in Erfurt: Im Rahmen der bundesweiten Woche des bürgerschaftlichen Engagements des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) veranstaltete das IDZ am 16. September 2019 einen Fachtag zum Thema „Engagement und Zusammenhalt“ in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung, dem BBE, der Thüringer Ehrenamtsstiftung, der Landeshauptstadt Erfurt und dem MDR Thüringen.
Im Newsletter #2|2019 widmet sich Anja Thiele, damals als wissenschaftliche Referentin am IDZ tätig, der Aktualität des israelbezogenen Antisemitismus. Zudem berichten wir vom Aufbau des bundesweiten „Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ (FGZ) zusammen mit zehn anderen Teilinstituten, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
Im Newsletter #1|2019 blicken wir u.a. auf die internationale Fachkonferenz „Gewalt gegen Minderheiten – Perspektiven und Strategien zum Umgang mit Hasskriminalität“ zurück, die in Kooperation mit dem VBRG e. V. stattfand. Mit dieser Konferenz konnte das IDZ einen wichtigen Beitrag leisten, um die Debatten über das Konzept der „Hasskriminalität“ in Deutschland und die dafür notwendigen Perspektivübernahmen zwischen Betroffenenvertretungen, Wissenschaft, Politik, Polizei und Zivilgesellschaft zu ermöglichen.
Unser erster Newsletter: erschienen im Juli 2018. Matthias Quent, Gründungsdirektor des IDZ, geht darin in einem Essay u.a. der Frage nach, wie alteingesessene Gemeinschaften mit Menschen umgehen, die neu dazukommen sind, und zeigt, bezugnehmend auf die Debatte um die Zunahme antisemitischer Straf- und Gewalttaten, dass Antisemitismus schon seit Jahren und auch in Thüringen ein gesamtgesellschaftliches Problem ist.