Bereich Rechtsextremismusforschung
Amadeu Antonio Stiftung [Hrsg.] (2020): de:hate report #01 – QAnon in Deutschland
Über die Publikation
Diese Broschüre informiert über die aus den USA stammende QAnon-Verschwörungsideologie und deren Rezeption in Deutschland. Dabei wird der antisemitische Gehalt dieser Verschwörungsideologie sowie ihr Gefahrenpotenzial thematisiert. Im Zentrum steht die Analyse der QAnon-Ideologie und deren Dynamik in der COVID-19-Krise.
Methode
Die Broschüre beleuchtet QAnon aus verschiedenen Blickwinkeln: Sie stellt die Geschichte von QAnon und der damit verbundenen Gewalt dar und erläutert dessen Verbreitung qualitativ (Warum ist QAnon attraktiv?) und quantitativ (Wie und wo verbreitet sich QAnon im Internet?). Dabei wird die QAnon-Verschwörungsideologie dargestellt, analysiert, kontextualisiert und ihr Gefahrenpotenzial expliziert. Ein Interview mit dem Leiter des Projekts de:hate fasst die Erkenntnisse der Broschüre komprimiert zusammen. Konkrete Prognosen und Handlungsempfehlungen bieten Politik und Zivilgesellschaft Leitlinien zum Umgang mit QAnon an.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die 2017 in den USA entstandene Verschwörungsideologie rund um „Q“ zeigte sich in Deutschland erstmals im Rahmen der Gelbwestenbewegung Ende 2018 im öffentlichen Raum. Als „Q“ bezeichnet sich eine anonyme Quelle vermeintlicher Informationen aus der US-Regierung, die über eine „satanistische Elite [...] die angeblich einen Pädophilenring betreibt“ (S. 9) mit kryptischen Hinweisen aufzuklären vorgibt. Die Corona-Krise führte dazu, dass im „Sommer 2020 [...] das ‚Q‘ in Deutschland plötzlich allgegenwärtig“ (S. 6) war. Die Broschüre stellt die wichtigsten Kanäle vor, über die sich die QAnon in Deutschland online verbreitete (S. 10–16). Dabei wird auch die Effizienz des Deplatformings von QAnon-Inhalten im Kampf gegen die gefährliche Ideologie thematisiert. (S. 13, 34f.)
Von QAnon geht ein hohes Gefahrenpotenzial aus, was sich an dessen „Nähe zum Antisemitismus“ (S. 20) erahnen lässt. Dies belegt die Broschüre anhand einer Chronik von Gewalttaten durch QAnon-Anhänger*innen (S. 17–21) sowie anhand eines Fallbeispiels der Radikalisierung eines QAnon-Anhängers (S. 24–29). Es gibt eine Ähnlichkeit zwischen QAnon-Anhänger*innen und „Reichsbürger*innen“ (S. 22 f.). Diesen ist eine gewisse „Absage an die Realität“ (S. 31) gemein, wobei die Abstrusität der QAnon-Ideologie diejenige der Reichsbürger*innen noch übertrifft. Obgleich alle Vorhersagen von „Q“ sich als falsch herausgestellt haben, übt QAnon eine ungebrochen große Attraktivität aus (S. 32).
Diese Befunde werden durch neun „Thesen und Prognosen zu QAnon“ (S. 33–38) und Handlungsempfehlungen, wie der notwendige Kampf gegen QAnon und Verschwörungsideologien im Allgemeinen gelingen kann, zusammengefasst.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/qanon-in-deutschland/
Quelle:
Amadeu Antonio Stiftung [Hrsg.] (2020): de:hate report #01: QAnon in Deutschland. Berlin.
Tamir Bar-On & Bàrbara Molas [Hrsg.] (2020): Responses to the COVID-19 pandemic by the radical right. Scapegoating, conspiracy theories and new narratives
Über die Publikation
Der englischsprachige Sammelband vereint zahlreiche nationale und internationale Beobachtungen zu den Reaktionen der radikalen Rechten auf die Covid-19-Pandemie. Er präsentiert Fallstudien und integrierende Berichte von Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt und nimmt Aspekte wie Geschlecht und Klasse, Rassismus, religiösen Hass, Sündenbockdenken, Antisemitismus und Sinophobie, Verschwörungstheorien und Online-Radikalisierung in den Blick.
Methode
Der Sammelband vereint Analysen und Beobachtungen aus verschiedenen Ländern: USA, Kanada, Brasilien, Belgien, Deutschland, Schweiz, Schweden, Italien, Frankreich, Spanien, die Ukraine, Lettland, Israel und Indien. All diese Studien sind in insgesamt sechs Kapiteln und einem Nachwort thematisch und nach Ländern geordnet zusammengestellt.
Zentrale Befunde/Aussagen
Seit März 2020 ist die COVID-19-Krise zum Auslöser einer neuen weltweiten Welle des Rechtsradikalismus geworden [...]. Steve Bannon, der einst Sonderberater von US-Präsident Trump war, konnte in der Krise „die Unfähigkeit der Staaten sehen, sinnvolle Grenzen zu errichten, die die Bewegung von Menschen und die Produktion von Waren regeln.“ [...] Alain de Benoist, der Führer der französischen Neuen Rechten (nouvelle droite) [...] argumentierte, dass die „Gesundheitskrise (vorläufig?) die Totenglocke der Globalisierung und der hegemonialen Ideologie des Fortschritts läutet.“ [...] Der ungarische Premierminister Viktor Orban hat versucht, eine Verbindung zwischen illegaler Einwanderung und der Pandemie herzustellen [...]. Zunehmende Angst und Unsicherheit, die durch restriktive Abschottung und Isolation erzeugt werden, wurden von der radikalen Rechten weltweit genutzt, um ihre politische Agenda auf unvorhergesehene Weise voranzutreiben. Wie die Beiträge des Bandes deutlich machen, waren die Rechtspopulisten sowohl erfolgreich als auch erfolglos bei der Durchsetzung ihrer Narrative [...]. Eine Vielzahl von Akteuren mit unterschiedlichen Strategien, Taktiken und ideologischen Überzeugungen aus der radikalen Rechten haben versucht, von der Pandemie zu profitieren.“ (aus dem Vorwort)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.ibidem.eu/en/responses-to-the-covid-19-pandemic-by-the-radical-right.html
Quelle:
Bar-On, Tamir/Molas, Bàrbara [Hrsg.] (2020): Responses to the COVID-19 pandemic by the radical right. Scapegoating, conspiracy theories and new narratives. Ibidem: Stuttgart.
Gregor J. Betz & Saša Bosančić [Hrsg.] (2021): Apokalyptische Zeiten. Endzeit- und Katastrophenwissen gesellschaftlicher Zukünfte
Über die Publikation
Gegenwärtige Diskurse und Prozesse sind von apokalyptischen Narrativen mitgeprägt. Der Sammelband zeichnet diese Narrative anhand von Fallanalysen nach. Die Beiträge behandeln u. a. die Prepper-Szene, die Erzählung vom „großen Austausch“, die Corona-Pandemie, Klimadiskurse, die globalisierungskritische Bewegung sowie die apokalyptischen Tendenzen soziologischer Theorien.
Methode
Der v.a. (wissens-)soziologische Sammelband thematisiert in neun Beiträgen verschiedene apokalyptische Narrative und Praktiken. „Für die Beiträge des Bandes werden chiliastische und katastrophische bzw. kupierte apokalyptische Narrative eine zentrale Unterscheidung darstellen.“ (S. 16)
Zentrale Ergebnisse
„Spätestens mit dem Ausbruch der weltweiten Corona-Pandemie im Jahr 2020 und des damit einhergehenden ‚Lockdowns‘ schien die Welt, wie wir sie bis dahin kannten, an ihr Ende gekommen. Die vielfältigen und in der Krise besonders umfassend und intensiv beobachtbaren Diskurse, Eindrücke und Erfahrungen stellen allerdings keineswegs durch die Pandemie gänzlich neu evozierte Phänomene dar. Vielmehr sind die öffentlichen Diskurse des vergangenen Jahrzehnts bereits von mannigfaltigen Ausformungen endzeitlicher Narrative geprägt.“ [...] (S. 7) „Und auch wenn der Abgesang auf die kapitalistische Ordnung nicht zu laut wurde, schien für einige BeobachterInnen im Zuge dieser „weltgeschichtlichen Zäsur“ (Bude 2020) die Chance auf den Untergang der neoliberalen Hegemonie und einen Neuanfang für ein nachhaltiges und solidarisches Gemeinwesen gekommen. Während sich die einen aufgrund der „Zwangsentschleunigung“ (Rosa 2020) verhalten optimistisch äußerten im Hinblick auf ein gesellschaftliches Umdenken und Umlenken und andere davor warnten, dass die ‚neue Normalität‘ wieder die alte sein könnte (Dörre 2020), gab es wiederum andere, deren alarmistische Analysen dystopische Zukünfte heraufbeschworen.“ (S. 11) „Zusammenfassend zeigt sich also, dass gegenwärtige Diskurse, Vergemeinschaftungsbezüge und Handlungslegitimierungen von mannigfaltigen apokalyptischen Narrativen mitgeprägt sind.“ (S. 13)
Weitere Informationen und Leseprobe auf der Seite des Verlags:
www.beltz.de/fachmedien/soziologie/produkte/produkt_produktdetails/45226-apokalyptische_zeiten.html
Quelle:
Betz, Gregor J. /Bosančić, Saša [Hrsg.] (2021): Apokalyptische Zeiten. Endzeit- und Katastrophenwissen gesellschaftlicher Zukünfte. Beltz Juventa: Weinheim.
Axel Bruns et al. (2020): ‚Corona? 5G? or both?‘: the dynamics of COVID-19/5G conspiracy theories in Facebook
Über die Publikation
Der englischsprachige Zeitschriftenbeitrag fokussiert ein Detail der „Infodemie“, die sich um Covid-19 entwickelt hat, nämlich die Verbreitung der Behauptung, dass der Ausbruch der Pandemie auf den Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes in Wuhan und weltweit zurückzuführen sei (S. 12). Mit quantitativen und qualitativen Methoden wird gezeigt, wie rasant sich Fehl- und Desinformationen in der Zeitspanne vom 1. Januar bis 12. April 2020 auf Facebook verbreiteten. Damit bietet die Studie wichtige Einblicke in die Dynamik der Online-Informationsverbreitung und zeigt Bedingungen auf, unter denen Falschbehauptungen eingedämmt und mit zutreffenden Gegeninformationen bekämpft werden können (S. 12).
Methode
Die Studie arbeitet mit verschiedenen quantitativen und qualitativen Methoden „including time-series analysis, network analysis and in-depth close reading“ (S. 14). Verwendet wird ein Datensatz mit „89,664 distinct Facebook posts” (S. 15), „accessed through Facebook’s metrics platform CrowdTangle, which covers public pages, public groups and verified profiles in the platform only” (S. 12).
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Analysen zeigen, dass sich Facebook-Posts, die einen Zusammenhang zwischen der 5G-Technologie und COVID-19 herstellen, im Untersuchungszeitraum erst langsam und bald immer schneller verbreiteten. Anhand spezifischer Akteur:innen, Themen und politisch-gesellschaftlicher Ereignisse können fünf unterschiedliche Phasen identifiziert werden: „Phase 1: pre-existing conspiracy theories“ (S. 16), „Phase 2: the Wuhan-5G connection spreads globally“ (S. 17), „Phase 3: localisation and embellishment“ (S. 18), „Phase 4: the oxygen absorption claim and lockdown suspicions“ (S. 19) und „Phase 5: arsonists, evangelists and celebrities“ (S. 21). Im Vergleich dazu wird die relativ späte Verbreitung von „fact-checks and pro-5G stories“ (S. 23) untersucht sowie ein Verlinkungs-Netzwerk beschrieben, das geografische, sprachliche bzw. inhaltliche Cluster erkennen lässt. Das Zentrum des Netzwerks beinhaltet beispielsweise „subsections that specialise particularly in far-right ideology [...], alternative health and spirituality”(S. 25).
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
journals.sagepub.com/doi/10.1177/1329878X20946113
Quelle:
Bruns, Axel/Harrington, Stephen/Hurcombe, Edward (2020): ‘Corona? 5G? or both?’: the dynamics of COVID-19/5G conspiracy theories on Facebook. In: Media International Australia, 177, Heft 1, S. 12–29.
Nicholas Charron et al. (2020): Uncooperative Society, Uncooperative Politics or Both? How Trust, Polarization and Populism Explain Excess Mortality for COVID-19 across European regions
Über die Studie
Die Studie geht der Frage nach, welche politischen Merkmale messbaren Einfluss auf die höchst unterschiedlichen Entwicklungen der COVID-19-Übersterblichkeitsraten in insgesamt 153 europäischen Regionen haben. Die Einstellungen zur EU werden als Maß für populistische Haltungen in den unterschiedlichen Regionen verwendet und auf ihren Zusammenhang mit den Übersterblichkeitsraten durch COVID-19 diskutiert.
Methode
Die Datengrundlage der Studie bilden zahlreiche aggregierte Daten verschiedener Datenquellen auf dem NUTS-1 und NUT2-Level. Insgesamt fließen Befragungsergebnisse aus 19 europäischen Ländern innerhalb 158 unterschiedlicher Regionen in die Untersuchung ein. Daten zur Übersterblichkeit und Proxy-Variablen zur politischen Polarisierung und sozialem Vertrauen aus dem European Quality of Government Index werden dafür genutzt. Zur Auswertung werden statistische Regressionsanalysen verwendet, die mit speziellen Verfahren die Raumstruktur der Daten kontrollieren (sog. ländergruppenbasierte Standardfehler-Analysen).
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Analyse bestätigt die relevante Rolle politischer und sozialer Faktoren im Hinblick auf die unterschiedlichen Erfolge in der Krisenbekämpfung der europäischen Staaten. Soziales Vertrauen stärkt offensichtlich die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise und führt im Ergebnis zu niedrigeren Raten der Übersterblichkeit. Regionen mit geringeren Werten für das politische Vertrauen zeigen dagegen höhere Übersterblichkeitsraten gegenüber Regionen mit hohen Vertrauenswerten (S. 22). Positive Haltungen zur EU-Integration in den europäischen Parlamenten gehen mit sinkenden COVID-19-Sterberaten einher, während niedrigere EU-Integrationswerte mit steigenden Sterblichkeitsraten assoziiert sind (S. 24). Im Fazit unterstreichen die Forschenden die Notwendigkeit des sozialen und politischen Vertrauens für eine effektive Bewältigung der Krise. Gesellschaftliche Polarisierungseffekte, Misstrauen und Populismus beeinflussen das Krisenmanagement dagegen tendenziell negativ (S. 26f.).
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.gu.se/sites/default/files/2020-12/2020_12_Charron_Lapuente_Rodriguez-Pose.pdf
Quelle:
Charron, Nicholas/Lapuente, Victor/Rodriguez-Pose, Andrés (2020): Polarization and Populism Explain Excess Mortality for COVID-19 across European regions. QoG-Workingpaper 12/2020. QoG-Institut: Göteborg.
Matteo Cinelli, et al. (2020): The COVID-19 social media Infodemic
Über die Publikation
Der englischsprachige Artikel beschreibt anhand einer vergleichenden quantitativen Analyse fünf verschiedener Social-Media-Plattformen (Twitter, Instagram, YouTube, Reddit und Gab) die Dynamiken der Informations- und Desinformationsverbreitung bezüglich der Covid-19-Pandemie. Damit leistet die Studie einen wichtigen Beitrag, auch soziales Verhalten in Epidemiemodellen zu berücksichtigen und effektivere Kommunikationsstrategien in Krisenzeiten zu entwerfen (S. 6).
Methode
Die Studie arbeitet mit verschiedenen statistischen Ansätzen (Lineare Regressions-Koeffizienten, epidemiologische Reproduktionsmodelle) und mit Methoden des Natural Language Processing wie Word-Embeddings zur thematischen Klassifikation von Texten. Der Datensatz besteht aus „more than 8 million comments and posts over a time span of 45 days” (1. Januar – 14. Februar 2020; S. 2).
Zentrale Befunde/Aussagen
Zunächst werden Online-Interaktionen gemessen und die Covid-19-Diskursentwicklung beschrieben. Dabei fällt auf, dass die Interaktionsmuster bezüglich Covid-19 ((dis-)likes, comments, favourites, retweets, replies etc.) auf allen Plattformen ähnlich ausfallen und keine Spezifika gegenüber anderen Themen aufweisen (S. 2). Plattformübergreifend reichen die Themen „from comparisons to other viruses, requests for God blessing, up to racism” (S. 2). Weiterhin wird eine an epidemiologischen Modellen orientierte Reproduktionszahl R0 berechnet, die markiert, wie viele neue Nutzer:innen über das Thema schreiben. Dies stellt eine innovative Methode dar, „Infodemien“ frühzeitig zu erkennen (S. 3). So weist R0 in diesem Datensatz auf allen Plattformen einen höchst kritischen Wert auf, der darauf hinweist, dass sich Informationen rasant und unübersichtlich verbreiten. Bezogen auf die Vertrauenswürdigkeit der verbreiteten Quellen lässt sich sagen, dass Nutzer:innen in Mainstream-Social-Media (Twitter, YouTube) weniger anfällig für Desinformation sind, wohingegen Gab die höchste Durchdringung mit fragwürdigen Quellen aufweist (S. 2). Dennoch lässt sich kein signifikanter Unterschied der „spreading patterns“ (S. 6) zwischen vertrauens- und fragwürdigen Informationen feststellen.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.nature.com/articles/s41598-020-73510-5#Sec1
Quelle:
Cinelli, Matteo/Quattrociocchi, Walter/Galeazzi, Alessandro et al. (2020): The COVID-19 social media infodemic. Sci Rep 10, 16598. doi.org/10.1038/s41598-020-73510-5.
Josh Clinton et al. (2020): Partisan pandemic: How partisanship and public health concerns affect individuals’ social mobility during COVID-19
Die Studie erschien als eine der ersten internationalen Untersuchungen im vergangenen Jahr, die den Zusammenhang zwischen der Bereitschaft zur Mobilitätsreduktion und der politischen Parteienaffinität analysierte. Anhand eines großen Datensatzes mit 1,1 Millionen Befragten wurde untersucht, inwiefern Variationen individueller Mobilitätsmuster von der Parteipräferenz beeinflusst werden und wie das im Verhältnis zu den COVID-19-Infektionsraten der unterschiedlichen Regionen steht.
Methode
Insgesamt 1,1 Millionen Menschen wurden für die Studie täglich zu unterschiedlichen Bereichen ihres Mobilitätsverhaltens in den letzten 24 Stunden befragt (durchschnittlich 6744 Befragte pro Tag). Die Befragung lief vom 4. April bis zum 7. September 2020. Zusätzliche Fragen gaben Auskunft u. a. zur Einschätzung des Virus und politischen und soziodemografischen Hintergründen der Befragten. Mit statistischen Verfahren, sogenannten multivariaten Regressionsanalysen, wurden die Zusammenhänge untersucht und eine Vielzahl weiterer Merkmale kontrolliert, bspw. die räumliche und zeitliche Struktur und mögliche Drittvariableneinflüsse. Die Ergebnisse der multivariaten Analysen sind im Zeitverlauf grafisch dargestellt.
Zentrale Befunde /Aussagen
Die Befunde ergeben eine überraschend hohe Relevanz der Parteianhänger*innenschaft auf das Mobilitätsverhalten. Der Einfluss der Parteipräferenz auf die Bereitschaft zur Mobilitätsreduktion ist unter Anhänger*innen der Republikanischen Partei deutlich geringer ausgeprägt als unter Demokrat*innen. Die Autoren fanden zusätzlich heraus, dass die Frage der politischen Parteipräferenz einen deutlich stärkeren Einfluss auf die Mobilität zeigte als andere naheliegende Indikatoren wie bspw. das Infektionsausmaß in den einzelnen Regionen der Befragten. Diese Befunde zeigten sich auch dann, wenn zusätzliche Effekte wie bspw. die Art der Lockdown-Maßnahmen der Bundesstaaten und die regionalen COVID-19-Raten berücksichtigt wurden. „Die COVID-19 Pandemie ist daher aktuell mindestens ein so großes politisches, wie auch gesundheitliches Problem“ bilanzieren die Forschenden ihre Ergebnisse (3f.). Ausgehend von dem stark populistischen und umstrittenen Krisenmanagement des ehemaligen Präsidenten Trump interpretieren sie die Ergebnisse als deutlichen Hinweis auf die wichtige Rolle der „politischen Führung“ in der Bereitschaft, sich Maßnahmen zum Schutz vor Corona anzuschließen oder diese abzulehnen.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
advances.sciencemag.org/content/advances/early/2020/12/10/sciadv.abd7204.full.pdf
Quelle:
Clinton, J./Cohen, J./Lapinski, J./Trussler, M. (2020): Partisan pandemic. How partisanship and public health concerns affect individuals’ social mobility during COVID-19. In: Science Advances: 10.1126/sciadv.abd7204 (2020).
Oliver Decker et al. (2021): Verschwörungsmentalität, COVID-19 und Parteipräferenz
Über die Publikation
Das Policy-Paper diskutiert auf Grundlage der repräsentativen Befragungsdaten der Leipziger Autoritarismus-Studie (LAS) 2020 eine Zusatzauswertung zur Verbreitung von verschwörungsideologischen Denkmustern in der deutschen Bevölkerung. Die Autor*innen werten die bevölkerungsweite Zustimmung zu Verschwörungsmentalität und COVID-19-bezogenen Verschwörungserzählungen aus, beschreiben statistische Zusammenhänge mit Parteipräferenz sowie der Selbstverortung auf einer Links-Rechts-Skala und analysieren die statistischen Zusammenhänge mit verschiedenen Ausdrucksformen des Antisemitismus. Abschließend wird die Bedeutung dieser Ergebnisse für die öffentliche Auseinandersetzung mit rechtsautoritären Bewegungen diskutiert und werden Hinweise für den Umgang mit Verschwörungserzählungen gegeben (S. 1).
Methode
Repräsentative Bevölkerungsbefragung: „Im Frühsommer 2020 wurden im Rahmen der Untersuchung 2.503 Personen mittels Paper-Pencil-Verfahren befragt. Die Auswahl der Befragten erfolgte als geschichtete Zufallsstichprobe [...].“ (S. 6)
Zentrale Befunde/Aussagen
„Zentrale Ergebnisse: Verschwörungserzählungen sind deutlich verstärkt bei Anhängerinnen und Anhängern der AfD verbreitet. Auch COVID-19-bezogene Verschwörungserzählungen erhalten bevölkerungsweit hohe Zustimmung, besonders aber unter Anhängerinnen und Anhängern der AfD. Verschwörungserzählungen erhalten generell eher Zuspruch von Personen, die sich im politischen Spektrum rechts verorten. Verschwörungsmentalität sowie der Glaube an COVID-19-bezogene Verschwörungserzählungen hängen mit verschiedenen Ausdrucksformen des Antisemitismus zusammen. Sie sind strukturell antisemitisch und Antisemitismus selbst kommt nicht ohne Verschwörungserzählungen aus.“ (S. 1f.) „Vor einer Verharmlosung von Verschwörungserzählungen ist vor dem Hintergrund unserer Ergebnisse genauso zu warnen wie vor einer Entpolitisierung. Verschwörungserzählungen entfalten auf Grund ihrer Struktur – einfache, manichäische Freund-Feind-Konstruktionen, Verweise auf verborgene Machenschaften, Unüberprüfbarkeit und damit Unwiderlegbarkeit mit Fakten usw. – gerade in gesellschaftlichen Krisenzeiten ein demokratiegefährdendes Potential.“ (S. 10)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
home.uni-leipzig.de/decker/policypaper_partei.pdf
Quelle:
Decker, Oliver/Kiess, Johannes/Schliessler, Clara/Dilling, Marius/Hellweg, Nele/Brähler, Elmar (2021): Verschwörungsmentalität, COVID-19 und Parteipräferenz: Ergebnisse einer repräsentativen Befragung. EFBI Policy Paper 2021-1. Else-Frenkel-Brunswik-Institut: Leipzig.
Klaus Dörre (2020): Die Corona-Pandemie – eine Katastrophe mit Sprengkraft
Über die Publikation
Der Zeitschriftenbeitrag wirft ein Blick auf die Verbindung der Corona-Pandemie und einer „epochalen ökonomisch-ökologischen Zangenkrise“ (Dörre) sowie die Möglichkeiten zu deren Überwindung.
Methode
Soziologisch-theoretische und krisendiagnostische Abhandlung
Zentrale Befunde/Aussagen
„Soziologisch betrachtet ist die Corona-Pandemie eine medizinische Katastrophe, ein ‚äußerer Stoß‘ (Braudel 1986, S. 720).“ (S. 167) „Eine Besonderheit der Krankheit COVID-19 gegenüber früheren Pandemien besteht im Modus ihrer gesellschaftlichen Endogenisierung. [...] kann die Corona-Pandemie durchaus als eine Repulsion intensivierter Globalisierung begriffen werden.“ (S. 174) „Auf Pandemie und Rezession reagieren zwei Grundvarianten von Staatsaktivitäten, die untereinander nur lose gekoppelt sind. COVID-19 wird von einem Ausnahmestaat bearbeitet, der sich einerseits innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens bewegt, um andererseits Grundrechte zumindest auf Zeit einzuschränken. [...] Die andere Grundvariante von Staatsaktivitäten ist ein Anti-Rezessions-Interventionismus, der auf Stabilisierung und Wiederaufbau der Wirtschaft zielt.“ (S. 175) „Schaut man genauer hin, wird sichtbar, dass die altbekannten Muster der Seuchenbewältigung keineswegs völlig verschwunden sind. [...] Weil es einen vollständigen Stillstand der Ökonomie nie gegeben hat, wirkte das Krisenmanagement vom ersten Tag an als Ungleichheitsverstärker.“ (S. 177) „Die ökonomischen Staatsaktivitäten folgen einer Methode, die sich bereits während des globalen Finanzcrashs durchgesetzt hatte. Damals legte die Krise offen, „dass wir in einem Zeitalter nicht der staatlichen Zurückhaltung, sondern des ,großen Regierens‘ lebten, einem Zeitalter [...] eines Interventionismus, der in seiner Logik eher militärischen Operationen oder medizinischer Nothilfe glich als gesetzmäßiger Regierungsarbeit […]“. Im Corona-Staat setzt sich diese Tendenz überraschend fort. [...] „Äußere Stöße“, die der Corona-Pandemie folgen, würden nicht nur neue Notstandsmaßnahmen provozieren, sondern die Rückkehr des autoritären, gewalttätigen Staates begünstigen.“ (S. 182f.)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
doi.org/10.1007/s11609-020-00416-4
Quelle:
Dörre, Klaus (2020): Die Corona-Pandemie – eine Katastrophe mit Sprengkraft. In: Berliner Journal für Soziologie, 30, S. 165–190.
Jakob-Moritz Eberla et al. (2020): From Populism to the ‘Plandemic’: Why populists believe in COVID-19 conspiracies
Über die Publikation
Der englischsprachige Zeitschriftenbeitrag fokussiert die Forschungsfrage, wieso Verschwörungstheorien über COVID-19 verbreitet werden und Anhänger*innen erlangen. Wieso ignorieren manche Bürger*innen wissenschaftliche Erkenntnisse und logische Prämissen und sind stattdessen beispielsweise davon überzeugt, dass der Virus auf ein Militärexperiment zurückgehe oder dass das 5-G-Funknetz und Bill Gates etwas damit zu tun hätten? Die Wiener, Salzburger und Braunschweiger Autor*innen argumentieren, dass diese Überzeugungen einen populistischen Kern besitzen und dass die Komplexität der Pandemie ein ideales Spielfeld für populistische Elitenkritik und Wissenschaftsfeindlichkeit bietet (S. 1). Sie untersuchen daher die Zusammenhänge zwischen populistischen Einstellungen, dem Vertrauen in politische und wissenschaftliche Institutionen und dem Glauben an pandemiebezogene Verschwörungserzählungen (ebd.).
Methode
Statistische Auswertungen von repräsentativen Panel-Daten des Österreichischen Corona-Panel-Projektes (n=823), Befragungswelle 6: 1.–6. Mai 2020 und Befragungswelle 9: 23.–27. Mai 2020.
Zentrale Befunde/Aussagen
Den empirischen Befunden der Studie zufolge hängen populistische Einstellungen und Corona-Verschwörungsglaube zusammen – und zwar unabhängig von den politischen Ideologien, denen die Befragten anhängen. Das heißt, dass beispielsweise der Einfluss einer Selbsteinordnung der Befragten auf einer politischen Links-Rechts-Skala und die Wahlentscheidung (z. B. für die rechtspopulistische FPÖ) nur gering ist, auch wenn – in Österreich und weltweit – vor allem rechtspopulistische politische Akteur*innen Verschwörungsideologie verbreiten. Der aufgezeigte Verstärkungseffekt populistischer Einstellungen auf den Verschwörungsglauben ist statistisch signifikant und relativ stark. Personen mit hohem Institutionenvertrauen haben indes eine nur geringe Wahrscheinlichkeit, an Verschwörungserzählungen zur Pandemie zu glauben (S. 9 ff.).
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
osf.io/preprints/socarxiv/ejpw7/
Quelle:
Eberla, Jakob-Moritz/Huberb, Robert A./Greussing, Esther (2020): From Populism to the ‘Plandemic’: Why populists believe in COVID-19 conspiracies. Preprint, SocArXiv Papers, Oktober 2020.
Yasmin El-Menouar (2020): Zwischen individueller Freiheit und Gemeinwohl. Sieben Wertemilieus und ihre Sicht auf Corona
Über die Publikation
Die Autorin untersucht die Einstellungen zu Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sowie zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Krise anhand unterschiedlicher Wertemilieus. Auf der Grundlage einer repräsentativen Befragung werden Perspektiven auf die Krise dargestellt und die zentrale Rolle der Wertorientierungen im Hinblick auf die Krisenbewertung hervorgehoben.
Methode
Datengrundlage der Studie bildet eine Online-Befragung mit 1.012 Personen ab dem 18. Lebensjahr, die als Quotenstichproben nach einem Zufallsverfahren ausgewählt wurden. Die Daten sind nach Alter, Geschlecht und Bundesländerzugehörigkeit repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. In der Befragung wurden Fragen zu grundlegenden Einstellungs- und Werteorientierungen, dem Wahlverhalten und dem sozioökonomischen und .demografischen Status der Befragten beantwortet. Für die Bildung der unterschiedlichen Wertemilieus kamen statistische Methoden zum Einsatz, die die explorative Datenanalyse und die Zuordnung einzelner Items zu übergeordneten Kategorien ermöglichen.
Zentrale Befunde/Aussagen
Nach den Ergebnissen der Studie lassen sich in Deutschland sieben „[…] etwa gleich stark vertretene Wertemilieus unterscheiden: kreative Idealist*innen, bescheidene Humanist*innen, individualistische Materialist*innen, unbeschwerte Beziehungsmenschen, sicherheitsorientierte Konservative, leistungsorientierte Macher*innen und unkonventionelle Selbstverwirklicher*innen“ (S. 13). „Während Humanist*innen überdurchschnittlich häufig dem GRÜNEN-Wählermilieu zuzuordnen sind, sind Materialist*innen überdurchschnittlich häufig der AfD zugeneigt“ (S. 14). Die Daten verweisen auf eine große Varianz im Meinungsspektrum der Krisenbewertungen und wurden daher nach Ähnlichkeiten zu drei unterschiedlichen Perspektiven gruppiert. Die auf „Freiheit“ fokussierte Perspektive stellt die Ablehnung gegen die Einschränkungen individueller Freiheitsrechte in den Vordergrund, die auf den „Zusammenhalt“ blickenden Probanden betonen die Notwendigkeiten zum sozialen Zusammenhalt und hoben stärker die positiven Krisenaspekte hervor. Die dritte Perspektive betont die Notwendigkeit sozialer, humanistischer Transformationsprozesse und fokussiert im Besonderen den Schutz des Lebens.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Wertemilieus_2021_final.pdf
Quelle:
El-Menouar, Yasmin (2021): Zwischen individueller Freiheit und Gemeinwohl. Sieben Wertemilieus und ihre Sicht auf Corona. Bertelsmann Stiftung: Gütersloh.
Timothy Graham et al. (2020): Like a virus: The coordinated spread of Coronavirus disinformation
Über die Publikation
Die englischsprachige, datengeleitete Studie untersucht anhand von über 28 Millionen Twitter-Nachrichten (Tweets und Retweets) die Bot-gestützte Verbreitung von Miss- und Desinformationen über das Coronavirus zu politischen oder kommerziellen Zwecken. Dabei zeigt sie auf, wie einflussreich und gefährlich derartig koordinierte Kampagnen in Bezug auf die weitflächige Streuung von Verschwörungserzählungen sind, und gibt wichtige Hinweise, wie Regierungen, zivilgesellschaftliche Organisationen oder Technologieplattformen (S. 4) diesen Strategien begegnen können.
Methode
Die Studie wird anhand eines Datensatzes von 2,6 Millionen coronabezogenen Tweets und deren 25,5 Millionen Retweets durchgeführt, die vom 30. März bis 9. April 2020 über das Twitter Streaming Application Programming Interface (API) gesammelt wurden. Es finden verschiedene quantitative Netzwerk- und Clusteranalysen Anwendung, die durch qualitative Zwischenschritte ergänzt werden.
Zentrale Befunde/Aussagen
In der ersten Analyse werden Twitteraccounts untersucht, „that retweet identical coronavirus-related contend repeatedly within one second of each other” (S. 3). So werden insgesamt 10 Bot-Netzwerke identifiziert, die beispielsweise politische Spannungen in der Türkei befeuern, die rechte Regierungspolitik in Paraguay unterstützen oder positive Tweets über die saudi-arabische Regierung und den Kronprinzen verbreiten. Die zweite Analyse fokussiert den strategischen Einsatz von Bots, die die Verschwörungstheorie replizieren, dass das Coronavirus eine von China entwickelte Biowaffe sei (S. 3). Auch hier entsteht ein Netzwerk von Twitteraccounts, in dem 30 Cluster ausgemacht werden können. „Of these 30 clusters, 28 identify as Pro-Trump, QAnon, and/or Republican partisan.“ (S. 3) Die Ergebnisse legen nahe, dass „coordinated inauthentic behaviour on social media platforms is problematic not simply because it is designed to circulate mis- and disinformation in its own right – rather, its insidious nature lies in the fact that it aims to kickstart the circulation of conspiracy theories [...] amongst real, authentic users” (S. 6). Die Autor:innen geben außerdem Handlungsempfehlungen zum Umgang mit derartigen Social-Media-Phänomenen im Bereich „increased detection and mitigation“, „digital literacy“, „mainstream media“ und „scholarly research“ (S. 4).
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle:
Graham, Timothy/Bruns, Axel/Zhu, Guangnan/Campbell, Rod (2020): Like a virus: The coordinated spread of Coronavirus disinformation. The Australia Institute: Canberra.
Roland Imhoff et al. (2020): Resolving the Puzzle of Conspiracy Worldview and Political Activism
Über die Publikation
Seit der Coronakrise stehen Verschwörungsideologien und ihre möglichen individuellen und gesellschaftlichen Folgen wieder verstärkt im Zentrum der Debatten. Die Sozialpsycholog*innen untersuchten mittels Experimentalanordnungen, welche Wirkungszusammenhänge zwischen Verschwörungsglauben und unterschiedlichen Formen politischen Engagements bestehen.
Methode
Insgesamt wurden zwei Experimente mit 194 Testpersonen im ersten und 402 Testpersonen im zweiten durchgeführt. Im ersten Experiment wurden Probanden zufällig in drei Gruppen aufgeteilt, deren Aufgabe darin bestand, sich in die unterschiedlichen gesellschaftlichen Szenarien nach vorher eingeführten Kriterien zu versetzen. Diese Szenarien verkörperten Experimentalbedingungen, die die Proband*innen nach Gruppen mit hohen, mittleren und niedrigen Affinitäten zum Verschwörungsglauben unterschieden. Um die im ersten Experiment gewonnenen Erkenntnisse im Kontext variierender politischer, kultureller und historischer Hintergründe zu überprüfen, wurde ein zweites Experiment mit US-amerikanischen Proband*innen durchgeführt.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Studie belegt zunächst: Proband*innen mit geringer Verschwörungsneigung zeigen niedrigere Bereitschaft zum politischen Engagement. In der Gruppe mit mittleren Verschwörungsaffinität steigt diese dann deutlich an, um innerhalb der letzten Gruppe, denjenigen mit dem höchsten Verschwörungsglauben, wieder abzusinken. Der Zusammenhang zwischen Verschwörungsglauben und dem politischen Engagement wird davon bestimmt, ob es sich hierbei um normative und legale oder nicht-normative, illegale Formen der politischen Partizipation handelte. Während die Wahrscheinlichkeit zu normativem, legalem politischem Handeln mit steigendem Verschwörungsglauben sinkt, steigt parallel die Wahrscheinlichkeit, sich politisch in nicht-normativen illegalen Formen zu betätigen. Die Ergebnisse des zweiten Experiments mit US-amerikanischen Befragten bestätigen im Wesentlichen, wenngleich etwas schwächer, die Befunde des ersten Experiments.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/1948550619896491
Quelle:
Imhoff, Roland/Dieterle, Lea/Lamberty, Pia (2020): Resolving the Puzzle of Conspiracy Worldview and Political Activism: Belief in Secret Plots Decreases Normative but Increases Nonnormative Political Engagement. In: Social Psychological and Personality Science, S. 1–9.
Heike Kleffner & Matthias Meisner [Hrsg.] (2021): Fehlender Mindestabstand. Die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde
Über die Publikation
„In den Anti-Corona-Protesten wurde deutlich, wie tief inzwischen die Skepsis gegenüber parlamentarischer Demokratie und wissenschaftlichen Erkenntnissen in ganz unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung verankert ist: Impfgegner, Klimawandelleugner, Verschwörungstheoretiker, Reichsbürger und Neonazis marschieren nebeneinander – ohne Abstand. Dieses Buch analysiert das Phänomen einer erschreckend breiten Allianz: von neuen und alten Feinden einer aufgeklärten Gesellschaft und des demokratischen Rechtsstaats.“ (aus der Verlagsankündigung)
Methode
Der Sammelband umfasst Beschreibungen, Berichte, Analysen und Einordnungen zahlreicher Expert*innen und Journalist*innen – mit Beiträgen von Katharina Nocun und Pia Lamberty, Matthias Quent und Christoph Richter, Michael Blume, Karolin Schwarz, Dunja Hayali u.v.a.
Zentrale Befunde/Aussagen
„Die Begleiterscheinungen d er Pandemie, Ohnmacht, Tage und Nächte voller Sorgen, Hilfslosigkeit – und auch Wut – sind zu universellen Erfahrungen geworden. Dennoch trifft das Virus keineswegs alle gleich: Vielmehr hat gerade die Pandemie die sozialen und ökonomischen Spaltungslinien vertieft, Privilegien und Ungleichheit in der Gesellschaft hier und international verstärkt und noch sichtbarer gemacht. Auch die Reaktionen auf die Pandemie offenbaren gesellschaftliche und politische Spaltungen: Während die überwiegende Mehrheit mit Solidarität und Rücksichtnahme auf besonders Gefährdete im Alltag, in der Nachbarschaft, in der Kommune oder in sozialen Netzwerken achtet, hat sich seit Beginn der Pandemie eine lautstarke Minderheit zu einer Protestbewegung entwickelt, die tägliche Regelbrüche, unsolidarisches Verhalten gegenüber Risikogruppen und überbordenden Hass auf den Staat zum Prinzip erklärt hat. [...] Denn so sehr, wie die Pandemie auf absehbare Zeit unseren Alltag verändern wird, so groß ist die Gefahr, dass die zunehmende Radikalität der Leugnerbewegung und die Normalisierung von Verschwörungsnarrativen, Wissenschaftsfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus die Koordinaten politischen Handelns und gesellschaftlichen Zusammenlebens verschieben werden.“ (S. 7)
Link zum Buch auf der Website des Verlags:
www.herder.de/geschichte-politik-shop/fehlender-mindestabstand-klappenbroschur/c-34/p-20815/
Quelle:
Kleffner, Heike/Meisner, Matthias [Hrsg.] (2021): Fehlender Mindestabstand. Die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde. Herder: Freiburg.
Martin Lange & Ole Monscheuer (2021): Spreading the Disease. Protest in Times of Pandemics
Über die Publikation
Die englischsprachige Studie analysiert die Entwicklung der regionalen Inzidenzraten in Deutschland. Dafür werden u. a. die Busfahrten („Honk for Hope“, Flixbus) zu den Großdemonstrationen sowie die Termine von zwei Großdemonstrationen im November 2020 (Leipzig) und im Januar 2021 (Berlin) in statistische Berechnungen einbezogen. Die Autoren beobachten substanzielle Zuwächse der Infektionsraten in den Herkunftsregionen der Teilnehmenden im Anschluss an die Demonstrationen. Diese Befunde werden im Zusammenhang mit den Beobachtungen aus anderen Studien diskutiert, denen zufolge Covid-19-Leugner*innen eine geringe Bereitschaft signalisierten, sich an Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu halten (S. 1).
Methode
Eine multivariate statistische Modellberechnung auf Grundlage einer Vielzahl von Raumdaten (auf Kreisebene): Beobachtet werden u. a. Stimmenanteile für die AfD, die Masernschutzimpfraten bei Kindern, die Bevölkerungsdichte, sowie die Orte, an denen die Bustransporte zu den Demonstrationen Station machten. Die Daten zu den Bustransporten dienen als Platzhalter-Variablen (Proxy): Die Annahme ist, dass die erhöhte Demonstrationsteilnahme aus bestimmten Regionen einen Rückschluss über das pandemiebezogene Verhalten größerer Bevölkerungsteile in diesen Regionen erlaubt.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Modellschätzungen ergeben u. a., dass die Herkunftsregionen der Demonstrationsteilnehmenden gegen Ende 2020 eine ca. 36 % höhere Infektionsrate hatten als andere Regionen. Den Autoren zufolge sind diese Befunde robust, d. h. auch bei aufwendiger statistischer Drittvariablenkontrolle und der Verwendung von unterschiedlichen Datengrundlagen für die Covid-19-Inzidenzen besteht der Effekt, der auf einen Zusammenhang zwischen der Teilnahme an Corona-Protesten und der regionalen Zunahme von Infektionen hindeutet (vgl. S. 2f.). Die Befunde stützen die Argumentation, dass das Pandemiegeschehen auch auf die individuellen und kollektiven Deutungsmuster und Handlungsorientierungen der Bevölkerung zurückzuführen ist: Die Bagatellisierung bzw. Ignoranz der Gefährlichkeit von Covid-19 sowie die Agitation gegen eine angebliche „Corona-Diktatur“ hatten und haben vermutlich selbst einen substanziellen verhängnisvollen Einfluss auf den Verlauf der Pandemie.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp21009.pdf
Quelle:
Lange, Martin/Monscheuer, Ole (2021): Spreading the Disease. Protest in Times of Pandemics. Discussion Paper Nr. 21-009 | 02/2021, ZEW Mannheim.
Francesco Marone (2021): Hate in the time of coronavirus
Über die Publikation
Der englischsprachige, größtenteils hypothetische Beitrag des italienischen Politikwissenschaftlers diskutiert die potenziellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die zyklenförmige Entwicklung von extremistischer Gewalt und Terrorismus. Die Pandemie wird als Herausforderung für die politische Stabilität und Sicherheit in westlichen Demokratien interpretiert, als globales „Feldexperiment“, das kurz- bis langfristige Konsequenzen für Radikalisierungs- und Konfliktdynamiken zeitige. Terroristische Aktivitäten müssten unter diesen Rahmenbedingungen als ein Zusammenspiel gesamtgesellschaftlicher, gruppenbezogener und individueller Faktoren verstanden werden, bei denen u. a. die Verbreitung von Propaganda, Verschwörungsideologie und antidemokratischen Einstellungen relevant sei. Unterschiedliche radikale Gruppen haben seit Beginn der Pandemie versucht, diese für ihre Agitation und Mobilisierung zu instrumentalisieren; u. a. der djihadistische „IS“ sowie verschiedene rechtsextreme bzw. rechtsterroristische Gruppierungen. Dies habe, so der Autor, auch die Gefahr von Anschlägen erhöht.
Methode
Theoretische bzw. modellbildende Abhandlung, breite Diskussion relevanter Fachliteratur
Zentrale Befunde/Aussagen
„[H]ospitals and medical personnel might become targets of violence; especially in countries or areas with severe restrictions on the movement of ordinary citizens, there might be an increased focus on members of law enforcement; finally, political leaders who are responsible for the imposition of restrictive measures could attract the attention of ill-intentioned actors.“ (S. 16)
„In addition, aspiring terrorists might attempt to use this virus as a weapon during the pandemic and, in the middle to long term, they could pay more attention and devote more energy to plans to build biological weapons, despite all the technical and organizational difficulties associated with this ambition.“ (S. 16f.)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
link.springer.com/article/10.1057/s41284-020-00274-y
Quelle:
Marone, Francesco (2021): Hate in the time of coronavirus: exploring the impact of the COVID-19 pandemic on violent extremism and terrorism in the West. Security Journal.
Oliver Nachtwey et al. (2020): Politische Soziologie der Corona-Proteste
Über die Publikation
Die von Forscher:innen des Fachbereichs Soziologie der Universität Basel durchgeführte Studie untersucht die Corona-Proteste in der Schweiz und in Deutschland 2020. Ziel der Forschung war es, die Motivation, Mentalitäten und politischen Überzeugungen der Teilnehmer*innen an Kundgebungen, Aktionen und Demonstrationen, welche sich gegen die Corona-Maßnahmen richten, zu analysieren.
Methode
Zur Untersuchung der Corona-Proteste wurde ein Mixed-Method-Ansatz verfolgt. Dieser umfasste eine quantitative Befragung, ethnografische Beobachtungen, qualitative Interviews und Dokumentenanalysen. Das Herzstück bildete eine nicht-repräsentative Online-Befragung in Querdenker-Telegram-Gruppen, in deren Rahmen die Wissenschaftler:innen 1.150 Fragebögen deskriptiv auswerteten.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die in der Studie befragten „Querdenker*innen“ zeichnen sozialstrukturell das Bild einer relativ alten und akademisch geprägten Bewegung. „Das Durchschnittsalter der Umfrageteilnehmer*innen beträgt 47 Jahre, 31 % haben Abitur, 34 % einen Studienabschluss“ (S. 51). Unter den Befragten sei insbesondere der Anteil von Wähler:innen der Grünen, der AfD sowie der Linkspartei ausgesprochen hoch, so hätten bei der letzten Bundestagswahl in Deutschland 18 % die Linke, 23 % die Grünen und 15 % die AfD gewählt. In Bezug auf die anstehende Bundestagswahl im September gab jedoch fast ein Drittel der Befragten an, die AfD wählen zu wollen. Mit Blick auf diese Wahlabsichten beschreiben die Forscher*innen „Querdenken“ als eine Bewegung „die eher von links kommt, aber stärker nach rechts geht“ (S. 52). Charakteristisch für die Querdenker*innen-Bewegung sei „eine tiefe Entfremdung von den Institutionen des politischen Systems, den etablierten Medien und [...] den alten Volksparteien“ (S. 52). Weiterhin wiesen die Befragten sowohl eine relative Neigung zum Antisemitismus als auch – fast immer – eine starke Verschwörungsmentalität auf. Dennoch handele es sich bei den Querdenker*innen nicht um eine genuin autoritäre Bewegung, wie beispielsweise bei Pegida. So seien sie weder ausgesprochen „fremdenfeindlich“ noch fänden sich bei ihnen sozialdarwinistische Haltungen. Zusammenfassend entsprächen die Querdenker*innen daher „nicht unbedingt dem Bild einer rechten Bewegung, wie sie gerade in vielen Diskussionen eingeordnet werden. Allerdings handelt es sich klar um eine Bewegung, die nach rechts offen ist und über ein beträchtliches immanentes Radikalisierungspotenzial verfügt.“ (S. 54)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle:
Nachtwey, Oliver/Schäfer, Robert/Frei, Nadine (2020): Politische Soziologie der Corona-Proteste. Working Paper. Universität Basel.
Jochen Roose (2020): Verschwörung in der Krise
Über die Publikation
„Verschwörungstheorien haben in der Corona-Krise besondere Aufmerksamkeit erhalten. So entstand der Eindruck eines weit verbreiteten Glaubens an eine Corona-Verschwörung, nach der das Virus erfunden oder in seiner Gefährlichkeit weit übertrieben dargestellt werde. Zudem wurde vermutet, dass der Glaube an Verschwörungstheorien mit der Corona-Krise deutlich zugenommen habe. Beiden Fragen ist die Konrad-Adenauer-Stiftung in repräsentativen Umfragen nachgegangen.“ (S. 3)
Methode
Repräsentative Bevölkerungsbefragungen: „Die Analyse beruht auf zwei telefonischen Umfragen. Vor der Corona-Krise wurden von Oktober 2019 bis Februar 2020 insgesamt 3.250 Personen mit einem Dual-Frame-Ansatz (40 Prozent Mobilfunk, 60 Prozent Festnetz) befragt. In der Corona-Krise wurden von August bis September 2020 insgesamt 1.521 Personen ebenfalls mit einem Dual-Frame-Ansatz (40 Prozent Mobilfunk, 60 Prozent Festnetz) befragt, davon 522 aus den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.“ (S. 4)
Zentrale Befunde/Aussagen
„5 Prozent der Bevölkerung halten die Aussage über eine Corona-Verschwörung (‚Das Corona-Virus ist nur ein Vorwand, um die Menschen zu unterdrücken.‘) für sicher wahr. Weitere 9 Prozent halten diese Aussage für wahrscheinlich wahr. Zwei Drittel (66 Prozent) halten die Aussage über eine Corona-Verschwörung für sicher falsch. Menschen mit geringeren formalen Bildungsabschlüssen halten die Aussage über eine Corona-Verschwörung häufiger für wahr als Menschen mit höheren formalen Bildungsabschlüssen. Anhängerinnen und Anhänger der AfD halten die Aussage deutlich häufiger für wahr als Anhängerinnen und Anhänger anderer Parteien.“ (S. 3) „Während der Corona-Krise halten 8 Prozent der Bevölkerung die Aussage über eine Weltverschwörung (‚Es gibt geheime Mächte, die die Welt steuern.‘) für sicher richtig. [...] In den Monaten bevor die Corona-Pandemie in der deutschen Öffentlichkeit ein wichtiges Thema wurde, hielten 11 Prozent der Bevölkerung die Aussage über eine Weltverschwörung für sicher richtig, in der Corona-Krise sind es 8 Prozent. Vor der Corona-Krise hielten dieselbe Aussage 19 Prozent für wahrscheinlich richtig, in der Corona-Krise sind es 16 Prozent. [...] Unter den Anhängerinnen und Anhängern der AfD hat der Anteil, der eine Weltverschwörung für wahrscheinlich oder sicher richtig hält, zugenommen.“ (S. 3f.)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle:
Roose, Jochen (2020): Verschwörung in der Krise: Repräsentative Umfragen zum Glauben an Verschwörungstheorien vor und in der Corona-Krise. Berlin: Konrad-Adenauer-Stiftung.
Yannis Stavrakakis et al. (2020): Populism and the Pandemic: A Collaborative Report
Über die Publikation
Der englischsprachige Fachartikel setzt sich aus politikwissenschaftlicher Sicht mit der These auseinander, wonach die Coronapandemie die politische Inkompetenz von Rechtsaußenparteien „entlarvt“ bzw. geschwächt habe.
Methode
Die Untersuchung basiert auf einer vergleichenden Analyse von Rechtsaußenparteien innerhalb der EU in der ersten Welle der Pandemie hinsichtlich 1) der Narrative über COVID-19, 2) der Lösungsvorschläge, 3) wahltaktischer Konsequenzen und 4) den Erfolgen im Umgang mit der Pandemie.
Zentrale Befunde/Aussagen:
Alle Rechtsaußenparteien verwendeten ein stark nativistisches Narrativ und brachten die Pandemie mit Einwanderung, Immigranten und ethnischen Minderheiten in Verbindung. Sie argumentierten, die Pandemie habe gezeigt, dass die Schließung der Grenzen möglich sei und funktioniere. Aber die Rechtsaußenparteien unterschieden sich in ihrem Autoritarismus und Populismus. Ihre Unterstützung für autoritäre Maßnahmen hängt weitgehend von ihrer politischen Macht ab: Während die Rechtsaußenparteien an der Macht die Pandemie nutzten, um zum Teil drakonische autoritäre Maßnahmen durchzusetzen, gehörten Parteien in der Opposition zu den ersten und lautesten Kritikern von Lockdowns, selbst wenn sie zunächst selbst dazu aufgerufen haben. Überall auf dem Kontinent beschuldigten sie die etablierten Regierungen, ihre Macht zu missbrauchen und die Demokratie zu bedrohen. Alle gaben vor, die Interessen und Meinungen des Volkes gegen eine abgehobene Elite zu verteidigen. Abgesehen von einem bescheidenen kurzfristigen „rally round the flag“-Effekt hatte COVID-19 zwischen März und Juni 2020 für (Rechtsaußen-)Parteien kaum Auswirkungen auf die Wahlen. In Bezug auf Fälle und Todesfälle (in Bezug auf ihre Bevölkerungsgröße) schnitten Länder mit rechtsextremen (Koalitions-)Regierungen besser ab als Länder, in denen rechtsextreme Parteien entweder in der Opposition oder nicht im Parlament sind. Sie haben jedoch weit weniger Menschen getestet, was die Haupterklärung für das außergewöhnlich hohe Verhältnis von Todesfällen pro Fall ist, insbesondere in Ungarn.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.academia.edu/43346247/Populism_and_the_Pandemic_A_Collaborative_Report
Quelle:
Stavrakakis, Yannis/Katsambekis, Giorgos/De Cleen, Benjamin/Goyvaerts, Jana/Zicman de Barros, Thomás/Galanopoulos, Antonis/Manucci, Luca et al. (2020): Populism and the Pandemic: A Collaborative Report. POPULISMUS Interventions No. 7 (Special Edition).
Jakub Wondreys & Cas Mudde (2020): Victims of the Pandemic? European Far-Right Parties and COVID-19
Über die Publikation
Der Bericht beschreibt die Krisenverläufe verschiedener Länder während der Corona-Pandemie und illustriert anhand von Länderberichten verschiedener Autor:innen, wie unterschiedlich Populist:innen mit der Krise umgingen, welche Narrative und Strategien sie verfolgten und inwiefern sie von der Krise profitieren konnten. Die Herausgeber:innen bleiben hinsichtlich der Wahl ihres theoretischen Populismusbegriffs im Verhältnis zu anderen theoretischen Konzepten bewusst im Vagen und bedienen sich einer Minimaldefinition (S. 4). Der Report versammelt eine ganze Reihe lesenswerter Länderperspektiven auf populistische Politiken während der Coronakrise in europäischen Staaten sowie in Argentinien, Brasilien, USA, Australien und den Philippinen. Das Fazit, dass Populismus als Analysemuster politischer Akteur:innen sowohl ungenau als auch irreführend sein könne (S. 7), kann angesichts des weit gefassten Populismusbegriffs allerdings kaum verwundern.
Methode
Der Forschungsbericht ist eine deskriptive, zusammenfassende Abhandlung. Verschiedene Wissenschaftler:innen steuern aus 16 unterschiedlichen Regionen der Welt kurze Länderberichte bei.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Reaktionsmuster populistischer Parteien variieren im internationalen Kontext relativ stark. Die öffentliche Wahrnehmung, dass Populist:innen durch die Krise an Rückhalt verlieren würden, lässt sich nicht bestätigen. Die ideologischen Standpunkte jenseits allgemeiner populistischer Politikstile spielen eine große Rolle in den unterschiedlichen Politiken, die in der Coronakrise forciert wurden. Während einige linkspopulistische Regierungen eher inklusive, solidarische Konzepte der Krisenbewältigung betonten, forcierten radikal rechte Parteien häufiger Zusammenhänge zwischen Migration und der Pandemie. Populismus als analytische Kategorie kann nur in geringem Maße die unterschiedlichen politischen Positionen und Handlungsmuster erfassen und führt teilweise zu ungenauen und missverständlichen Schlussfolgerungen. Expert:innen, gemeint sind hier Wissenschaftler:innen in beratenden Funktionen der Regierungen, seien „keine neutralen Akteur:innen“ (S. 8), da ihre Krisenstrategien teilweise konträr zueinander verliefen.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle:
Wondreys, Jakub/Mudde, Cas (2020): Victims of the Pandemic? European Far-Right Parties and COVID-19. In: Nationalities Papers.