In der Justiz haben wir eine Organisationsstruktur, die den Bereich der politischen Straftaten besonders berücksichtigt und die sich bewährt hat. Alle vier Thüringer Staatsanwaltschaften haben Sonderdezernate eingerichtet, die Ermittlungsverfahren bearbeiten, die Straftaten gegen Amts- und Mandatsträgern betreffen. Dort gehen von vornherein Spezialist*innen an die Fälle heran. Zudem garantiert die dezentrale Organisation, also die Verteilung auf alle vier Landgerichtsbezirke, einen kurzen Draht zu den örtlichen Polizeibehörden, Versammlungsbehörden und sonstigen Verfahrensbeteiligten. Darüber hinaus sind bei der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft zwei Dezernenten zuständig für politisch motivierte Straftaten und Verfahren mit politischem Bezug bzw. für die „Koordinierungsstelle Hasskriminalität im Internet“. Diese fungiert bei einschlägigen Ermittlungsverfahren als zentrale Ansprechpartnerin für andere Beteiligte. Sie trägt zudem Sorge für eine einheitliche Verfolgung, koordiniert die Zusammenarbeit und fördert die Bildung etwaiger Sammelverfahren. All das trägt dazu bei, dass Verfahren im Bereich der Justiz qualifiziert und zügig geführt werden können. Das entspricht unserem Ansatz, möglichst schnell und konsequent mit Täter*innen umzugehen.
Oft steht in diesem Zusammenhang die Forderung nach sogenannten beschleunigten Verfahren im Raum. Natürlich prüfen die Sonderdezernate, ob sie in Einzelfällen einen entsprechenden Antrag bei Gericht stellen können. Allerdings zeigt sich immer wieder, dass sich viele Fälle nicht für beschleunigte Verfahren eignen. Denn deren Voraussetzung ist, dass der jeweilige Sachverhalt einfach und die Beweislage klar ist. Auch der Ruf nach Verschärfungen von Gesetzen ist häufiger zu hören. Ich meine jedoch, dass die vorhandenen Gesetze ausreichend sind. Wir haben eine Fülle von Straftatbeständen, die Bedrohung, Beleidigung, Nötigung bis hin zu Volksverhetzung oder Holocaustleugnung abdecken. Strafverschärfungen werden so gern gefordert, weil sie nichts kosten. Tatsächlich bringen sie wenig. Kaum jemand lässt sich durch einen erhöhten Strafrahmen von seiner Tat abbringen. Was tatsächlich etwas bringt, ist mehr Personal. Aber das ist kostenintensiv. Hier kann der Haushaltsgesetzgeber nicht aus der Pflicht entlassen werden. Er muss dafür sorgen, dass die notwendigen Strukturen den Anforderungen entsprechend ausgestattet sind. Dann können Verfahren im Bereich der Justiz noch schneller durchgeführt werden.
Es ist aber auch zu betonen, dass es, wenn die Justiz eingreifen muss, schon zu spät ist. Die Straftat ist dann bereits geschehen. Die Betroffenen waren einer Beleidigung, einer Drohung oder gar Gewalt ausgesetzt. Das Resultat sind psychische Belastungen, Angst, Verletzungen. Und während über die Vorfälle vielleicht in den Medien berichtet und das Strafverfahren gegen die Verantwortlichen mit Interesse verfolgt wird, bleiben die Opfer mit ihren Erfahrungen und Fragen zu oft allein. Wir wissen, auch dank der Zahlen des IDZ, dass sich viele Betroffene mehr Beratungsangebote und Ansprechpersonen für juristische Fragen wünschen. Sie erwarten Unterstützung, Austausch, Weiterbildungsangebote oder auch Sicherheitsschulungen. Ich stimme zu, dass Handlungsbedarf besteht. Daher wurde der Austausch mit dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales initiiert.
Was die Justiz betrifft, so kann ich Ihnen versichern, dass die Staatsanwaltschaften mutmaßliche Straftäter*innen mit allen Mitteln des Rechtsstaates verfolgen und sie die Konsequenzen ihres Verhaltens spüren lassen wird. Der Schwerpunkt des Handelns liegt indes im Bereich der Prävention. Hier gibt es viel zu tun! Um weitere Ansätze zur Stärkung der Sicherheit geht es in dieser Ausgabe der Schriftenreihe. Ich wünsche Ihnen eine informationsreiche Lektüre.