Wissen schafft Demokratie 4/2018 - Gewalt gegen Minderheiten

Wie kann vorurteilsgeleitete Gewalt erkannt und verhindert werden? Was berichten Betroffene? Welche internationalen Befunde zu Hasskriminalität gibt es? Wie können gesellschaftlich stigmatisierte und dadurch besonders gefährdete Gruppen gestärkt werden? Diskutiert wurden diese und weitere Fragen im September 2018 im Rahmen der Fachkonferenz "Gewalt gegen Minderheiten: Internationale Perspektiven und Strategien zum Umgang mit Hasskriminalität". Um die Inhalte einem breiteren Publikum zur Verfügung zu stellen, sind im vorliegenden Konferenzband die Vorträge und Diskussionen dokumentiert und um weiterführende Informationen ergänzt.


Wissen schafft Demokratie - Band 4/2018

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wenn ein Mensch wegen seiner Hautfarbe, Sexualität oder politischen Gesinnung angegriffen wird, ist das nicht nur ein Angriff auf ihn, sondern ebenso ein Angriff auf die Gruppe, die von ihm verkörpert wird. Diese Gewalt gegen Minderheiten ist ebenso wenig zu tolerieren wie alle anderen gewaltsamen Angriffe – nichtsdestotrotz müssen in diesem Falle andere Mechanismen in Gang gesetzt werden als in anderen polizeilichen Ermittlungsverfahren.

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"Mein Vater musste sterben, weil er schwarze Haare und eine dunklere Haut hatte als seine Nachbarn, weil auf seinem Auto ein nichtdeutscher Name stand – er musste sterben, weil er Türke war. Diese Erkenntnis hat mich fast zerrissen. Elf Jahre lang hatten die Polizisten uns gesagt, ein fremdenfeindliches Motiv für den Mord komme nicht in Frage, es gebe ja kein Bekennerzeichen. Und nun mussten sie eingestehen, dass er nur deshalb erschossen wurde, weil er Ausländer war. Plötzlich verspürte ich wieder Angst wie in der ersten Zeit nach dem Mord, als wir fürchteten, die Mörder könnten noch jemanden…

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Jedes Jahr im Frühjahr stellt der Bundesinnenminister die Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität vor und berichtet von den Veränderungen zum Vorjahr sowie in längerfristiger Perspektive. In der Veröffentlichung werden einzelne Delikte rechter Straf- und Gewalttaten unterschieden. Es wird über unterschiedliche Ausprägungen der Hasskriminalität und Straftaten gegen Asylunterkünfte berichtet (BMI 2018a). Angesichts dessen erscheint die einschlägige Datenlage vordergründig gut. Allerdings unterliegt die Praxis der behördlichen Erfassung einschlägiger Delikte als „politisch motivierte…

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Dieser Beitrag betrachtet aktuelle Reformen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes – Politisch Motivierte Kriminalität (PMK) und nimmt dabei die erzielten Fortschritte und bestehenden Defizite in den Blick. Die seit 2017 in Kraft getretenen Veränderungen der entsprechenden Gesetzestexte werden erläutert. Problematisiert werden insbesondere nach wie vor bestehende dramatische Abweichungen zwischen den staatlichen Zählungen von Opfern rechter Gewalt und den zivilgesellschaftlichen bzw. journalistischen Zählungen. Abschließend wird konstatiert: Unerlässlich ist es, die Wahrnehmungen der…

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In den 1980er Jahren entwickelte sich ein neues Kriminalitätskonzept in den USA. Das Phänomen wurde als Hass- oder Vorurteilskriminalität bezeichnet, entsprechende strafverschärfende Gesetze konnten sich ab den 1990er Jahren in den amerikanischen Bundesstaaten durchsetzen. Der Beitrag thematisiert das Konzept der Hasskriminalität und greift dabei die historische Entwicklung, die Übertragung nach Deutschland und aktuelle Diskussionen und Entwicklungen auf.

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Dieser Beitrag dokumentiert in verkürzter Version die Podiumsdiskussion der IDZ-Tagung „Gewalt gegen Minderheiten“ mit Vertreter_innen aus gesellschaftlichen Gruppen, die potenziell von Hasskriminalität betroffen sind. In der Diskussion berichteten die Gäste von Erfahrungen von Betroffenen sowie ihrer Einschätzung zur Bedeutung des Konzepts „Hasskriminalität“. Es diskutierten Paul Neupert (Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V.; BAGW), Jenny Renner (Lesben- und Schwulenverband Deutschland; LSVD), Onur Özata (Rechtsanwalt) und Eva Drubig (Zentralrat der Juden in Deutschland).…

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Der vorliegende Beitrag(1) behandelt die Erfassung und Kontexte von Hasskriminalität. Nur wenige Länder erkennen Hasskriminalität als juristische Kategorie an, zudem besteht selbst unter diesen Uneinigkeit über zu schützende Gruppen und strafbares Handeln. Hasskriminalität kann nicht losgelöst vom gesellschaftlichen Kontext verstanden werden, denn im politischen und öffentlichen Diskurs werden Vorurteile gefestigt und die Ablehnung von Minderheiten legitimiert. Dadurch scheint Hass normativ gerechtfertigt zu sein. Die demokratischen Ideale der Freiheit, Gleichheit und Menschlichkeit, auf denen…

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Konferenzmoderatorin Melanie Bittner interviewte Barbara John über ihre Erfahrungen im Bereich der Integration von Migrant_innen und ihre Arbeit in der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI).

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In Großbritannien wurden im Jahr 2017 Höchstzahlen für Hasskriminalität dokumentiert. Im vorliegenden Beitrag(1) werden drei kausale Faktoren zur Erklärung diskutiert: das Brexit-Referendum, die beispiellose Anzahl von Terroranschlägen und das Anwachsen des Extremismus. Der Einfluss dieser Faktoren wird mittels empirischer und anekdotischer Belege begründet. Anschließend wird der Einfluss der britischen Mainstreammedien auf das politische Klima im Land betrachtet. Während die Medien über viele Jahre eine Spaltung WIR gegen DIE konstruierten, entstand im Land ein spezifisches politisches Klima…

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Der vorliegende Beitrag(1) thematisiert aus kanadischer Perspektive die Auswirkungen von Hasskriminalität auf die Communitys der Betroffenen und die Gesellschaft insgesamt. Anhand von Interviews mit Vertreter_innen verschiedener gefährdeter Gruppen in Kanada wird deutlich, wie nicht direkt Betroffene auf entsprechende Angriffe auf Menschen aus ihrer Community reagieren – u. a. mit Unglauben und Schock, Angst und Wut sowie Gefühlen der Verwundbarkeit und Minderwertigkeit. Doch Hasskriminalität kann in den Communitys auch positive Effekte haben, wenn sie zu einer gemeinsamen Mobilisierung gegen…

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Dieser Beitrag ist eine Kommentierung von Rechtsanwalt Onur Özata zum Vortrag „Hasskriminalität als Herausforderung für Inklusion und Vielfalt“ von Barbara Perry. Er bezieht die von Perry in Kanada gemachten Beobachtungen und Befunde auf Deutschland. Als Nebenklagevertreter im NSU-Prozess und beim OEZ-Verfahren in München berichtet er von den Erfahrungen der Betroffenen bzw. Hinterbliebenen und zeigt dabei viele Parallelen zu Perrys Analysen auf.

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Im Folgenden wird erläutert, was die Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt unter rechter Gewalt verstehen, wer davon betroffen ist, welche Folgen die Gewalt für Betroffene haben kann und welche Möglichkeiten spezialisierte Beratungsstellen bieten können, um Betroffene zu unterstützen.

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Einige sächsische Orte, etwa Freital oder Bautzen, sind zum Synonym für rassistische Ausschreitungen geworden. Die Erregung darüber, dass diese Orte quasi gebrandmarkt wurden, geht fehl. Denn es zeigt sich aus Beispielen der Vergangenheit: Gerade die offene Thematisierung, häufig als Nestbeschmutzung diffamiert, hat erst zu Reaktionen und zum Wandel geführt. In diesem Sinne soll auch der vorliegende Beitrag verstanden werden. Er ist ein Plädoyer für die Zivilgesellschaft, deren Wirken jedoch in bestimmten Bereichen begrenzt ist. In diesem Beitrag werden aus juristischer Perspektive zunächst…

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In dem Beitrag werden Methoden und Ergebnisse der niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Opferbefragungen zum Thema vorurteilsmotivierte Kriminalität berichtet. Mit einer Prävalenzrate von 5 % ist vorurteilsmotivierte Kriminalität in den hier untersuchten Bundesländern weiter verbreitet als Sexualdelikte (1,8 %) oder andere schwere Delikte, etwa Raub (0,6 %) oder Körperverletzungen (2,1 %), die nicht in den Bereich Vorurteilskriminalität fallen. Die Mehrzahl vorurteilsmotivierter Straftaten wird nicht angezeigt. Zwei Aspekte treten bei Betroffenen von vorurteilsmotivierter Kriminalität…

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Dieser Beitrag dokumentiert verkürzt den Abschluss der Fachkonferenz „Gewalt gegen Minderheiten“ – das Abschlusspodium, in der Anforderungen und Schlussfolgerungen für den Schutz von Minderheiten in Deutschland betrachtet wurden. Es diskutierten Felix Klein (Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus), Timo Reinfrank (Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung), Maria Scharlau (Völkerrechtsexpertin im deutschen Sekretariat von Amnesty International) und Martin Thüne (Forschungsstelle der Thüringer Polizeihochschule). Moderiert wurde…

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Bestellung und Kontakt

Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft

Talstr. 84
07743 Jena 

E-Mail: bestellung@idz-jena.de
Telefon: 03641 2719403


Impressum

Herausgeber:

Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) – 
Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit

 

Redaktion:

Dr. Janine Dieckmann 
Dr. Daniel Geschke 
Dr. Matthias Quent 
Dipl.-Pol. Anne Tahirovic

 

Unter Mitarbeit von:

Christine Eckes, Konrad Erben, Tobias Fernholz, Anja Klaßen, Jonas Körbach, Julia Meusel, Lisa Müller, Viviann Moana Wilmot

 

Verleger und Träger:

Amadeu Antonio Stiftung, Novalisstraße 12, 10115 Berlin

 

Peer Review:

Wissenschaftlicher Beirat


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