Goetz, Judith (2022). Antifeminismus als intersektionale Ideologie
Über die Publikation
Der Beitrag erschien 2022 im Sammelband „Intersektionalität in der Politischen Bildung: Entangled Citizens“ (herausgegeben von Lara Möller und Dirk Lange).
Methode
Die Autorin widmet sich der Frage nach der Brauchbarkeit von intersektionalen Ansätzen für die Analyse des Verhältnisses von Antifeminismus, Rassismus und Sexismus und den rechtsextremen Vereinnahmungen von Sexismuskritik. Sie tut dies ausgehend von den Debatten rund um die Bewertung der sexualisierten Übergriffe in der Silvesternacht in Köln 2015/2016.
Zentrale Befunde/Aussagen
Einleitend zeigt die Autorin unterschiedliche Positionen im Diskurs auf und fasst die zentralen Kritikpunkte der Intersektionalitätstheorien zusammen. Sie verdeutlicht die Notwendigkeit eines identitäts- und gesellschaftskritischen Verständnisses von Intersektionalität. Nach kurzen Erläuterungen zeigt Goetz die Bedeutung von Antifeminismus im Kontext rechtsextremer Ideologie auf. Um die Verwobenheit mit anderen Ideologien der Ungleichheit sowie ihre gegenseitige Ermöglichung sichtbar zu machen, plädiert sie dafür, Antifeminismus als intersektionale Ideologie zu bestimmen. Nicht nur für Analyse von Antifeminismus, sondern ebenso bezüglich der rechtsextremen Instrumentalisierungen sexualisierter Gewalt ist die intersektionale Perspektive gewinnbringend.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle
Goetz, Judith (2022). Antifeminismus als intersektionale Ideologie. Überlegungen zur Brauchbarkeit intersektionaler Analysen im Nachgang der rassistischen Instrumentalisierungen der Kölner Silvesternacht 2015/2016. In: Lara Möller/Dirk Lange (Hg.). Intersektionalität in der Politischen Bildung: Entangled Citizens. Wiesbaden, Springer VS, 41–59.
Kronenbitter, Lara et al. (2023). Diskriminierung erlebt?! Diskriminierungserfahrungen in Sachsen
Über die Publikation
Die Studie wurde im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung erstellt und erhebt als zweite Studie nach der IDZ-Studie zu Diskriminierung in Thüringen systematisch Daten zu Diskriminierungserfahrungen auf Landesebene.
Methode
Der Studie liegen 3 quantitative Befragungen zugrunde, die auch qualitative Elemente beinhalten. Eine Bevölkerungsbefragung in Sachsen wird für bundesweite Vergleiche um eine Bevölkerungsbefragung im restlichen Bundesgebiet ergänzt. Darüber hinaus wird eine Betroffenenbefragung ausgewertet, die über die Selbstorganisationen von marginalisierten Communitys, Flyer und Social Media beworben wurde.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Studie zeigt, dass jede zweite Person in Sachsen und in Deutschland Diskriminierung erlebt hat. Dabei wird deutlich, dass sich Diskriminierungserfahrungen in Sachsen in vielen Bereichen nicht wesentlich von Diskriminierungen im restlichen Bundesgebiet unterscheiden. Kernstück der Studie ist die Analyse verschiedener Alltagssituationen, die einen diskriminierenden Hintergrund haben können. Hierzu zählen etwa Blicke, die Personen, die draußen Sport treiben, sich unwohl fühlen lassen oder die respektlose Behandlung in Ämtern und Behörden. Großen Rückhalt in der Bevölkerung haben Antdiskriminierungsmaßnahmen. So sprechen sich 88 % in der Bevölkerungsbefragung dafür aus, dass Antidiskriminierungsarbeit bereits im Kindergarten beginnen müsse. Sogar der rechtliche Schutz vor Diskriminierung wird von 60 % der Menschen als nicht ausreichend bewertet. Gleichzeitig zeigt die Studie, dass viele Personen nach Diskriminierungen keine Beratungsstellen aufsuchen. Vielfach sehen sie dafür keinen Bedarf, was wie offene Angaben zeigen, häufig geht das mit einem Herunterspielen der eigenen Diskriminierungserfahrungen einher. Besonders wichtige Unterstützungsstrukturen sind die jeweiligen Community-Selbstorganisationen.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748936312/diskriminierung-erlebt
Quelle
Kronenbitter, Lara/Aalders, Sophia/Meksem, Miriam/Schleifer, Janne/Beigang, Steffen (2023). Diskriminierung erlebt?! Diskriminierungserfahrungen in Sachsen. Baden-Baden, Nomos.
Meier-Arendt, David (2023). Antifeministische Männlichkeit(en) im Netz: digitale Transformation und technisch vermittelte Agitation
Über die Publikation
Meier-Arendt untersucht, wie antifeministische Agitation im Netz funktioniert. Der Fokus liegt auf der Verknüpfung zwischen männlicher Subjektivierung, Inhalten und Formen von antifeministischer Propaganda in sozialen Medien. Kernbefund ist, dass antifeministische Onlineagitation durch ihre inhaltliche wie technische Form Anknüpfungspunkte an vielfältige subjektive Erfahrungen ermöglicht und dass sich unter Zutun dieser diversen Erfahrungen wiederum antifeministische Narrative verbreiten.
Methode
Im Artikel werden fünf Interviews mit Männern analysiert, die antifeministische Posts geliked oder geteilt haben. Die Interviews wurden aus einem Sample von insgesamt 29 von August bis November 2021 geführten Interviews ausgewählt und mittels Grouned Theory ausgewertet.
Zentrale Befunde/Aussagen
Gemein ist den Interviews und dem zitierten Artikel eine gewisse Vagheit – es werden weder offene Misogynie geäußert noch konkrete Akteur*innen oder Mechanismen kritisiert. Stattdessen lassen Feindbilder wie ‚Neofeminismus‘ und ‚Antirassismus‘ Raum für Interpretationsspielraum und ermöglichen den Interviewten, „selbst an […] antifeministischen Topoi zu partizipieren“ (S.65). Die Leerstellen in der „Partizipativen Propaganda“ (S. 69) ermöglichen es den Rezipient*innen, ihre eigene Erfahrung in die Erzählung einzubringen und diese so zu interpretieren, dass sie subjektiv nachvollziehbar wird. Folglich können sie sich besser mit den Inhalten und einer scheinbaren männlichen Gemeinschaft identifizieren. Diese verbindet ihre „Selbstinszenierung als bedroht“ und eine enttäuschte „Anspruchsberechtigung“ (S. 68). Die antifeministische Onlineagitation folgt also weniger einer hierarchischen, organisierten Logik mit dem Ziel einer konkreten Positionsbestimmung. Stattdessen zielt sie auf Affekte und Identifikation ab. Die vielfältige Anschlussfähigkeit an eigene Erfahrungen führt in Kombination mit der netzwerkartigen Struktur der sozialen Medien wiederum zu einer Verbreiterung, Ausdifferenzierung und Transformation antifeministischer Inhalte.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
elibrary.utb.de/doi/abs/10.3224/gender.v15i1.05
Quelle
Meier-Arendt, David (2023). Antifeministische Männlichkeit(en) im Netz: digitale Transformation und technisch vermittelte Agitation. GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft 15 (1), 57–71.
Schnabel, Anette et al. (2022). Die wahrgenommene feministische Bedrohung
Über die Publikation
Der Beitrag ordnet die Ideologie und das Einstellungssyndrom des Antifeminismus in seine historischen, politischen und gesellschaftlichen Kontexte ein und diskutiert die Befunde einer quantitativen Bevölkerungsbefragung zu Themen der Gleichstellungspolitik und -gesetzgebung, der binären Geschlechterordnung, der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in der Familie, Homophobie, Misogynie, autoritären Einstellungen und weiteren sozialpsychologisch relevanten Einstellungskomponenten.
Methode
Für die Bevölkerungsbefragung wurden bereits zwischen August und September 2016 deutschlandweit 1.202 Personen befragt. Es handelte sich um einen Websurvey, der von einem professionellen Online-Panel-Anbieter durchgeführt wurde. Antifeminismus im engeren Sinne wurde in einer Fragenbatterie aus 7 Einzelaussagen erfasst, die in unterschiedlichem Grad abgelehnt oder denen zugestimmt werden konnten. Neben teilweise überraschend hohen Zustimmungswerten werden statistische Analysen präsentiert, die starke Zusammenhänge zwischen den o. g. Einstellungen belegen. Zudem werden multivariate Regressionsmodelle vorgestellt, mit denen der Einfluss soziodemografischer und sozialpsychologischer Faktoren auf das Antwortverhalten der Befragten berechnet wurde.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Autor*innen kommen zu dem Schluss, „dass in Deutschland aktuelle antifeministische Überzeugungen nicht nur in ein umfassendes Einstellungscluster eingebettet sind, das eine konservativ-traditionelle Geschlechterordnung widerspiegelt, sondern sich auch als Reaktion auf als negativ empfundene Folgen des institutionellen und gesamtgesellschaftlichen Wandels verstehen lassen müssen.“ (S. 175) Einen statistisch signifikanten, relativ starken Einfluss auf antifeministische Einstellungen hat u. a. die Soziale Dominanzorientierung, bei der eine Hierarchie zwischen gesellschaftlichen Gruppen präferiert wird.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.ssoar.info/ssoar/handle/document/86521
Quelle
Schnabel, Anette/Beyer, Heiko/Ülpenich Bettina (2022). Die wahrgenommene feministische Bedrohung: Empirische Befunde zum Antifeminismus in Deutschland. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 47, 175–198.
Serrano-Montilla, Celia et al. (2023). Understanding the components and Determinants of Police Attitudes Towards Intervention in Intimate Partner Violence Against Women: A systematic
Über die Publikation
Als erster gesellschaftlicher Ansprechpartner für Betroffene bei Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen (IPVAW) spielen Polizeibeamt*innen eine zentrale Rolle für die Sicherheit der Opfer. In dieser Übersichtsarbeit wurde versucht, die Komponenten der polizeilichen Einstellung zur Intervention bei IPVAW und deren Determinanten zu identifizieren.
Methode
Eingeschlossen in eine systematische Literaturanalyse in mehreren Datenbanken wurden wissenschaftliche Studien, die zwischen 1990 und 2019 auf Englisch oder Spanisch veröffentlicht wurden, die sich auf Polizeibeamt*innen und deren Einstellung zur Intervention bei IPVAW bezogen.
Zentrale Befunde/Aussagen
Es wurden 57 Studien berücksichtigt, deren Ergebnisse zu den Einstellungen der Polizeibeamt*innen und deren Determinanten bei IPVAW in einen theoretischen Rahmen eingeordnet wurden. Das Verständnis für die komplexe Natur des Missbrauchs und für die Intervention bei IPVAW als wichtige Aufgabe der Polizei sowie unterstützende Einstellungen gegenüber dem Rechtssystem und der Gesetzgebung gegen IPVAW sind positive Faktoren für die Bewältigung von IPVAW. Während individuelle und situative Determinanten für die Einstellung der Polizei zur Intervention bei IPVAW in der Forschung sehr präsent sind, scheinen die organisatorischen und gesellschaftlichen Determinanten kaum untersucht zu sein. Die Haupterkenntnisse dieser Studie weisen drauf hin, dass Polizeiausbildungsprogramme sich auf drei Bereiche konzentrieren sollten: Zielgruppen (Polizeianfänger*innen und leitende Polizeibeamt*innen), Inhalte (z. B. ein multidisziplinärer Ansatz für IPVAW) und Unterstützung bei der Ausbildung (z. B. Betroffene oder Vorgesetzte, die über ihre Erfahrungen berichten).
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34259094/
Quelle
Serrano-Montilla/Celia, Lozano/M. Luis, Alonso-Ferres/Maria, Valor-Segura/Inmaculada, Padilla/ Jose-Luis (2023). Understanding the components and Determinants of Police Attitudes Towards Intervention in Intimate Partner Violence Against Women: A systematic Review. Trauma, Violence, & Abuse 2023, Vol. 24(1), 245–260.
Strobl, Natascha (2023). Solidarität
Über die Publikation
Streng genommen ist das aktuelle Buch von Natascha Strobl keine wissenschaftliche Abhandlung zum Thema Solidarität, sondern vielmehr ein Essay: „Es handelt sich beim vorliegenden Buch also nicht um eine methodische Untersuchung des Solidaritätsbegriffs, sondern um eine Anregung zur Debatte, um aus der Hoffnungslosigkeit hinauszukommen“ (S. 10). Strobls Befunde sollen „[…] Mut machen und ein Antidot gegen Fatalismus, Zynismus und Defätismus sein“ (S. 12).
Methode
Im Zentrum des Essays stehen Strobls Überlegungen zum Potenzial eines solidarischen Umgangs mit den multiplen Krisen der heutigen Zeit. Im letzten Kapitel (S. 76ff.) befindet sich eine inspirierende Sammlung kurzer Ausführungen von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und engagierten Personen zum Thema „Solidarität“ und welche Rolle dieser Begriff in der konkreten politischen Praxis spielt.
Zentrale Befunde/Aussagen
Gleich zu Beginn stellt Strobl klar: „Solidarität ist eben nicht Charity, sondern ein eigener Wert, der, nicht zufällig, seinen Ursprung in der organisierten Arbeiter:innenklasse hat“ (S. 11). Es folgt eine Verortung des Solidaritätsbegriffs im Wandel politischer Systeme. Ihr Fokus bleibt der deutschsprachige Raum, auch wenn sie immer wieder Vergleiche zu den politischen Systemen anderer Länder anstellt oder gewisse Parallelen zum radikalisierten Konservativismus in den USA, Österreich oder Großbritannien hervorhebt. Ganz dialektisch wird die autoritäre einer liberalen Krisenbearbeitung gegenübergestellt. Strobl plädiert für einen dritten, inklusiveren Ansatz: die solidarische Krisenbearbeitung, die Solidarität als eine Art einende „Klammer“ (S. 63) begreift. „Es liegt also an den solidarischen Kräften, die sich nicht der Illusion einer Wiederrichtung einer verlorenen Vergangenheit hingeben, aufzuzeigen wie es auch sein könnte. Nämlich eine Zukunft ohne Aussortieren von Menschen und Menschengruppen. Eine Zukunft, die nicht die ‚Überflüssigen‘ einfach entfernen möchte.“ (S. 71). Neben praktischen Analysebrillen, z. B. die Differenzierung zwischen den „Bewahrer:innen“ und den „Überwinder:innen“ (S. 26ff), finden sich im Essay immer wieder gelungene Metaphern, z. B., dass man Ideologie nicht „[...] wie ein Lego-Set zusammenbauen könne“ (S. 46) und prägnante Formulierungen.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.kremayr-scheriau.at/bucher-e-books/titel/solidaritaet/
Quelle
Strobl, Natascha (2023). Solidarität. Wien, Kremayr & Seriau.
Wippermann, Carsten (2022). Sexismus im Alltag. Wahrnehmungen und Haltungen der deutschen Bevölkerung
Über die Publikation
Die Relevanz der Studie ergibt sich für Wippermann aus dem Mangel an belastbaren aktuellen sozialwissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema. Sie soll zum einen als Grundlage für politische Maßnahmen dienen und zum anderen anschließende, umfangreichere Untersuchungen ermöglichen.
Methode
Für die Pilotstudie hat der Autor 6 Gruppenwerkstätten durchgeführt und zudem 2.172 Personen bevölkerungsrepräsentativ befragt. Den Teilnehmenden wurde für die Erhebung keine Definition von Sexismus vorangestellt.
Zentrale Befunde/Aussagen
Der Begriff „Sexismus“ ist fester Bestandteil im deutschen Wortschatz. Er wird als „Sammelbegriff für verschiedene Formen der Übergriffigkeit und Herabwürdigung des anderen Geschlechts“ (S. 8) genutzt und beschreibt eine temporäre Entmenschlichung durch die Objektifizierung des betroffenen Individuums. Die soziale Unerwünschtheit von Sexismus zeigt sich nur in der Oberflächenstruktur, während sich in der Tiefenstruktur eine weniger klare Ablehnung und sehr variierende Auffassung von Sexismus zeigt. Geschlechts- und milieuunabhängig ergab die Studie, dass die Unterscheidung von Flirten und Sexismus vielen Personen schwerfällt. 38 % der Bevölkerung empfinden Alltagssexismus nicht als schlimm, während Sexismus in den Medien von mindestens 61 % der Bevölkerung als schlimm bewertet wird. Das Geschlecht und die Lebenswelt, also das soziale Milieu, spielen eine wichtige Rolle bei der unterschiedlichen Deutung und Wertung von bestimmten Situationen, auch wenn die Menschen denselben Alltag bestreiten. 44 % aller Frauen und 32 % aller Männer haben nach eigenen Angaben selbst sexistische Situationen erlebt, auch wenn die eigentliche Betroffenenzahl aus unterschiedlichen Gründen eher höher anzusetzen ist. Die Betroffenheit lässt sich nicht auf ein bestimmtes Alter oder eine Lebensphase eingrenzen.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle
Wippermann, Carsten (2022). Sexismus im Alltag. Wahrnehmungen und Haltungen der deutschen Bevölkerung. Pilotstudie. München.