Bereich Vielfalt, Engagement und Diskriminierung
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2021): Das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie. Erfahrungen, Sorgen, Bedarfe
Über die Publikation
„Als Forschungsverbund haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die wissenschaftliche Befragung und Auswertung auch als Sprachrohr zu nutzen und [...] [m]ehr noch sollte darüber aufgeklärt werden, wie die Rechte junger Menschen in dieser Phase anerkannt und realisiert werden.“ (S. 12)
Methode
In der JuCo I – Studie wurden im April/Mai 2020 über 5.000 Jugendliche zwischen 15 und 30 Jahren online befragt. Die Fragen/Skalen stützten sich auf bewährte Studien. JuCo II fand im November 2020 mit über 7.000 Jugendlichen online mit einem in vielen Fragen identischen Fragebogen statt.
Zentrale Befunde/Aussagen
„Während in der JuCo I-Studie im Frühjahr 2020 noch der Eindruck entstehen konnte, die Corona-Pandemie würde eine Episode im Alltagsleben sein, hat sich inzwischen gezeigt, dass sie sich im Alltag verankert und das Jugendleben verändert hat. Sie trifft dabei vor allem diejenigen jungen Menschen in besonderer Härte, die auch vorher schon sozial benachteiligt waren und über weniger soziale Ressourcen verfügen. Zudem spüren die meisten jungen Menschen die Pandemie im täglichen Leben und erleben ihre Jugend ganz anders als vorher. Trotzdem wäre es ein falsches Signal, jetzt von der ‚Generation Corona‘ zu sprechen. Dies erweckt den Eindruck als wären die gesellschaftlichen Folgen für junge Menschen unabänderlich – doch liegt es auch an den gesellschaftlichen Entscheidungsträger:innen, wie die Bewältigung der Pandemie gelingt und alle Generationen an diesem Prozess mitwirken und ihre Interessen zur Geltung kommen.“ (S. 41) „Gleichzeitig wird aber deutlich, dass sich die jungen Menschen übergangen und kaum gehört fühlen. Sie haben ein Recht auf altersgerechte Informationen und Beteiligung – sie haben nicht gemerkt, dass dieses Recht während der Corona-Pandemie aktiv verwirklicht wird.“ (S. 41f.)
Die vollständige Publikation finden Sie hier
www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Familie_und_Bildung/Studie_WB_Das_Leben_von_jungen_Menschen_in_der_Corona-Pandemie_2021.pdf.
Quelle:
Bertelsmann Stiftung [Hrsg.] (2021): Das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie. Erfahrungen, Sorgen, Bedarfe. Bertelsmann Stiftung: Gütersloh.
Torsten Brand et al. (2020): Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland 2020
Über die Publikation
„Die vorliegende Studie zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland war bereits vor über einem Jahr geplant. Sie setzt eine Reihe von Untersuchungen zur Qualität des gemeinschaftlichen Miteinanders in Deutschland fort, die im Jahr 2014 begonnen und 2017 fortgesetzt wurde.“ (S. 11) „Angesichts der dramatischen Entwicklungen, die sich seit dem Ausbruch des neuartigen Corona-Virus ergeben haben, wurde das Forschungsziel erweitert und das Design der Studie angepasst […], um die Veränderungen im ersten Halbjahr dieses Jahres ebenfalls mit in den Blick nehmen zu können.“ (S.7)
Methode
„Empirische Grundlage der Studie ist eine repräsentative telefonische Befragung, die im Jahr 2020 zweistufig in einem Längsschnittdesign erfolgte. Hierfür wurden zunächst in der ersten Welle vom 5. Februar bis 28. März 3.010 Personen ab 16 Jahren befragt. In einer zweiten Welle wurden vom 27. Mai bis 9. Juni 1.000 Personen, die bereits an der ersten Welle teilgenommen hatten, erneut befragt.“ (S.8)
Zentrale Befunde/Aussagen
„In den drei Jahren seit der letzten Erhebung hat sich der Gesamtindex für gesellschaftlichen Zusammenhalt in ganz Deutschland nur minimal verändert. [...] Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ein vergleichsweise beharrliches Phänomen, das nur sehr moderate Verschiebungen aufweist.“ (S. 8) „Die Ergebnisse aus der zweiten Welle zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie fügen sich in dieses Gesamtbild ein. Der stabile und durchaus starke Zusammenhalt hat sich in der Krise bewährt. Die meisten von uns befragten Personen sind im Mai und Juni sogar positiver gestimmt als Anfang des Jahres. Ihre direkte Bewertung des Zusammenhalts fällt zuversichtlicher aus. Dennoch zeigen sich auch hier die Differenzierungen, die bereits vor der Krise wirksam waren. Abhängig von der sozialen Lage fällt die Betroffenheit von der Krise unterschiedlich aus. Wer vorher ökonomisch schlechtergestellt war oder sich in prekären Lebenslagen befand, hat auch in der Corona-Zeit größere Lasten zu tragen, sowohl was die objektive Betroffenheit angeht als auch die subjektiv empfundenen Sorgen.“ (S.77)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
Quelle:
Brand, Torsten/Follmer, Robert/Unzicker, Kai (2020): Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland 2020. Eine Herausforderung für uns alle. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsstudie. Bertelsmann Stiftung: Gütersloh.
Amanuel Elias et al. (2021): Racism and nationalism during and beyond the COVID-19 pandemic
Über die Publikation
„In this article, we argue that an environment of populism, resurgent ethno-nationalism, and retreating internationalism has been a key contributor to the flare-up in racism during the COVID-19 pandemic. [...] we contextualize racism, xenophobia and race relations in the wake of COVID-19. We then consider what racism, xenophobia, and nationalism may look like in a post-outbreak world. Finally, we conclude with suggestions for tackling COVID-19-racism at the national level and consider implications for social policy affecting intercultural relations and social justice.“ (S. 2f.)
Methode:
Es handelt sich um eine theoretische Arbeit, die in erster Linie den aktuellen Forschungsstand zusammenfasst.
Zentrale Befunde/Aussagen
Covid-19 hat weltweit zum Erstarken von – allen voran, aber nicht nur, anti-asiatischem und anti-chinesischem – Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus beigetragen indem die Krise einerseits bereits existierende soziale Polarisierungen und ideologische Differenzen weiter verschärfte, während andererseits Nationalstaaten dazu gezwungen wurden ihre Grenzen zu schließen, sich de facto zu isolieren und aufs Lokale zu beschränken und somit internationale Zusammenarbeit und Koordinierungen zurückgingen. Gleichzeitig wurde an den Black Lives Matter Protesten deutlich, dass sich auch anti-rassistische Gegenproteste intensivierten – und dass dieser Protest nicht nur vonseiten der Betroffenen ausgeht. Wichtig für das Verständnis des „COVID-Rassismus“ (S. 8) ist, dass dieser „should not be viewed from an interpersonal ethno-cultural relations perspective alone. Equally, and perhaps more consequential is the systemic discrimination and socio-economic injustice that is exacerbating the disproportionate adverse outcomes for racialized ethnic minority groups. While the rise in racism and xenophobia have affected these groups, racism at policy, institutional and societal levels have also been exposed during the progression of the pandemic.“ (Ebd.) COVID-Rassismus, so die Autor*innen, ist als eine strukturelle Verschränkung von Rassismus, Kapitalismus und Nationalismus zu analysieren.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
www.tandfonline.com/doi/pdf/10.1080/01419870.2020.1851382
Quelle:
Elias, Amanuel/Ben, Jehonathan/Mansouri, Fethi/Paradies, Yin (2020): Racism and nationalism during and beyond the COVID-19 pandemic. In: Ethnic and Racial Studies, 4, Heft 5, S. 1–11.
Angela R. Gover et al. (2020): Anti-Asian Hate Crime During the COVID-19 Pandemic: Exploring the Reproduction of Inequality
Über die Publikation
Dieses Manuskript beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Vorurteile und Hasskriminalität gegenüber „asiatisch“ gelesenen Menschen in den USA. In historischer Perspektive wird dabei beschrieben, wie die „Veranderung“ (das Othering) von asiatischen US-Amerikaner*innen mit deren Abwertung bis hin zu gewaltförmiger Hasskriminalität zusammenhängt, welche aktuell unter Pandemiebedingungen besonders virulent sind.
Methode
Literaturrecherche und Analyse historischer Dokumente sowie Bezug auf US-amerikanische staatliche Statistiken zur anti-asiatischen Hasskriminalität
Zentrale Befunde/Aussagen
Als sich COVID-19 in den Vereinigten Staaten ausbreitete, meldeten asiatische Amerikaner*innen einen Anstieg rassistisch motivierter Hassverbrechen, einhergehend mit körperlicher Gewalt und Belästigung. Im Laufe der Geschichte wurden in den USA pandemiebedingte Gesundheitskrisen mit der Stigmatisierung und dem „Othering“ von Menschen asiatischer Abstammung in Verbindung gebracht. Seitdem sie in den späten 1700er-Jahren nach Amerika kamen, bis zum heutigen Tag, haben asiatische US-Amerikaner*innen verbale und physische Gewalt erlebt, die durch Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf individueller Ebene motiviert war. Auf institutioneller Ebene hat der US-amerikanische Staat diese Gewalt durch bigotte Rhetorik und eine ausgrenzende Politik oft implizit verstärkt, gefördert und aufrechterhalten. COVID-19 hat die Ausbreitung von Rassismus ermöglicht und nationale Unsicherheit, Angst vor Ausländern und allgemeine Fremdenfeindlichkeit verstärkt, was möglicherweise mit der Zunahme von antiasiatischen Hassverbrechen während der Pandemie zusammenhängt. Wir untersuchen, wie diese Verbrechen – eingebettet in historisch verankerten und sich überschneidenden Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf individueller und institutioneller Ebene – dazu geführt haben, dass asiatische Amerikaner als „anders“ konstruiert werden und Ungleichheit reproduziert wird.
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
link.springer.com/article/10.1007/s12103-020-09545-1
Quelle:
Gover, Angela R./Harper, Shannon B./Langton, Lynn (2020): Anti-Asian hate crime during the COVID-19 pandemic: Exploring the reproduction of inequality. In: American journal of criminal justice, 45, Heft 4, S. 647–667.
Gesa Lindemann (2020): Die Ordnung der Berührung – Staat, Gewalt und Kritik in Zeiten der Coronakrise
Über die Publikation
„Die Idee ist nicht, etwas über Corona herauszufinden. Das Ziel besteht vielmehr darin, festzuhalten, was im schnelllebigen Medienkonsum meistens verloren geht: Einsicht in Strukturen. Auch kurzlebige Zeitungsartikel können einen bleibenden Wert erhalten, wenn wir sie [...] als einen Hinweis auf Strukturen der Gesellschaft, in der wir leben.“ (S. 9)
Methode
Es handelt sich um eine theoretische Arbeit in Form eines Essays, der sich zu großen Teilen auf Zeitungsartikel, die seit dem Ausbruch von Corona veröffentlicht wurden, bezieht. Zielpublikum ist eine breitere Leser*innenschaft, weshalb bewusst möglichst leicht zugänglich geschrieben wurde.
Zentrale Befunde/Aussagen
Angesichts mutmaßlich anhaltender Bedrohungen durch hochinfektiöse Viren prognostiziert Lindemann die Beibehaltung staatlicher Maßnahmen, wie wir sie seit Corona kennen, welche in die gesellschaftlich „Berührungsordnung“, d. h. die Art und Weise, wie wir uns im Alltag begegnen und dadurch gegenseitig in unserem Erleben beeinflussen, eingreifen. Dadurch würden sich zwar das Verhältnis von öffentlichem Raum und familiärem Nahraum nachhaltig verändern und auch digitale Technologien weitere Verbreitung finden, aber im Großen und Ganzen werde sich „aller Wahrscheinlichkeit nach die Struktur unserer gesellschaftlichen Ordnung nicht verändern“ (S. 116) Gleichwohl schaffe es die Coronakrise, unseren Blick für bestimmte gesellschaftliche Phänomene zu schärfen. Im Zentrum dieser Beobachtungen steht bei Lindemann dabei immer wieder der Begriff der Gewalt: Der Staat als legitime und überlegene, sich selbst ans Gesetz bindende Zentralgewalt ermögliche nicht nur ein gewaltfreies Zusammenleben, eine gerichtliche und wissenschaftliche Wahrheitsfindung, sondern auch horizontale gesellschaftliche Differenzierung. Zwei weitere Aspekte sollen hier kurz genannt werden: So zeigt Lindemann einerseits, dass Verschwörungstheorien im Sinne von „Verantwortungserzählungen“ (S. 115) als Versuche gelesen werden können, eine andere Gewaltordnung zu etablieren, welche sie als „Ordnung der Opferung“ (ebd.) bezeichnet. Anhand der Black-Lifes-Matter-Bewegung andererseits macht Lindemann eine Unterscheidung zwischen sozialer Ungleichheit und (dem politischen Begriff) struktureller Gewalt auf (S. 119).
Link zum Buch auf der Website des Verlags:
www.velbrueck.de/Programm/Die-Ordnung-der-Beruehrung.html
Quelle:
Lindemann, Gesa (2020): Die Ordnung der Berührung – Staat, Gewalt und Kritik in Zeiten der Coronakrise. Velbrück Wissenschaft: Weilerswist.
Jonas Rees et al. (2020): Erste Ergebnisse einer Online-Umfrage zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Umgangs mit der Corona-Pandemie in Deutschland
Über die Publikation
„Der vorliegende Bericht fasst systematisch die Antworten von 3.111 Befragten zusammen, die während der ersten zwei Wochen der bundesweiten Einschränkungen an einer Online-Umfrage teilgenommen haben.“ (S. 3)
Methode
„Die Studie basiert auf einer standardisierten Online-Befragung mit geschlossenen, d. h. vorgegebenen Antwortmöglichkeiten und offenen Antworten. Ein Großteil des Fragebogens bestand aus geschlossenen Frageformaten, die entweder durch kurze Eingaben [...] oder auf vorgegebenen Skalen beantwortet wurden [...]“ (S. 5). Die Auswertung erfolgte rein deskriptiv.
Zentrale Befunde/Aussagen
„[Die Befunde zeigen,] dass sich Befragte gerade zu Beginn der deutschlandweiten Einschränkungen intensiv über das Corona-Virus informierten [...] Insgesamt zeigen die Daten einen Zustand von hohem Verantwortungsbewusstsein bei gleichzeitig großer Sorge. [...] Die Hilfsbereitschaft unter Befragten ist bemerkenswert hoch [...]. Das Verständnis für die verhängten Maßnahmen zur Eindämmung einer weiteren Ausbreitung des Virus war insgesamt hoch. Am sinnvollsten fanden Befragte die Einschränkung sozialer Kontakte (78 %), gefolgt von Einschränkungen des öffentlichen Lebens (74%) und der Einschränkung der Reisefreiheit (72%). Am wenigsten sinnvoll fanden Befragte das Verhängen von Ausgangssperren (22 %). [...] Die Zustimmung zu autoritären Einstellungen war relativ hoch (37–57 %), während Verschwörungstheorien eher abgelehnt wurden. [...] Die psychische Belastung hing mit dem Geschlecht der Befragten, deren berichteter Sorge um sich selbst und andere und dem Ausmaß der Auseinandersetzung mit dem Corona-Virus zusammen. [...] Zudem wünschten sich Befragte konkrete medizinische und gesundheitspolitische Schritte [...] Dass [...] drastische Maßnahmen vergleichsweise schnell und unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Folgen beschlossen wurden, war für viele ein Anlass dafür, die Lage neu zu bewerten, das eigene Verhalten anzupassen und die eigene Verantwortung [...] ernst zu nehmen.“ (S. 3f.)
Die vollständige Publikation finden Sie hier:
pub.uni-bielefeld.de/record/2942930
Quelle:
Rees, Jonas/Papendick, Michael/Rees, Yann/Wäschle, Franziska/Zick, Andreas (2020): Erste Ergebnisse einer Online-Umfrage zur gesellschaftlichen Wahrnehmung des Umgangs mit der Corona-Pandemie in Deutschland.