Chen, Mel Y. (2023). Differential Being and Emergent Agitation
Über die Publikation
Der Sammelband „Crip Genealogie“ eröffnet neue Perspektiven auf Disability Studies, indem er transnational-feministische Perspektiven, queere Menschen of Color sowie trans* Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen in den Mittelpunkt stellt.
Methode
Im Beitrag „Differential Being and Emergent Agitation“ setzt Chen die Besucher*innen der Queensland State Library auf einer genealogischen Entdeckungsreise ins Verhältnis zu dort präsentierten Ausstellung „Black Opium“ der indigenen Künstler*in Fiona Foley. Dabei versucht Chen, im Anschluss an Harney und Motens (2013) „undercommons“, insbesondere zeitliche, aber auch rassistische Spuren und Leben zu verstehen, die der weißen abled-bodied akademischen Perspektive zuwiderlaufen oder entkommen.
Zentrale Befunde/Aussagen
Institutionalisierte Wissenschaft unterdrückt und reguliert als „langsam“ markierte Körper, sodass diese als universitär ungeeignet erscheinen. Die architektonischen Gegebenheiten der Dauerausstellung „Black Opium“ einer universitären Bibliothek in Brisbane eröffnen einen Ort der Erholung und bringen die Studierenden mit Australiens Geschichte zusammen. Chen zieht hier eine Parallele zwischen dem Gebrauch von Opium der australischen Regierung zur Beherrschung und Unterwerfung der indigenen Bevölkerung und als „langsamen“ markierten Menschen und zeigt, dass widerständige Praktiken die Körper-Geist-Teilung überwinden und sich gegen die unterdrückenden Kräfte der wissenschaftlichen und medizinischen Institutionen zur Wehr setzen können.
Quelle
https://www.researchgate.net/publication/369880085_Differential_Being_and_Emergent_Agitation
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Chen, Mel Y. (2023). Differential Being and Emergent Agitation. In: Mel Y. Chen/Alison Kafer/Eunjung Kim/Julie Avril Minich (Hg.). Crip genealogies. Durham, Duke University Press, 297–317.
Dieckmann, Janine/Hartung, Franziska/Piening, Marie-Theres/Lindner, Clemens (2021). positive stimmen 2.0. Mit HIV leben, Diskriminierung abbauen. Ergebnisse eines partizipativen Forschungsprojekts zum Leben mit HIV in Deutschland
Über die Publikation
In dem Forschungsbericht werden die Ergebnisse der vom IDZ und der Deutschen Aidshilfe gemeinsam durchgeführten zweiteiligen Studie „positive Stimmen 2.0“ zur Stigmatisierung von mit HIV infizierten Menschen in Deutschland vorgestellt. Ziel der Studie war es, die Struktur der Diskriminierung von HIV-positiven Menschen zu erfassen, die Betroffenen zu empowern und basierend auf den Ergebnissen Forderungen und Handlungsempfehlungen an politische Entscheidungsträger*innen zu formulieren.
Methode
„Das Projekt setzt sich aus zwei Modulstudien zusammen. Dabei ist Modulstudie A die zweite Erhebung des international standardisierten ‚People living with HIV‘ (PLHIV) Stigma-Index in Deutschland, welcher bereits vor 10 Jahren zum ersten Mal in Deutschland erhoben wurde. [...] Modulstudie B [ist eine] Mixed-Methods-Studie bestehend aus einer Online-Befragung und ergänzenden Fokusgruppen.“ (S. 12)
Zentrale Befunde/Aussagen
„Die wissenschaftlichen Ergebnisse der beiden Modulstudien […] zeigen, dass auch 2020 Menschen mit HIV in Deutschland beständig HIV-bezogene Stigmatisierung und Diskriminierung erfahren – auf unterschiedlichen Ebenen und in vielen Lebensbereichen. Es lässt sich festhalten, dass die Diskriminierung im Gesundheitswesen dabei eines der prägnantesten Themen im Leben von Menschen mit HIV bleibt. [...] Bezogen auf Diskriminierungserfahrungen generell weisen die Befunde darauf hin, dass Menschen mit HIV, die häufig von HIV-bezogener Diskriminierung betroffen sind, eher eine niedrigere Lebensqualität, einen schlechteren Gesundheitszustand und häufiger psychosomatische Beschwerden wahrnehmen[.] “ (S. 236)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://www.idz-jena.de/forschung/positive-stimmen-20
Quelle
Dieckmann, Janine/Hartung, Franziska/Piening, Marie-Theres/Lindner, Clemens (2021). positive stimmen 2.0. Mit HIV leben, Diskriminierung abbauen. Ergebnisse eines partizipativen Forschungsprojekts zum Leben mit HIV in Deutschland. Berlin, Deutsche Aidshilfe e. V.
Fings, Karola (Hg.) (2024). Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa
Über die Publikation
Die „Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Überblick über das Wissen zur Verfolgung und Ermordung der Sinti*ze und Rom*nja während Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg zu liefern. Obwohl Hunderttausende Sinti*ze und Rom*nja während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden, erfuhr dieses Verbrechen nach 1945 kaum öffentliche Aufmerksamkeit und wurde erst nach langjährigem Engagement der Selbstorganisationen offiziell anerkannt. Mit der Enzyklopädie, die seit Juli 2020 an der Forschungsstelle Antiziganismus am Historischen Seminar der Universität Heidelberg entsteht, soll das Ausmaß des Völkermordes sichtbar gemacht werden. Momentan ist die Enzyklopädie online verfügbar und soll bis 2025 auf 1000 Beiträge auf Englisch sowie Deutsch heranwachsen.
Methode
Das komplexe Vorhaben führte bisher zur Mitwirkung von mehr als 90 Autor*innen aus 25 Ländern (Stand: März 2024). „Die Beiträge über die Geschichte und die Nachwirkungen des Völkermordes, der auch als „Holocaust an den Sinti und Roma“ bezeichnet wird, werden laufend aktualisiert und erweitert“ (Fings 2024). Dabei stellt die Die Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa ein Werk des kollektiven Wissens dar, „das dieses kollektive Wissen stetig kritisch ergänzen, erweitern und vertiefen möchte“ (Fings 2024).
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Enzyklopädie hat verschiedene Tools entwickelt, um online nach spezifischen Ereignissen des NS-Völkermordes zu suchen. Besucher*innen der Website können „A bis Z durchsuchen, über Rubriken thematische Schwerpunkte erschließen, oder Orte, Personen, Schlagworte und Autor:innen über den Index finden. Eine Chronologie enthält die wichtigsten mit dem Völkermord verbundenen Ereignisse. Zusätzlich veranschaulichen Fotografien und Karten die Dimensionen der Verfolgung und Ermordung der Sinti:ze und Rom:nja in Europa.“
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle
Fings, Karola (Hg.) (2024). Enzyklopädie des NS-Völkermordes an den Sinti und Roma in Europa. Forschungsstelle Antiziganismus am Historischen Seminar der Universität Heidelberg.
Glade, Nadine/Schnell, Christiane (Hg.). (2023). Perfekte Körper, perfektes Leben?
Über die Publikation
Der Sammelband widmet sich der Frage was ein – im kapitalistischen Sinne – möglichst produktives und selbstoptimiertes Leben für all jene bedeutet, die diesem Ideal nicht genügen können oder wollen. In elf Beiträgen wird die Verzahnung von Geschlecht, Körper und Behinderung und das „Schrauben“ am eigenen Selbst in verschiedenen Lebensbereichen analysiert, angefangen bei Sport und Ernährung über soziale Beziehungen bis hin zu technischen Eingriffen im oder am Körper.
Methode
Der aus einer Ringvorlesung hervorgegangene Band bietet neben wissenschaftlichen Analysen und empirischen Befunden persönliche Erfahrungsberichte sowie essayistische und künstlerische Ansätze zum Umgang mit Schönheitsidealen und Körpernormen.
Zentrale Befunde/Aussagen
Es wird auf zentrale Befunde der beiden Beiträge von Spiel und Puschke verwiesen, die explizit ableistische Optimierungstendenzen aufdecken und analysieren. Spiel argumentiert, dass assistive Technologien in erster Linie der möglichst unauffälligen „Korrektur“ und Normangleichung dienen und damit Behinderungen erst recht als Defizit konstruiert wird. Dabei verkennen sie technische Potenziale, die über die Normweltvorstellungen hinausgehen. Spiel plädiert für die Einbindung von Menschen mit Behinderung in die Technologieentwicklung. „Technologien müssen so geschaffen sein, dass sie das ‚Leben‘ mit einer Behinderung zelebrieren und unterstützten. Dabei geht es nicht darum abzuerkennen, dass behinderte Körper nicht auch als schmerzhaft, einschränkend oder behindernd wahrgenommen werden können.“ (S. 74) Dieses „partizipatives Design“ ist als eine Form von Agency zu verstehen. Puschke kritisiert die Eintönigkeit von Ersatztechnologien, die zudem häufig als schmerzhaft und „behindernd“ erlebt werden. Ihr Text liefert eine informative historische Rückschau der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung von Menschen mit Beeinträchtigung, die eng mit anderen Protest- und Emanzipationsbewegungen der 68er-Jahre verknüpft ist.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://www.transcript-verlag.de/media/pdf/f8/37/23/oa9783839462256u49SthiLT3wKm.pdf
Quelle
Glade, Nadine/Schnell, Christiane (Hg.) (2023). Perfekte Körper, perfektes Leben? Selbstoptimierung aus der Perspektive von Geschlecht und Behinderung. Bielefeld, transcript.
Macdonald, Stephen J./Donovan, Catherine/Clayton, John (2021). ‚I may be left with no choice but to end my torment‘: disability and intersectionalities of hate crime
Über die Publikation
Ziel der Studie ist es, die Erfahrungen mit gemeldeten Hassverbrechen/Vorfällen mit der Konzeptualisierung von Hassbeziehungen zu analysieren. Dabei werden Hassverbrechen als fortlaufende Beziehungen zwischen dem Täter und dem Opfer verstanden, die aus mehreren hassmotivierten Vorfällen bestehen.
Methode
Aus dem Archiv einer Organisation für die Unterstützung von Opfern von Hassverbrechen im Nordosten Englands wurden 33 Fallstudien aus den Jahren 2017–2019 für die Analyse ausgewählt. Die Vorfälle wurden als „rassistisch“ oder „rassistisch und religiös“ motivierte Vorfälle/Kriminalität erfasst und betrafen Personen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung. Die themenbezogene Analyse wurde mit der Software zur qualitativen Datenanalyse „NVivo“ durchgeführt.
Zentrale Befunde/Aussagen
Aus der thematischen Analyse dieser 33 Fallstudien ergaben sich drei Hauptthemen: Behinderung als versteckter Faktor bei der Erfassung von Hassdelikten (1), Hass als langfristige Beziehung (2) und die Auswirkungen von Hassvorfällen auf die Gesundheit (3). Die Ergebnisse zeigen, dass die Definition von Hasskriminalität als rassistisch, homophob oder transphob motivierte Straftat häufig die Tatsache verschleiert, dass viele dieser Opfer auch Menschen mit Behinderungen sind. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es sich bei Hasskriminalität häufig nicht um ein einmaliges Ereignis handelt, sondern um eine Anhäufung von Hassvorfällen, die kumulative negative Auswirkungen haben und über einen längeren Zeitraum zu schwereren Straftaten eskalieren können. Die Autor*innen schlagen daher vor, dass Sozialdienste und Strafverfolgungsbehörden bei der Entwicklung wirksamer Interventionen gegen Hasskriminalität die Hassbeziehung zwischen Täter*innen und Opfer(n) im Laufe der Zeit berücksichtigen sollten.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle
Macdonald, Stephen J./Donovan, Catherine/Clayton John (2021). ‚I may be left with no choice but to end my torment‘: disability and intersectionalities of hate crime. Disability & Society 38, 127–147.
Ross, Friso/Rund, Mario/Steinhaußen, Jan (2019). Alternde Gesellschaften gerecht gestalten: Stichwörter für die partizipative Praxis
Über die Publikation
Das übergeordnete Thema des Älterwerdens ist in ein breites Spektrum an Unterthemen wie „Bildung und Kultur“, „Demokratie“, „Gemeinwesen und Engagement“, „Gesundheit und Pflege“, „Kommunen“, „Kommunikation und Medien“, „Migration“, „Mobilität“, „Regionalentwicklung“, „Religion“, „Sozialpolitik“, „Stadtentwicklung“, „Vorsorge und Lebensende“ und „Wohnen“ eingebettet.
Methode
Die 35 Beiträge bedienen sich div. methodischen Herangehensweisen und „befassen sich [...] aus unterschiedlichen fachlichen, institutionellen und zivilgesellschaftlichen Perspektiven mit konkreten Problemstellungen der Gegenwart oder sie setzen sich mit abzeichnenden Tendenzen auseinander“ (S. 10).
Zentrale Befunde/Aussagen
„Die meisten Regionen in Europa stehen angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen Wandlungsprozesse vor großen Herausforderungen. Denn die Tendenz zur Alterung wird von bestehenden und neuen sozialen Verwerfungen überlagert. So steigt etwa der Anteil von Menschen mit geringem Einkommen, mit Migrationsgeschichte, mit Behinderung, mit einem hohen Lebensalter oder in Einpersonenhaushalten nicht nur; diese und andere Gruppen sind zunehmend von gesellschaftlichen Ausschließungen betroffen. “ (S. 9) Umso relevanter ist demnach die vielfältige Auseinandersetzung mit der Komplexität von Alterung. „Die meisten Beiträge beschrieben zunächst Herausforderungen oder benennen Bedarfslagen, die für die partizipative Praxis relevant sind. Anschließend werden in den Beiträgen geeignete Bewältigungsstrategien in Gestalt von Prozessen, Modellen oder Projekten dargestellt oder Vorschläge für eine partizipative Praxis formuliert.“ (S. 10) Nach dem Verständnis der Herausgeber*innen geht Partizipation über individuelle Beteiligung hinaus und wird viel mehr als gesamtgesellschaftliche Praxis der Möglichmachung von Mitbestimmung und Mitgestaltung begriffen. Der Sammelband sensibilisiert dafür, dass gesellschaftlicher Exklusion im Alter entgegengewirkt werden muss. Im Rahmen dessen werden neue partizipative Prozesse vorgestellt und eingefordert.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://www.jstor.org/stable/j.ctvbkk46v
Quelle
Ross, Friso/Rund, Mario/Steinhaußen, Jan (Hg.). (2019). Alternde Gesellschaften gerecht gestalten: Stichwörter für die partizipative Praxis. Opladen, Berlin, Toronto, Verlag Babara Budrich.
Schomerus, Georg/Spahlholz, Jenny/Speerfock, Sven (2023). Die Einstellung der deutschen Bevölkerung zu psychischen Störungen
Über die Publikation
Im Artikel wird die Entwicklung der Einstellungen zu psychischen Krankheiten in Deutschland skizziert. Dazu werden insbesondere Befunde aus der „Deutschen Langzeitstudie zum Stigma psychischer Krankheit“ herangezogen – mit Fokus auf die Einstellungsentwicklung bezüglich Depression, Schizophrenie und Suchterkrankungen in Deutschland sowie ihrer Behandlungsmöglichkeiten.
Methode
Die repräsentativen Erhebungen der quantitativen deutschen Langzeitstudie fanden 1990, 2011 und 2020 statt. Dabei wurden die Befragten mittels Fragebogeninterviews zu gleichbleibenden Fallbeschreibungen, bestehend aus Symptomen und aktueller Situation unter Absehen von Diagnosen, auf ihre Einstellungen und ihre Handlungsempfehlungen befragt.
Zentrale Befunde/Aussagen
Die Einstellungen in der Allgemeinbevölkerung unterliegen einer deutlichen Dynamik. Unter dem Schlagwort „Mental Health“ ist seit den 1990er-Jahren ein Trend zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen zu verzeichnen. Dieses Bild differenziert sich jedoch in der gesonderten Betrachtung von Depression, Schizophrenie und Suchterkrankungen: Während Depressionen – besonders seit der Pandemie – häufiger angesprochen werden und eine größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit erfahren, ist bei schweren – etwa schizophrenen – Erkrankungen ein umgekehrter Trend zur verstärkten De-Thematisierung und Stigmatisierung festzustellen. Auch Suchterkrankungen unterliegen einem fortgesetzten Stigma. Während professionelle Behandlungsangebote von Psycholog*innen und Psychiater*innen verstärkt empfohlen werden, geht die Akzeptanz anderer Berufsgruppen, insbesondere von Seelsorger*innen, in diesem Feld zurück. Depressionen werden stärker in einem Kontinuum mit dem eigenen Erleben eingeordnet, während Schizophrenie als fremd wahrgenommen wird. Eine mögliche Ursache dieser Dynamiken ist die Fokussierung auf eigene Belastung und Überlastung, aufgrund derer Menschen mit schweren psychischen Krankheiten aus dem Blick geraten.
Die vollständige Publikation finden sie hier:
https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-023-03679-3
Quelle
Schomerus, Georg/Spahlholz, Jenny/Speerfock, Sven (2023). Die Einstellung der deutschen Bevölkerung zu psychischen Störungen. Bundesgesundheitsblatt 66, 416–422.
Walgenbach, Katharina (2023). Digitaler Ableismus im Feld der Bildung
Über die Publikation
Wenngleich die Nutzung digitaler Räume zunehmend an Bedeutung gewinnt, beschäftigen sich gegenwärtige Diskurse weithin mit der Barrierefreiheit physischer Räume. Katharina Walgenbachs Aufsatz gelingt es, das Blickfeld in Bezug auf das Feld der Bildung zu erweitern. Voraussetzungsvolle Zugänge zu Bildungsangeboten in digitalen Räumen verwehren den Zugriff auf Inhalte, führen zu Exklusion und drücken sich Betroffenen gegenüber diskriminierend aus.
Methode
Literaturbasiert werden zunächst klassische Werke der Bildungsungleichheitsforschung aufgegriffen und darauffolgend mithilfe aktueller Publikationen auf den digitalen Raum erweitert. Auf Grundlage dessen werden sechs Thesen entwickelt, die mithilfe des Analysebegriffs des „Digitalen Ableismus“ eine Perspektiverweiterung ermöglichen.
Zentrale Befunde/Aussagen
Auf Basis des diskursiven Vergleichs zwischen den Konzepten des individualisierten Retrofit Approach und des inklusiven Universal Design Approach wurden folgende Thesen, „die zu einem profunderen Verständnis der Formen, Handlungsschemata und Effekte eines Digitalen Ableismus im Feld der Bildung beitragen sollen“ (S. 14), entwickelt: 1. „Kalibrierung auf eine als homogen gedachte Nutzer*innengruppe“ (S. 14), 2. „Einseitige Präferenzsetzung und Hierarchisierung von Fähigkeiten in Digitalisierungsprozessen“ (S. 15), 3. „Favorisierung eines ‚fähigen‘ digitalen Habitus“ (S. 16), 4. „Delegation von Verantwortung für digitale Zugänglichkeit an das Individuum“ (S. 17), 5. „Zeitliche und räumliche Formen des Digitalen Ableismus: verzögert, befristet, segregierend“ (S. 18) und 6. „Produktion von Ausschlüssen und digitaler Ungleichheit“ (S. 19). Aus den Thesen geht ein Verständnis von Ableismus hervor, das auf Macht und Herrschaft basiert sowie „ein System von Relationen zwischen objektiven sozialen Strukturen, symbolischen Formen und inkorporierten Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata“ (S. 20) darstellt.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
https://www.medienpaed.com/article/view/1754/1304
Quelle
Walgenbach, Katharina (2023). Digitaler Ableismus im Feld der Bildung. MedienPädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 20 (Jahrbuch Medienpädagogik), 1–26.
Wechuli, Yvonne (2023). Zwischen Cripping und Reclaiming. Wie die Disability Studies strategisch mit Gefühlen umgehen
Über die Publikation
In dem Artikel werden verschiedene strategische Umgangsweisen mit Gefühlen, die innerhalb der Disability Studies propagiert werden, diskutiert. Es liegt die Annahme zugrunde, dass „Gefühle, Affekt[e] und Emotionen Prozesse der Inklusion und Exklusion bedeutend beeinflussen“ (S. 7) und dadurch das Potenzial haben, Gesellschaft zu verändern. Cripping, Disability Pride und Reclaiming werden als Konzepte zum emotionalen Umgang mit Behinderung vorgestellt. Bei Cripping bzw. Disability Pride geht es um die Umwandlung negativer Emotionen in Stolz. Die Strategie des Reclaimings meint die Beanspruchung unangenehmer Gefühle für sich selbst.
Methode
Die verschiedenen Fühlstrategien werden in dem Artikel vorgestellt und kritisch hinterfragt. Außerdem werden sie einander gegenübergestellt, um ihre Komplementarität herauszustellen.
Zentrale Befunde
„Insbesondere Cripping, aber auch Disability Pride ist vorgeworfen worden, ein elitäres Unterfangen zu verfolgen, welches im besten Falle irrelevant für und im schlimmsten Falle inkompatibel mit den gelebten Erfahrungen behinderter Menschen ist. Von Reclaiming wird dagegen befürchtet, einer Medikalisierung der Gefühle behinderter Menschen in die Hände zu spielen. Beide Fühlstrategien stellen sich als voraussetzungsvoll heraus. Mindestens ist Reclaiming auf Schutzräume angewiesen und Cripping auf einen sensiblen Umgang mit Privilegien und Ungleichheit.“ (S. 7) Der Autorin folgend braucht es dennoch beide Strategien im gesellschaftlichen Umgang mit Behinderung sowie die Erkenntnis, „dass beide nur für eine relativ privilegierte Minderheit behinderter Menschen im Alltag zugänglich, umsetzbar oder gar relevant sind“ (S. 7). Nicht nur physische Barrieren werden durch gesellschaftliche Unterdrückungsverhältnisse geschaffen, auch emotionale Konsequenzen sind in ihnen begründet. Menschen mit Behinderung sind in einer ableistischen Gesellschaft negativen Gefühlen ausgesetzt, die sie tagtäglich navigieren (müssen).
Die vollständige Publikation finden sie hier:
https://edudoc.ch/record/232888?v=pdf
Quelle
Wechuli, Yvonne (2023). Zwischen Cripping und Reclaiming. Wie die Disability Studies strategisch mit Gefühlen umgehen. Zeitschrift für Disability Studies 1/2023, 1–12.
Zeitschrift für Disability Studies (ZDS)
Über die Publikation
Mit der ZDS gibt es im deutschsprachigen Raum die erste wissenschaftliche Zeitschrift für Disability Studies. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur strukturellen Etablierung, Sichtbarkeit und Weiterentwicklung des Forschungsfeldes der kritischen Behinderungsforschung, bringt Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen in Austausch und intensiviert den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Aktivismus. „Die ZDS orientiert sich an den Prinzipien der Disability Studies: d. h. zuallererst, dass Behinderung nicht als individuelles Merkmal von Individuen, sondern als kultur- und kontextabhängiges gesellschaftliches Konstrukt verstanden wird.“ (Homepage der Zeitschrift/Über die Zeitschrift)
Zweimal im Jahr erscheint sie online und vereint wissenschaftliche Beiträge der Disability Studies. Alle Artikel durchlaufen eine Begutachtung durch unabhängige Wissenschaftler*innen. Jede Ausgabe enthält Fachbeiträge, Debattenbeiträge, Rezensionen sowie ein Kunstwerk der Disability Arts.
Die bisherigen Schwerpunkte der ZDS
- Utopien und Dystopien – Ein Disability Studies Blick nach vorn (Ausgabe 1/2021)
- Abseits und Jenseits des Sozialen Modells – Neuer Realismus und Phänomenologie der Behinderung (Ausgabe 1/2022)
- Abseits und Jenseits des Sozialen Modells – Behinderung in der Pädagogik (Ausgabe 2/2022)
- Körper-Konzepte, Relationen & gesellschaftliche Verhältnisse (Ausgabe 1/2023)
- Von der Behindertenbewegung zu den Disability Studies (Ausgabe 2/2023)
- Kulturen der Behinderung – Zwischen behindertem Alltag und Crip Culture (Ausgabe 1/2024)
Herausgeber*innen und Beirat
Herausgeber*innen sind: Ass.-Prof. Dr. Julia Biermann (Universität Innsbruck), David Brehme (HU Berlin), Dr. Mai-Anh Boger (Universität Regensburg), Dr. Petra Fuchs (im Ruhestand), Prof. Dr. Swantje Köbsell (Alice-Salomon-Hochschule). Dr. Rebecca Maskos (Universität Bremen, ab Juli 2024 Alice Salomon Hochschule), Prof. Dr. Lisa Pfahl (Universität Innsbruck)
Der Beirat der Zeitschrift besteht aus renommierten Wissenschaftler*innen der Disability Studies, alle Beiratsmitglieder finden sich hier: https://zds-online.org/beirat/
Homepage der Zeitschrift