Grußwort

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, liebes Team des FGZ-Standortes Jena,

es freut mich sehr, zu Beginn der Tagung „Gesellschaftlicher Zusammenhalt & Rassismus“ ein paar Worte für das Bundesministerium für Bildung und Forschung übermitteln zu dürfen. Für uns als Fördermittelgeber ist es eine große Freude zu beobachten, wie das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt, kurz FGZ, an seinen insgesamt elf Standorten die Arbeit aufnimmt. Jeder Standort bringt dabei ein eigenes Profil, eigene Akzente ein. Über Disziplinen-, Themen- und Regionengrenzen hinweg entsteht so innerhalb des dezentralen Instituts ein Dialog. Ein Dialog, was gesellschaftlicher Zusammenhalt eigentlich ist, was er sein kann und sein soll, worauf er fußt und wie er sich stärken lässt.

Das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft als Jenaer Standort des FGZ präsentiert sich mit seinem Profil im Rahmen der Online-Tagung – ganz ohne Schnörkel – unter dem schlichten Titel „Gesellschaftlicher Zusammenhalt & Rassismus“. Angelehnt an Horkheimer könnte man vielleicht auch sagen: Wer vom gesellschaftlichen Zusammenhalt spricht, soll vom Rassismus nicht schweigen. Genau das will die Online-Tagung einlösen. Und so lässt sich vielleicht auch ein wenig die Rolle des Jenaer Standorts im FGZ beschreiben.

Dass wir über Rassismus reden müssen, ist offensichtlich. Als Gesellschaft insgesamt, mit der Wissenschaft als ganz wichtige Stimme. Wir stehen dabei noch am Anfang. Viele lange Zeit marginalisierte Gruppen beginnen gerade erst Gehör zu finden. Viele Strukturen, Ursachen und Auswirkungen von Rassismus müssen wir überhaupt erst noch verstehen. Deshalb sind Veranstaltungen wie diese so wichtig – für die Weiterentwicklung des wissenschaftlichen wie auch des gesellschaftlichen Diskurses.

Im Tagungstitel ist zwischen „gesellschaftlicher Zusammenhalt“ und „Rassismus“ ganz neutral ein kaufmännisches „&“ eingefügt. Das öffnet Raum für sehr unterschiedliche Fragen: Ist Rassismus die Folge fehlenden Zusammenhalts? Oder verhindert Rassismus umgekehrt gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil er nämlich immer auch Machtstrukturen zu zementieren und Durchlässigkeiten zu verhindern versucht? Und kann ein ab- und ausgrenzendes Verständnis von Zusammenhalt Rassismus vielleicht sogar befördern?

So unstrittig es ist, dass wir auch über Rassismus reden müssen, wenn wir von Zusammenhalt sprechen wollen – zumindest im demokratischen Spektrum –, so unklar ist auf der anderen Seite, wie wir es tun sollten. Wem schenken wir im über Rassismus Sprechen wieviel Gehör? Welche Worte und welche Sprache wollen wir verwenden? Und wie definieren wir Rassismus dabei überhaupt? Wo verläuft die Grenze zwischen legitimen Meinungsäußerungen und fragwürdigen Verharmlosungen oder gar Herabwürdigungen? Vor allem aber: Wer soll und darf diese Regeln des Diskurses letztlich bestimmen?

Sie merken: Hier kommen wir noch einmal zu ganz anderen Berührungspunkten zwischen gesellschaftlichem Zusammenhalt und Rassismus. Soll nicht nur dass wir über Rassismus sprechen, sondern auch wie wir über Rassismus sprechen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen? Und was folgt dann daraus? Möglichst viele, vor allem bislang marginalisierte Stimmen in den Diskurs zu integrieren? Oder umgekehrt möglichst alles zu vermeiden, was gesellschaftliche Konflikte provozieren und emotionalisieren könnte?

Ich bin gespannt, ob wir im Rahmen der Tagung auch zu dieser Beziehungsebene zwischen gesellschaftlichem Zusammenhalt und Rassismus kommen werden. Denn auch hier kann die Wissenschaft eine ganz wichtige ordnende und versachlichende Rolle spielen. Vielleicht muss sie es sogar. Vor diesem Hintergrund freue ich mich auf die Vorträge, auf die Gespräche und Diskussionen. Und auf die verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven, die Sie auf das Verhältnis von Zusammenhalt und Rassismus richten werden. Ich freue mich also auf das Sprechen über Rassismus – und auf das gemeinsame Nachdenken, wie dieses Sprechen aussehen sollte.

Unterschrift B Klingen

Dr. Bernhard Klingen

Bundesministerium für Bildung und Forschung, Referat 426 – Sozial- und Geisteswissenschaften