Aktuelles aus der Forschung: Bereich Rechtsextremismusforschung

Im Kapitel „Aktuelles aus der Forschung“ werden Kurzzusammenfassungen ausgewählter wissenschaftlicher Publikationen internationaler Autor:innen zum Schwerpunktthema des Bandes präsentiert. In alphabetischer Reihenfolge vorgestellt werden also im Folgenden wissenschaftliche Studien, Artikel und Bücher zum Thema „Ursachen von Ungleichwertigkeitsideologien und Rechtsextremismus“ aus dem Bereich Rechtsextremismus. Mit den kurzen Zusammenfassungen wird ein erster Einblick geboten in die Publikation sowie zur Methode und zu den zentralen Befunden/Aussagen. Die Inhalte der jeweiligen Publikationen werden dabei entweder zusammengefasst wiedergegeben oder es werden Passagen direkt aus den angegebenen Originalquellen zitiert; diese Stellen sind dann mit Anführungszeichen versehen.

Abou-Chadi, Tarik et al. (2021): Verlassen von der Arbeiterklasse? Die elektorale Krise der Sozialdemokratie und der Aufstieg der radikalen Rechten

Über die Publikation

In den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts konnten rechtsradikale Parteien in Westeuropa nie da gewesene Wahlerfolge feiern. Zeitgleich verloren sozialdemokratische Parteien Wähler*innen in historischem Ausmaß. Die Autoren setzen sich in ihrer Analyse kritisch mit dem Narrativ auseinander, dass sozialdemokratische Parteien „ihre Wähler*innen aus der Arbeiterklasse an Parteien der radikalen Rechten verloren hätten, weil sie in der wirtschaftspolitischen Dimension nach rechts („Dritter Weg“) oder in der kulturellen Dimension nach links („Identitätspolitik“) gerückt seien“ (S. 3).

Methode

Die vorliegende Analyse nimmt die politische Konkurrenz zwischen sozialdemokratischen Parteien und radikalen rechten Parteien in den Fokus. Dafür werden drei zentrale Aussagen einer empirischen Überprüfung unterzogen. Diese sind erstens: „Ist die radikale Rechte tatsächlich die neue Partei der Arbeiterklasse? Zweitens: Verlieren die sozialdemokratischen Parteien wirklich vor allem oder zumindest überproportional stark Wähler*innen aus der Arbeiterklasse? Und drittens: Haben die Wähler*innen (aus der Arbeiterklasse), die von den sozialdemokratischen Parteien abgewandert sind, sich tatsächlich rechtsradikalen Parteien zugewandt?“ (S. 7)

Zentrale Befunde/Aussagen

Die Autoren kommen zum Schluss, dass sowohl die Annahmen als auch die darauf aufbauenden Aussagen des oben genannten Narratives unzutreffend sind. „Die radikale Rechte ist nicht die neue Heimat ehemaliger sozialdemokratischer Wähler*innen. Rechtsradikale Parteien gewinnen zwar überproportional mehr Unterstützung von Wähler*innen aus der Arbeiterklasse, sollten aber keinesfalls als neue Arbeiterparteien charakterisiert werden. Nur ein kleiner Teil der westeuropäischen Arbeiterklasse unterstützt die radikale Rechte. Zudem zählte nur ein kleiner Teil der heutigen radikal rechten Wählerschaft zuvor zur Anhängerschaft sozialdemokratischer Parteien.“ (S. 3) Den größten Verlust an Wähler*innen haben sozialdemokratische Parteien an grüne Parteien und christdemokratische oder konservative Parteien verzeichnet. Der Grund dafür ist, dass sozialdemokratische Parteien nicht in erster Linie Wähler*innen aus der Arbeiterklasse verloren haben, sondern solche, die zu den Mittelschichtwähler*innen gehören.

Die Autoren sehen eine Gefahr für sozialdemokratische Parteien, sollten diese sich eine linksnationalistische oder zentristische Strategie zu eigen machten, wie es viele Expert*innen, Kommentator*innen und auch (ehemalige) Politiker*innen fordern. So eine Strategie würde „nur eine kleine Gruppe der (verlorengegangenen) potenziellen Wählerschaft ansprechen. Andererseits wird sie viel mehr Wähler*innen abstoßen – unter anderem die jüngsten Wähler*innen und die rapide wachsende Gruppe der höher gebildeten Fachkräfte.“ (S. 27)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

library.fes.de/pdf-files/a-p-b/18075.pdf

Quelle

Abou-Chadi, Tarik/Mitteregger, Reto/Mudde, Cas (2021): Verlassen von der Arbeiterklasse? Die elektorale Krise der Sozialdemokratie und der Aufstieg der radikalen Rechten. Friedrich-Ebert-­Stiftung: Berlin.

Blickle, Kristian (2020): Pandemics Change Cities: Municipal Spending and Voter Extremism in Germany, 1918–1933

Über die Publikation

Die Mitte 2020 publizierte englischsprachige Studie reiht sich in die stetig wachsende Literatur ein, welche sich mit den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Folgen von sich ausbreitenden Krankheiten beschäftigt. Sie analysiert – auch vor dem Hintergrund der immer noch grassierenden Covid-19-Pandemie –, welche langfristigen Auswirkungen die zwischen 1918 und 1920 umhergehende Influenza-Pandemie („Spanische Grippe“) in den darauffolgenden Jahren auf deutsche Städte hatte.

Methode

Die zugrunde liegenden Daten, bspw. zur Anzahl der Influenza-Toten (in Deutschland 273.000 in den Jahren 1918–20), zur Arbeitslosigkeit, zu den städtischen Ausgaben, zur Höhe der Inflation und Löhne, zu den Ergebnissen von Wahlen oder den dokumentierten Pogromen in bestimmten Regionen bzw. Städten, sind dem Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich, dem Magazin Wirtschaft und Statistik, dem ICPSR-Archiv oder anderen Studien entnommen. Als Referenz dient das Jahr 1931; die Zahl der beobachteten Städte beträgt 72 (S. 8).

Zentrale Befunde/Aussagen

Städte, die aufgrund der Influenza-Pandemie einen größeren relativen Bevölkerungsrückgang erlitten, gaben nach 1925 weniger Pro-Kopf für ihre Bewohner:innen aus: „A one standard deviation increase in the influenza mortality rate is associated with a lower per capita spending of just over 4 Reichsmark“ (S. 11 f.). Davon betroffen waren vor allem Einrichtungen („amenities“), die von jungen Menschen benutzt werden (bspw. Schulen). Gleichzeitig konnte festgestellt werden, dass in Städten, die eine höhere Mortalitätsrate zu verzeichnen hatten, rechtsextreme Parteien (wie die NSDAP) bei den Wahlen 1932 und 1933 Stimmenzuwächse erzielen konnten: „A one standard deviation increase in the share of the population that died from influenza is correlated with a between 1.6 and 2 %-pt larger vote share won by the National Socialist part” (S. 13). Parallel konnte eine negative Korrelation in Hinblick auf die Wahlergebnisse von linksgerichteten, auch als „extremistisch“ geltenden Parteien, bspw. der KPD, ermittelt werden.

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.newyorkfed.org/medialibrary/media/research/staff_reports/sr921.pdf

Quelle

Blickle, Kristian (2020): Pandemics Change Cities: Municipal Spending and Voter Extremism in Germany, 1918–1933. Federal Reserve Bank of New York Staff Reports, no. 921, May 2020; revised June 2020. dx.doi.org/10.2139/ssrn.3592888.

Bust-Bartels, Nina Marie (2021): Bürgerwehren in Deutschland: Zwischen Nachbarschaftshilfe und rechtsextremer Raumergreifung

Über die Publikation

„Von scheinbar unpolitischen Nachbarschaftswachen bis zu organisierten rechtsextremen Patrouillen – immer häufiger inszenieren sich Bürger*innen als alternative Ordnungsmacht. Nina Marie Bust-Bartels hat Bürgerwehren auf ihren Streifzügen begleitet und liefert Einblicke in die politischen Motivationen der Mitglieder. Mit ihrer Studie an der Schnittstelle von Soziologie, Ethnologie und Politikwissenschaft zeigt sie, warum vor allem Männer das staatliche Gewaltmonopol infrage stellen.“ (Verlagswerbung)

Methode

„Um das diverse Phänomen strukturiert zu erfassen und eine repräsentative Fallauswahl treffen zu können, werden die Bürgerwehren [...] in drei Typen unterteilt, von denen daraufhin je eine Bürgerwehr in einer qualitativen Einzelfallstudie untersucht wird. Auch die Wahl einer ethnographischen Methodik spiegelt dabei die analytische Verbindung von Mikro- und Makroebene wider.“ (S. 14) „Ergänzt wird die teilnehmende Beobachtung der Patrouillen durch Leitfaden-strukturierte Interviews.“ (S. 15)

Zentrale Befunde/Aussagen

„Alle untersuchten Bürgerwehren untergraben das staatliche Gewaltmonopol. Sie nehmen eine Lücke in der Ausführung der staatlichen Aufgabe, Schutz zu gewährleisten, wahr und beanspruchen für sich, diese zu füllen. Gleichzeitig betonen die Bürgerwehren, sie würden die Aufgabe lieber der Polizei überlassen, sie agierten nur, weil die Polizei nicht genug präsent sei.“ (S. 269) „Dass die Patrouillen Angstzonen kreieren, zeigt sich daran, dass rassifizierte Personen vor den Bürgerwehren weglaufen. Durch die Inszenierung der Patrouillen in den sozialen Medien wird auch im Digitalen Raum gewonnen. Gleichzeitig stellt die Sichtbarkeit im öffentlichen Raum – analog wie digital – auch einen Normalitätsgewinn für die extreme Rechte dar.“ (S. 272) „Alle untersuchten Bürgerwehren zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihren Mitgliedern, den Akteuren im Versicherheitlichungsprozess, ermöglichen, die Rolle des Beschützers einzunehmen. [...] Weil fragile Männlichkeitsidentitäten durch das Ausleben der Rolle eines starken Beschützers Stabilität generieren können, steigt für sie die Motivation, eine Bürgerwehr zu gründen.“ (S. 276)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.transcript-verlag.de/978-3-8376-5713-5/buergerwehren-in-deutschland/

Quelle

Bust-Bartels, Nina Marie (2021): Bürgerwehren in Deutschland: Zwischen Nachbarschaftshilfe und rechtsextremer Raumergreifung. Transcript: Bielefeld.

Forschungsgruppe Anti-Asyl-Agitation [Hrsg.] (2020): Radikalisierungsverläufe im Kontext von Anti-Asyl-Agitation

Über die Publikation

Der Abschlussbericht zur Thematik von Radikalisierungsverläufen im Kontext von Anti-Asyl-Agitation fasst die grundlegenden Ergebnisse der gemeinsamen Studie der Forschungsteams vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (Universität Bielefeld) und vom KomRex – Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration (Friedrich-Schiller-Universität Jena) zusammen.

Methode

Im Rahmen eines Mixed-Method-Designs wurden biografische Interviews mit entsprechend straffällig gewordenen Personen sowie Online-Interviews mit 124 bislang nicht strafrechtlich gewordenen Personen geführt. U. a. „konnten in insgesamt 21 Justizvollzugsanstalten Erhebungen unter 40 Straftätern durchgeführt werden. Dabei fielen 19 Erhebungen auf den Standort Bielefeld und 21 Erhebungen auf den Standort Jena.

Zentrale Befunde/Aussagen

Zunächst stellen die Autor:innen fest, dass sich im Zuge der Anti-Asyl-Agitation seit 2015 keine Hinweise auf sogenannte „Ad-hoc-Radikalisierungen“ finden lassen, sondern immer Vorbedingungen auf sozialer und individueller Ebene betrachtet werden müssen (S. 70). Die Autor:innen verzeichnen drei Dynamiken: Anti-Asyl-Agitation als Bestätigung und Rechtfertigung, als Verstärkung der Radikalisierungsprozesse und als Radikalisierungsprozesse auslösend (S. 114, Kapitel 5.3 & 5.4). Die Autor:innen stellen populäre Rechtfertigungsnarrative, moralisierende Rechtfertigungsnarrative, Bedrohungs- und Ungerechtigkeitsnarrative sowie unterstützende Identitäts- und Gesellschaftsnarrative vor (S. 42f., 53, Kapitel 5.1.2). Sie argumentieren, dass eine gesellschaftliche Legitimierung die Grundlage für Radikalisierungsprozesse bilde, diese jedoch nicht allein erklären könne. Abschließend entwickeln die Autor:innen auf Grundlage ihrer Befunde Empfehlungen zum Umgang mit den komplexen Dynamiken im Kontext der „Anti-Asyl-Agitation“ (S. 112–121, Kapitel 6).

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.komrex.uni-jena.de/komrexmedia/publikationen/anti-asyl-agitation_forschungsbericht

Quelle

Forschungsgruppe Anti-Asyl-Agitation [Hrsg.] (2020): Radikalisierungsverläufe im Kontext von Anti-Asyl-Agitation. Abschlussbericht an das Bundesministerium des Inneren. Bielefeld: Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung; Jena: Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration.

Guhl, Jakob et al. (2020): Das Online-Ökosystem rechtsextremer Akteure

Über die Publikation

Die Autor*innen untersuchen, „welche alternativen Social Media-Plattformen Rechtsextreme in Deutschland nutzen, wie groß rechtsextreme Communities auf diesen Plattformen im Vergleich zu ihrer Präsenz auf Mainstream-Plattformen sind, welche Themen diskutiert werden und ob die Plattformen Radikalisierungsprozesse zu fördern scheinen“ (S. 20). Außerdem wird die Rolle alternativer Medien bei der Verbreitung rechtsextremer Inhalte und Konzepte analysiert.

Methode

Es wurden qualitative & quantitative Methoden angewendet. Die Grundlage für die Studie bildet die digitale ethnografische Forschung in Dutzenden Foren und Chatgruppen sowie Methoden der Massendatenverarbeitung, die auf Machine Learning und Natural Language Processing basieren.

Zentrale Befunde/Aussagen

Die Autor:innen konnten auf zehn alternativen Social Media-Plattformen 379 rechtsextreme und rechtspopulistische Kanäle identifizieren. Die meisten rechtsextremen Communitys konnten auf Telegram (129 Kanäle) und dem russischen Netzwerk VK (115 Gruppen) ausgemacht werden. Die Analyse deutet darauf hin, dass 15.000 bis 50.000 deutschsprachige Personen mit rechtsextremen Ansichten alternative Plattformen nutzen. Die identifizierten Gruppen und Kanäle lassen eine gewisse ideologische Bandbreite erkennen. 104 der analysierten Gruppen und Kanäle konzentrieren sich auf die Ablehnung von Islam und Muslim:innen, Einwanderung und Geflüchteten. 92 Gruppen und Kanäle unterstützen offen den Nationalsozialismus, 35 Gruppen und Kanäle sind dem identitären und ethnonationalistischen Spektrum zuzuordnen. 117 Gruppen und Kanäle konnten nicht eindeutig einer Kategorie zugeordnet werden. Auch die Reichweite der Kanäle unterscheidet sich deutlich. So hat zum Beispiel der größte nationalsozialistische Kanal 10.000 Follower*innen, der größte muslimfeindliche Kanal 18.000 Follower*innen und der größte identitäre Kanal 35.000 Follower*innen. Der Studie zufolge hat die AfD auf den untersuchten alternativen Social Media-Plattformen eine überschaubare Präsenz (S. 9).

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.bosch-stiftung.de/sites/default/files/publications/pdf/2020-02/ISD_Studie_Online-%C3%96kosystem%20Rechtsextremer%20Akteure.pdf

Quelle

Guhl, Jakob/Ebner, Julia/Rau, Jan (2020): Das Online-Ökosystem rechtsextremer Akteure. Institute for Strategic Dialogue: London.

Hafeneger, Benno et al. (Hrsg.) (2020): Die AfD und die Jugend. Wie die Rechtsaußenpartei die Jugend- und Bildungspolitik verändern will

Über die Publikation

„Die beiden empirischen Teilstudien verstehen sich als weitere Bausteine in der differenzierten Aufklärung über eine Rechtsaußenpartei, die mit ihren Deutungen und Interventionen versucht die Republik in allen Bereichen zu beeinflussen und zu verändern. Das gilt auch für die Jugend- und Bildungspolitik mit ihren vielfältigen pädagogisch-bildenden Handlungsfeldern.“ (S. 9)

Methode

Die 1. Studie untersucht mehr als 700 Anfragen, Anträge und Aktuelle Stunden der AfD aus allen Landtagen und dem Deutschen Bundestag. Die 2. Studie befragt per Fragebogen Einrichtungen und Projekte der OKJ und angrenzender Felder. Mittels einer „ergänzende[n] Dokumentenanalyse wurden rund 250 Fälle politischer Interventionen dokumentiert und systematisch ausgewertet. (S. 10).

Zentrale Befunde/Aussagen

„Würde die AfD ihre jugendpolitischen Vorstellungen in Regierungshandeln und Machtpolitik, mit Akteuren in Entscheidungssituationen und in der Verwaltung umsetzen können, könnte sie [...] wirklichen Einfluss auf die Jugendpolitik gewinnen, dann wäre dies mit einer veränderten Förderpolitik und Trägerlandschaft, neuen Schwerpunktsetzungen, der Einengung von Pluralismus und Handlungsspielräumen verbunden.“ (S. 102) „Die Offene Kinder- und Jugendarbeit steht nicht im besonderen Fokus der AfD. Dies dürfte sich zunächst [...] daraus erklären, dass Jugendpolitik insgesamt von der AfD (noch) nicht elaboriert thematisiert wird oder im Zentrum des Interesses steht. Das Feld ist für sie vor allem dann relevant, wenn sich dort politische Gegner*innen und abgelehnte Positionen ausmachen lassen [...]“ (S. 154) „Die Befunde zeigen, dass Finanzierungsfragen der Jugendarbeit/-bildung häufig Anlass von Interventionen sind und als Begründungen zur Verschleierung eigentlicher politischer Interessen genutzt werden. [...] Die Studien machen deutlich, dass die parlamentarischen jugend- und bildungspolitischen Aktivitäten der AfD in ein komplexes (meist lokales) Interventionsgeschehen eingebettet sind [...]. In diese Szenarien schalten sich andere Akteure ein, was Einfluss auf die Auswirkungen und Betroffenheit hat.“ (S. 168f.)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

download.e-bookshelf.de/download/0014/4607/22/L-G-0014460722-0048031734.pdf

Quelle

Hafeneger, Benno/ Jestädt, Hannah/ Schwerthelm, Moritz/ Schuhmacher, Nils/ Zimmermann, Gillian (Hrsg.) (2020): Die AfD und die Jugend. Wie die Rechtsaußenpartei die Jugend- und Bildungspolitik verändern will. Wochenschau Verlag: Frankfurt a. M.

Heinze, Anna-Sophie (2020): Strategien gegen Rechtspopulismus? Der Umgang mit der AfD in Landesparlamenten

Über die Publikation

In der Studie wird untersucht, wie sich etablierte Parteien bisher gegenüber der rechtspopulistischen AfD in Landtagen verhalten haben und welche Ursachen dem gezeigten Verhalten zugrunde liegen. U. a. wird der Frage nachgegangen, ob und in welche parlamentarische Ämter AfD-Kandierende gewählt wurden oder auch wie mit Anträgen der AfD umgegangen wurde. Die Autorin erarbeitet dazu eine „logisch konsistente Klassifizierung, die formale und inhaltliche Handlungsoptionen gegenüber rechtspopulistischen Parteien in Parlamenten kombiniert“ (S. 17).

Methode

Bei der Studie handelt es sich um eine vergleichende Fallanalyse, die verschiedene methodische Vorgehensweisen miteinander kombiniert. In die Studie flossen Daten aus einer Medienanalyse, einer Parlamentsdokumentenanalyse sowie aus leitfadengestützten Interviews mit Abgeordneten etablierter Parteien zusammen.

Zentrale Befunde/Aussagen

Die Studie kommt zum Ergebnis, dass „es sich beim parlamentarischen Umgang mit rechtspopulistischen Herausfordererparteien um einen sehr komplexen Prozess handelt, der sich im ständigen Wandel befindet und nicht als Strategie bezeichnet werden sollte“ (S. 239). Es zeigte sich, dass der Umgang der etablierten Parteien mit der AfD ein ständiger Lernprozess ist, der maßgeblich durch das Verhalten der AfD selbst beeinflusst wird. Mithilfe der von der Autorin erarbeiteten Klassifizierung ließen sich erstmals „die Handlungsoptionen im vorgestellten zweidimensionalen Modell auf der formalen und inhaltlichen Ebene miteinander kombinieren und im Zeitverlauf darstellen“ (S. 239). Die Analyse der vier ausgewählten Fälle zeigte auf, dass es formal fast keine Zusammenarbeit zwischen den etablierten Parteien und der AfD innerhalb des Beobachtungszeitraums gab. Das Verhalten der etablierten Parteien gegenüber der AfD änderte sich allerdings im Zeitverlauf: „Nach dem Einzug der neuen Herausfordererpartei in die Parlamente zeigten sie sich zunächst relativ kooperationsbereit. Dies änderte sich, je mehr sie die Abgeordneten der AfD kennenlernten und ihre parlamentarische Arbeitsweise verstanden.“ (S. 242)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.nomos-shop.de/nomos/titel/strategien-gegen-rechtspopulismus-id-87548/

Quelle

Heinze, Anna-Sophie (2020): Strategien gegen Rechtspopulismus? Der Umgang mit der AfD in Landesparlamenten. Nomos: Baden-Baden.

Köberl, Johannes (2020): Rechtsextreme Rekrutierungsstrategien in Deutschland und den USA

Über die Publikation

Ziel der Dissertation ist es, den Weg nachzuzeichnen, über den Jugendliche eine Affinität zur rechtsextremen Subkultur entwickeln und im Zuge dessen Teil der rechtsextremen Bewegung werden.

Methode

In der Arbeit wird eine historische Analyse der Rekrutierungsstrategien der rechtsextremen Szene sowie der Ideologisierung und Radikalisierung der einzelnen Mitglieder durchgeführt. Weiterhin werden ausführende Akteur:innen, rechtsextreme Einstellungen begünstigende individuelle Prädispositionen, relevante gesamtgesellschaftliche Hintergründe und die im Zuge eines Indoktrinationsprozesses auftretenden sozialen und psychologischen Dynamiken analysiert.

Zentrale Befunde/Aussagen

Rechtsextremismus wirkt – mit all seinen subkulturellen und ideologischen Elementen – zwar für bestimmte Personen besonders attraktiv, prinzipiell kann allerdings keiner Bevölkerungsgruppierung eine „Immunität“ attestiert werden. Vielerorts lässt sich kaum eine Grenze ziehen, ab wann Akteur:innen oder Ideologeme als klar „rechtsextrem“ einzustufen sind. Auf diese Weise gehen ehemals abschreckende Konnotationen verloren, weshalb die Bewegung auch bewusst versucht, sich terminologisch vom historischen Nationalsozialismus sowie militanten rechtsextremen Gruppierungen nachfolgender Dekaden („Neonazis“) abzugrenzen. Auf ideologischer Ebene die vielleicht wichtigste Änderung: ein Imagewandel, vollzogen durch die Abkehr vom klar ersichtlichen Rassismus und Nationalsozialismus, dem Hass gegenüber den Anderen hin zu einer Liebe gegenüber dem Eigenen, nun ausgedrückt als „Ethnopluralismus“ mit der Forderung nach ethnischer Separation zum Wohle aller (S. 419f.). Die Ideologisierung von Individuen läuft meist stufenweise ab und ist in soziale Logiken (Gruppenprozesse usw.) eingebunden. Während dieses Prozesses erlangen zunächst subkulturelle Elemente, später rechtsextreme Ideologie immer mehr den Status der Normalität. Rechtsextremismus verliert sukzessive seine abschreckende Wirkung und wird schließlich als umfassendes Weltbild adaptiert.

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

opus4.kobv.de/opus4-uni-passau/files/820/Koeberl_Johannes_Rechtsextreme_Strategien.pdf

Quelle

Köberl, Johannes (2020): Rechtsextreme Rekrutierungsstrategien in Deutschland und den USA. Inauguraldissertation. Philosophische Fakultät der Universität Passau (vorgelegt im Juli 2019).

MIDEM Jahresstudie 2021: Corona und Rechtspopulismus

Über die Publikation

Die Jahresstudie 2021 des Mercator Forum Migration und Demokratie (MIDEM) „bietet Einblicke und Hintergrundanalysen zur Social Media-Kommunikation rechtspopulistischer Parteien in 12 europäischen Ländern“. Sie basiert auf einer repräsentativen Erhebung im Mai 2021, bei der 1.008 wahlberechtigte Bürger:innen nach ihrer Einschätzung der Corona-Politik, ihren im Kontext der Pandemie erlebten Belastungen [...] befragt wurden (vgl. S. 20).

Methode

„Die Fallstudien zu einzelnen europäischen Staaten in dieser Studie basieren auf quantitativen Analysen von Facebook-Beiträgen. [...] Die Daten wurden mit Hilfe von CrowdTangle [...] extrahiert. In ihnen wurde ermittelt, wie viel Gewicht die jeweils untersuchten Parteien auf zwei bestimmte Themen legen: die Pandemie (Kategorie Corona) und das Problemfeld Migration (Kategorie Migration).“ (S.19f.)

Zentrale Befunde/Aussagen

„Verschwörungstheoretisch aufgeladene Positionen haben an Bedeutung gewonnen. Sie beinhalten eine besonders radikale Form der Kritik an den staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. [...] Die Neigung zu einem coronabezogenen Verschwörungsdenken wird von populistischen Orientierungen und subjektiven Deprivationsgefühlen, nicht aber von ethnozentrisch-nativistischen und autoritären Einstellungen befördert. Dies deutet darauf hin, dass die Kritik an den Schutz- und Hygieneregeln nicht entlang der klassischen ideologischen Unterscheidungen mobilisierbar ist. Weniger die politische Verortung des Einzelnen zwischen ‚rechten‘ und ‚linken‘, ‚kosmopolitischen‘ und ‚ethnozentrischen‘ Positionen hat in der Pandemie also die Neigung zu einer verschwörungsmythisch aufgeladenen Corona-Kritik beeinflusst, sondern das Vertrauen gegenüber dem Wirken politischer Eliten und Institutionen, das Maß an Zutrauen in die eigene politische Selbstwirksamkeit sowie das Gefühl, gegenüber anderen zurückgesetzt zu sein und nicht gerecht behandelt zu werden. Mit Blick auf die AfD ist deshalb davon auszugehen, dass bei der Bundestagswahl 2021 weniger die thematisch-inhaltliche Aufstellung der Partei, sondern ihr ‚populistisches‘ Profil entscheidend dafür war, Teile eines Milieus radikaler Corona-Skeptikerinnen und -Skeptiker hinter sich zu versammeln.“ (S.23).

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

forum-midem.de/cms/data/fm/user_upload/Publikationen/TUD_MIDEM_Jahresstudie2021_Corona_und_Rechtspopulismus.pdf

Quelle

MIDEM (2021): Corona und Rechtspopulismus. Jahresstudie, Mercator Forum Migration und Demokratie. TU Dresden, Institut für Politikwissenschaft/Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung.

Ohlrogge, Stephanie/Selck, Torsten Jörg (2021): Radikalisierung rechtsextremistischer Lone Actor Terroristen: Zum Einfluss sozialer Isolation und des Internets

Über die Publikation

Das Buch fokussiert zwei wesentliche Radikalisierungsfaktoren – die sozialen Isolation und die Internetnutzung – von rechtsterroristischen „Einzeltätern“ und analysiert deren Einfluss im Rahmen einer vergleichenden Fallstudie in Kombination mit einem „Process Tracing“. Dabei werden zwei bekannte Fälle untersucht: Brenton H. Tarrant (Christchurch, 2019) und John T. Earnest (Poway, 2019).

Methode

Das Buch liefert einen Überblick über die theoretischen Grundlagen, hier wird u. a. der Dissens bezüglich des Konzepts des „Leaderless Resistance“ im Kontext des Rechtsextremismus erörtert. Zudem werden Radikalisierungsmodelle und Forschungsergebnisse bezüglich zentraler Radikalisierungsfaktoren dargestellt. Im Anschluss erfolgt die vergleichende Fallstudie der oben genannten Fälle mit der Methode des Process Tracings in Kombination mit dem strukturiert-fokussierten Vergleich.

Zentrale Befunde/Aussagen

Die meisten „Lone Actor Terroristen“ radikalisieren sich nicht gänzlich allein (S. 125). „Die wesentlichen Ergebnisse weisen darauf hin, dass soziale Isolation von nicht-radikalen Umgebungen radikalisierungsbefördernd wirkt. [...] Allerdings ist Radikalisierung trotz sozialer Integration sowie Einbettung möglich und soziale Isolation stellt keine notwendige Bedingung dar [...]. Beide Fälle deuten auf das enorme Radikalisierungspotenzial von Online-Plattformen mit extremistischen Inhalten und einer radikalisierten Nutzergemeinschaft hin. [...] Ideologisch verfärbte Videos auf Youtube, die alternative Fakten und rechte Verschwörungstheorien popularisieren, wie den ‚Großen Austausch′, und Facebookseiten von extremistischen Bewegungen stellen ein potenzielles Gateway für eine Radikalisierung und den Drift in Richtung anderer Plattformen dar.“ (S. 126f.) „Grundlegend weisen beide Fälle auf einen Digital Drift bei Radikalisierungen von rechtsextremistischen Lone Actor Terroristen hin, weil die Radikalisierung nahezu gänzlich online verlief und bei der Anschlagsausführung durch den Livestream eine Verschmelzung zwischen der virtuellen und der realen Welt erfolgte.“ (S. 127)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.springer.com/de/book/9783658344504

Quelle

Ohlrogge, Stephanie/Selck, Torsten Jörg (2021): Radikalisierung rechtsextremistischer Lone Actor Terroristen: Zum Einfluss sozialer Isolation und des Internets. Springer VS: Wiesbaden.

Pollack, Detlef (2020): Das unzufriedene Volk: Protest und Ressentiment in Ostdeutschland von der friedlichen Revolution bis heute

Über die Publikation

„Die ostdeutsche Bevölkerung wird von vielen Seiten seit 30 Jahren gering geschätzt, doch hat sie sich in dieser Zeit jedoch politisch wie sozial als erstaunlich erfolgreich erwiesen. Dieser These soll nachgegangen werden, indem zuerst der Beitrag der ostdeutschen Bevölkerung zur friedlichen Revolution untersucht wird, dann nach ihrer Bedeutung im Wiedervereinigungsprozess gefragt wird [...].“ (S. 10).

Methode

Detlef Pollack analysiert aus wissenschaftlicher Perspektive und mithilfe seiner persönlichen Erfahrungen als Zeitzeuge, wie sich dies bereits im revolutionären Umbruch von 1989 erkennen lässt.

Zentrale Befunde/Aussagen

Die friedliche Revolution „kam zustande aufgrund einer Vielzahl äußerer und innerer Faktoren. Der entscheidende Faktor aber war, dass die Massen nach Jahren des angepassten Schweigens ihre Angst überwanden und im Herbst 1989 auf die Straßen gingen.“ (S. 225) „Auch die Demonstrantinnen und Demonstranten, die in Leipzig zum ersten Mal ‚Wir sind das Volk′ riefen, waren nicht das Volk, sondern benutzten diesen Begriff, um den Führungsanspruch der SED zu bestreiten und das eigene Handeln, das natürlich nicht das Handeln aller war, zu legitimieren. [...] Unsere uneingeschränkte Begeisterung verwandelt sich allerdings in Entsetzen, wenn der beschworene Volkswille sich nicht gegen die Diktatur, sondern gegen die Demokratie richtet“ (S. 226). „Einen flächendeckenden Zusammenbruch, dem sie trotz größter Anstrengungen ohnmächtig ausgeliefert waren, hatten sie nicht erwartet. Die im Zuge der Wiedervereinigung eintretende Verletzung des kollektiven Stolzes vermischte sich mit den Demütigungserfahrungen aus den Zeiten der DDR, in denen man der Willkür der Funktionäre, der Misswirtschaft und dem permanenten Mangel auch schon kaum etwas hatte entgegensetzen können.“ (S. 228) „Natürlich haben sie in den letzten Jahrzehnten viel geleistet. [...] Beim Vergleich mit dem Westen aber kommt sofort der Eindruck der Zurücksetzung und Ungleichbehandlung auf. Bei einigen hat sich dieses Gefühl der Demütigung [...] zu einem Ressentiment verfestigt, das den Resonanzboden für das politische Handeln der Rechtspopulisten darstellt.“ (S. 228f.)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.transcript-verlag.de/978-3-8376-5238-3/das-unzufriedene-volk/

Quelle

Pollack, Detlef (2020). Das unzufriedene Volk: Protest und Ressentiment in Ostdeutschland von der friedlichen Revolution bis heute. Transcript: Bielefeld.

Ravndal, Jacob Aasland et al. (2020): RTV Trend Report 2020. Right-Wing Terrorism and Violence in Western Europe, 1990–2019

Über die Publikation

Die Studie gibt einen Überblick über Rechtsterrorismus und schwere rechtsextrem motivierte Gewalttaten in Westeuropa im Jahr 2019 – einschließlich der Anzahl der Gewalttaten, Tätertypen, Betroffenengruppen und verwendeten Waffen.

Methode

Bei Betrachtung der tödlichen Ereignisse werden wichtige langfristige und kurzfristige Trends (schweren Formen) rechtsextremer Gewalt seit 1990 erörtert. Der Bericht enthält Momentaufnahmen von Fallstudien dreier Länder mit relativ hohen Gewaltraten (Deutschland, Griechenland und Spanien) sowie Informationen zu Online-Terrorismus und Angriffe auf Politiker:innen.

Zentrale Befunde/Aussagen

Trotz der weitverbreiteten Besorgnis über eine wachsende terroristische Bedrohung durch die extreme Rechte weltweit war 2019 in Westeuropa weder ein außergewöhnlich „gewalttätiges“ Jahr, was die Zahl der tödlichen Angriffe angeht, noch ein besonders „tödliches“, was die Zahl der Todesopfer angeht. Die Art der rechtsextremen Gewalt, einschließlich der Häufigkeit, der Art der Täter und der Auswahl der Ziele, lässt allerdings darauf schließen, dass der nationale und manchmal auch der lokale politische Kontext immer noch eine wichtige Rolle spielt und dementsprechend unterschiedliche Bedrohungslagen bestehen. Relevant ist, dass die Anschläge (und gescheiterten Anschlagsversuche) von 2019 in Europa – einschließlich der Morde in Halle (Saale) – vom globalen rechtsterroristischen Trend (Stichworte: Christchurch, Poway, El Paso) inspiriert waren (S. 24). Ein zweiter Trend, der sich während der Erstellung dieses Berichts abzeichnete, ist die Reaktion der extremen Rechten auf die Corona-Krise, die den Autor:innen zufolge „eine viel unmittelbarere Bedrohung für die westlichen Gesellschaften darstellt als der Rechtsterrorismus“. Doch der revolutionäre Flügel der extremen Rechten versuche bereits, diese Krise auszunutzen, indem er Desinformationen und ‚Fake News‘ verbreitet, um Verschwörungstheorien zu nähren und dadurch die Polarisierung zu ‚beschleunigen‘ und letztlich den Zusammenbruch des derzeitigen ‚Systems‘ voranzutreiben (S. 24).

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.sv.uio.no/c-rex/english/publications/c-rex-reports/2020/rtv-trend-report/c-rex-rtv-trend-report-2020.pdf

Quelle

Ravndal, Jacob Aasland/Sofia Lygren/Anders Ravik Jupskås/Tore Bjørgo (2020): RTV Trend Report 2020. C-Rex – Center for Research on Extremism: Oslo.

Rees, Jonas et al. (2019): Climate of Hate: Similar Correlates of Far Right Electoral Support and Right-Wing Hate Crimes in Germany

Über die Publikation

Die Studie analysiert mittels eines innovativen Datendesigns Zusammenhänge zwischen Sozialstruktur, individuellen Einstellungen und ihre Zusammenhänge zur Wahl der AfD und dem Ausmaß rechter, geflüchetenfeindlicher Straftaten. Die Studie kombiniert dabei räumliche Daten zur Sozialstruktur (u. a. Arbeitslosigkeit) und Einstellungsdaten (u. a. Deprivationswahrnehmung) mit dem regionalen Wahlverhalten (Zweitstimmenanteile AfD) und der Statistik rechter und geflüchtetenfeindlicher Hasskriminalität auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte.

Methode

Für die Analyse wurden Daten zum Wahlverhalten, zur Raumstruktur und zur politisch-motivierten Kriminalität auf der Ebene der 401 Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands zusammengefasst und mit Befragungsdaten von 2.008 interviewten Personen kombiniert.

Zentrale Befunde/Aussagen

Im Ergebnis lässt sich zeigen, dass individuelle Einstellungen, soziostrukturelle räumliche Merkmale und handlungsbezogene Merkmale zusammenhängen, auch wenn sie räumlichen Variationen unterliegen. Zwischen den Zweitstimmenanteilen der AfD und dem Umfang der erfassten Hasskriminalität zeigten sich positive Zusammenhänge. Die Pfadanalysen ergaben dazu positive Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit und AfD-Wahl und negative hinsichtlich des Anteils an Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft („Ausländeranteil“). Bezüglich der Arbeitslosigkeit konnten ebenfalls positive Zusammenhänge zur Hasskriminalität gezeigt werden, während der Ausländeranteil in Ostdeutschland einen positiven, in Westdeutschland dagegen keinen signifikanten Zusammenhang aufzeigte. Auch wenn die Zusammenhänge zwischen den Kreisen, insbesondere im Ost-West-Unterschied variieren, erweist sich die Identifikation von „high risk areas“ mittels Kontextfaktoren als zielführend, da sie – wenngleich mit einigen Unsicherheiten behaftet – Rückschlüsse auf die politische Kultur und Handlungsebene des gewaltförmigen Extremismus ermöglicht.

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

core.ac.uk/download/pdf/237117313.pdf

Quelle

Rees, Jonas H./Rees, Yann P.M./Hellmann, Jens H./Zick, Andreas (2019): Climate of Hate: Similar Correlates of Far Right Electoral Support and Right-Wing Hate Crimes in Germany. Front. Psychol. 10:2328. doi: 10.3389/fpsyg.2019.02328.

Rieger, Diana et al. (2021): Wie das Internet Radikalisierungsprozesse fördert – 5 Ansatzpunkte für die Forschung

Über die Publikation

Der Beitrag ist Teil des ersten und künftig jährlich erscheinenden Monitor-Berichts des Verbundprojekts MOTRA. MOTRA wurde auf Initiative der Forschungsstelle Terrorismus/Extremismus (FTE) im BKA gegründet. Der hier ausgewählte Fachartikel „stellt das MOTRA Internetmonitoring vor. Ziel des Internetmonitorings ist es, das Radikalisierungspotenzial verschiedener Charakteristika digitaler Räume zu analysieren und dadurch Faktoren für eine Radikalisierung im Internet herauszuarbeiten. Die Relevanz dieser Faktoren soll genauer erforscht werden, um themenbezogen kritische, möglicherweise demokratieschädigende Entwicklungen im Internet zu beobachten [...].“ (S. 207)

Methode

Im Beitrag werden die Forschungsansätze sowie das methodische Vorgehen des Internetmonitorings innerhalb des MOTRA-Verbunds vorgestellt. Es werden drei Kommunikationsebenen untersucht: „1) [...] die Analyse von Interaktionen und Diskursen (Makro-Ebene), 2) [...] die Analyse von Gruppenkommunikation (Meso- oder Gruppenebene) und 3) [...] Online-Experimente (Mikro-Ebene) zur Auswirkung von extremer digitaler Kommunikation auf Radikalisierungstendenzen“ (S. 208).

Zentrale Befunde/Aussagen

Die Autor:innen arbeiten in ihrem Beitrag auf Grundlage des aktuellen Forschungsstandes die Komplexität von Radikalisierungsprozessen im Internet heraus und machen dabei insbesondere auf die „große Bandbreite an Kommunikationsräumen“ (S. 229), die Volatilität extremistischer Akteur:innen, „ein umfangreiches Repertoire an Verschleierungstaktiken und Anonymisierungsstrategien“ (S. 229 f.) sowie die rigide Datenpolitik großer Social-Media-Plattformen aufmerksam. Sie schlagen daher fünf thematische Kategorien vor, anhand derer „die Einflussfaktoren von Online-Inhalten und -Kommunikation auf Radikalisierungsgeschehen“ (S. 230) bestimmt werden können: „Propaganda und strategische Kommunikation“ (S. 212ff.), „Verschwörungsnarrative“ (S. 216ff.), „Hate Speech und demokratiefeindliche Sprache“ (S. 219ff.), „Emotionale Sprache und affektive Reaktionen“ (S. 222ff.), „Online-Gruppen und Fringe Communities“ (S. 225ff.).

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.motra.info/motra-monitor-2020/

Quelle

Rieger, Diana/Schulze, Heidi/Hohner, Julian/Greipl, Simon (2021): Wie das Internet Radikalisierungsprozesse fördert – 5 Ansatzpunkte für die Forschung. In: Kemmesies, Uwe et al. [Hrsg.]: MOTRA-Monitor 2020. MOTRA/Bundeskriminalamt – FTE: Wiesbaden, S. 206–239.

Schultz, Tanjev [Hrsg.] (2021): Auf dem rechten Auge blind? Rechtsextremismus in Deutschland

Über die Publikation

Der Sammelband enthält zehn Beiträge zur Entwicklung des Rechtsextremismus in Deutschland. Die Autor:innen beleuchten u. a. die Geschichte des Rechtsextremismus nach dem Zweiten Weltkrieg und legen kritische Analysen zur Verantwortung von Polizei und Geheimdiensten vor. Besonders hervorzuheben sind Franka Maubachs Kapitel zur Entwicklung von Rassismus und Rechtsextremismus in der alten BRD und der DDR, Matthias Quents Kapitel über „Blinde Flecken öffentlichen und staatlichen Umgangs. Über die Rechtfertigung von Rechtsradikalismus und -terrorismus“ sowie Tanjev Schultzs Kapitel zu „Rechtsradikalen in Uniform“.

Methode

Der Band bietet einen Überblick zu aktuellen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten zum Thema und schließt mit Plädoyers für eine kritischere Auseinandersetzung und ein konsequenteres Handeln gegen Rechtsextremismus, vor allem vonseiten der Politik und Sicherheitsbehörden.

Zentrale Befunde/Aussagen

„Der Rechtsextremismus in Deutschland ist unübersehbar. Er zeigt sich im Internet und auf den Straßen, in der Politik und den Parlamenten. Er wütet in Online-Kommentaren, lärmt auf Kundgebungen und Rechtsrock-Konzerten. Er steckt sogar in den Sicherheitsbehörden, in der Polizei und der Bundeswehr, in deren Reihen zuletzt immer mehr Beamte und Soldaten mit radikalen Meinungen und radikalem Verhalten auffielen. Der Rechtsextremismus in Deutschland ist unübersehbar. Er hat allein seit der Wiedervereinigung mindestens 187 Menschen das Leben gekostet – getötet von Neonazis, militanten Rechten, braunen Terroristen.“ (S.9f.) „Deutschland ist jedoch den Nationalsozialismus nie ganz losgeworden. Wo er zu verschwinden schien, bildeten sich neue Gruppierungen, die den Rassismus und den Rechtsextremismus einerseits konservierten, andererseits in die veränderte, moderne Gesellschaft transportierten. Rechtsextremisten treten längst nicht mehr im alten Gewand auf, bedienen sich längst nicht mehr nur der alten Symbole. Es gibt braune Hipster, die ohne Stiefel und Glatzen auftreten. Es gibt rechte Rocker. Gutbürgerlich wirkende Lehrer und Verleger. Der Rechtsextremismus kennt heute viele Formen und Gestalten.“ (S. 10)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

shop.kohlhammer.de/auf-dem-rechten-auge-blind-40064.html

Quelle

Schultz, Tanjev [Hrsg.] (2021): Auf dem rechten Auge blind? Rechtsextremismus in Deutschland. Verlag W. Kohlhammer: Stuttgart.

Schwörer, Jakob (2021): The Growth of Populism in the Political Mainstream: The Contagion Effect of Populist Messages on Mainstream Parties' Communication

Über die Publikation

Der Autor beschäftigt sich in seinem Buch mit dem Einfluss von populistischen und rechtsradikalen Parteien auf die Kommunikation von Mainstream-Parteien in Deutschland, Österreich, Italien und Spanien. Er überprüft darin die weitverbreitete Hypothese eines „populistischen Zeitgeists“.

Methode

Um eine populistische Ansteckung in der formellen oder institutionellen Kommunikation von Mainstream-Parteien festzustellen, analysierte der Autor 52 Wahlprogramme und Webseiten von 16 verschiedenen Mitte-Links und Mitte-Rechts-Parteien in Italien, Spanien, Deutschland und Österreich. Um Verschiebungen in den Wahlprogrammen und Aussagen auf den Webseiten der Parteien festzustellen, wurde eine quantitative, nicht computerbasierte Analyse durchgeführt. Populistische Aussagen wurden mithilfe eines Codebuches ausfindig gemacht und gekennzeichnet. Um den konkreten Inhalt der jeweiligen Botschaften zu untersuchen, wurde eine qualitative Analyse vorgenommen.

Zentrale Befunde/Aussagen

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass tatsächlich viele Wahlprogramme von Mainstream-Parteien populistischer werden, wenn populistische Parteien größere Unterstützung bei den Wähler:innen gewinnen und zu neuen relevanten Konkurrenten werden oder die öffentliche Meinung populistischen Aussagen in größerem Maße zustimmt. Einen kausalen Mechanismus konnte die Studie jedoch nicht nachweisen. Auffällig in den Ergebnissen der Studie ist, dass Mainstream-Parteien häufiger nativistische Botschaften gegen Immigration und Fremdgruppen übernehmen als populistische eher linke Inhalte, die sich gegen politische und wirtschaftliche Eliten aussprechen. Diese Beobachtung trifft auf alle Mainstream-Parteien der Stichprobe mit Ausnahme der italienischen Mitte-Links-Partei zu. Dies deutet darauf hin, dass die Verbreitung nativistischer Botschaften heutzutage die größere Herausforderung für die Parteienpolitik ist und dass es angemessener sein könnte, von einem nativistischen statt von einem populistischen Zeitgeist zu sprechen.

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.springer.com/gp/book/9783030724481

Quelle

Schwörer, Jakob (2021): The Growth of Populism in the Political Mainstream: The Contagion Effect of Populist Messages on Mainstream Parties' Communication. Cham: Springer International Publishing.

Strobl, Natascha (2021): Radikalisierter Konservatismus. Eine Analyse

Über die Publikation

Die österreichische Sozialwissenschaftlerin und Publizistin Natascha Strobl stellt in ihrem Sachbuch-Bestseller die fließenden Übergänge zwischen bürgerlich-konservativer und rechtsradikaler Politik in den Mittelpunkt, die sie als internationalen Trend identifiziert und mit der Restrukturierung der Parteienlandschaft sowie der Veränderung sozio-politischer Wähler:innenmilieus kontextualisiert.

Methode

Strobl legt eine faktenreiche Studie vor, in der die Strategien, Ideologie, Programmatik, Selbstinszenierung, Feindbildkonstruktionen usw. der Akteur:innen differenziert dargestellt und eingeordnet werden. Die Autorin konzentriert sich dabei im Wesentlichen auf den Vergleich zwischen Trump bzw. den US-Republikanern und der ÖVP unter Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die Analyse erfolgt in sechs Schritten, wobei die jeweiligen Kapitelüberschriften bereits die kritische Beurteilung der Untersuchungsgegenstände durch die Autorin erkennen lassen: „Erschöpfende Zerstörung: Der bewusste Regelbruch“, „Die Führungsperson: Ich, Ich, Ich“, „Antidemokratischer Staatsumbau: Vormarsch auf die Institutionen“, „Jenseits der Wahrheit: Parallelrealitäten“ usw.

Zentrale Befunde/Aussagen

„Radikalisierter Konservatismus gibt vor, eine Position außerhalb des politischen Systems zu besetzen. Das ist ein Treppenwitz, da die betreffenden Parteien alt und staatstragend sind. Mit der Fokussierung auf die Führungsfigur geht eine weitreichende Umgestaltung der ganzen Partei einher. Diese fungiert nur mehr als Vehikel der Führungsfigur. Radikalisierter Konservatismus übernimmt die Strategien und die Sprache des Rechtspopulismus bzw. des parteiförmigen und außerparlamentarischen modernen Rechtsextremismus. Er setzt dabei auf Polarisierung statt auf Konsens und möchte das bestehende politische System zu seinen Gunsten umgestalten. Das Verhältnis zur medialen Öffentlichkeit ist geprägt von Spannung, Favoritismus und Härte. Dabei werden immer wieder strategisch und kalkuliert Regeln gebrochen. Die Vertreter:innen der Opposition [...] werden zu Feind:innen, die ausgeschaltet werden müssen. Dabei werden sie mit außerparlamentarischen politischen Gegner:innen vermengt, um einen Kulturkampf zu führen. Die Kulturkampflogik zieht sich durch jeden einzelnen Bereich. Es geht [...] darum, eine grundsätzlich andere Version der Realität zu erschaffen und möglichst viele Menschen dorthin mitzunehmen.“ (S. 32)

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.suhrkamp.de/buch/natascha-strobl-radikalisierter-konservatismus-t-9783518127827

Quelle

Strobl, Natascha (2021): Radikalisierter Konservatismus. Eine Analyse. Suhrkamp: Berlin.

Vehrkamp, Robert/Merkel, Wolfgang (2020): Populismusbarometer 2020. Populistische Einstellungen bei Wählern und Nichtwählern in Deutschland 2020

Über die Publikation

Die Studie präsentiert Befunde einer repräsentativen Onlinebefragung des Wissenschaftszentrums Berlin und der Bertelsmann Stiftung, die regelmäßig politische Einstellungen in Deutschland erhebt.

Methode

Im Rahmen der Onlineumfrage wurden 10.055 Personen befragt. Die Befragung ist repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren hinsichtlich Alter, Geschlecht und Bildungsstand und Regionen. Die Ergebnisse wurden nach Abstufungen im Antwortverhalten zu unterschiedlichen Kategorien (u. a. „populistisch“, „latent“ bzw. „manifest rechtsextrem“) gruppiert und deskriptiv aufbereitet.

Zentrale Befunde/Aussagen

Ein Kernbefund ist eine sichtbare Trendwende im Zuspruch zu populistischen Einstellungen. Diese waren im Jahr 2020 (20,9 %) um mehr als ein Drittel im Vergleich zu 2018 (32,8 %) gesunken. Die Trendwende hatte sich im Zuge der Coronakrise stabilisiert, war aber bereits zuvor sichtbar geworden. Gleichzeitig stieg allerdings das Risiko von Radikalisierungsdynamiken, insbesondere unter rechtspopulistisch eingestellten Teilen der Bevölkerung, für die die Verfasser eine zunehmende „Verschmelzung“ mit rechtsextremen Einstellungen feststellen (S. 17). Das betrifft im Besonderen die Wähler:innen der AfD: mit 56 % stimmen hier mehr als die Hälfte den Aussagen zur Erfassung rechtsextremer Einstellungen zu. Der Anteil sog. „latent oder manifest rechtsextrem eingestellter Wähler:innen“ (S. 18) liegt im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Parteien siebenmal höher. 94 % der AfD-Wähler:innen werden als „latent fremdenfeindlich“ klassifiziert und 90 % stimmen chauvinistischen Aussagen teilweise oder umfänglich zu. Insgesamt sehen die Verfasser der Studie den Rückgang populistischer Einstellungen auch als Erfolg „antipopulistischer Gegenmobilisierungen“ (S. 6) von Wählenden der demokratischen Mitte, in denen populistische Einstellungen deutlich rückläufig waren.

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/ZD_Studie_Populismusbarometer_2020.pdf

Quelle

Vehrkamp, Robert/Merkel, Wolfgang (2020): Populismusbarometer 2020. Populistische Einstellungen bei Wählern und Nichtwählern in Deutschland 2020. Wissenschaftszentrums Berlin/Bertelsmann Stiftung: Berlin/Gütersloh.

Virchow, Fabian/Alexander Häusler (2020): Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen

Über die Publikation

Die Studie analysiert die Protestdynamiken von Gruppierungen, die im Zuge der Pandemie in NRW gegen die staatlichen Hygienemaßnahmen mobilisierten, im Zeitraum März bis September 2020.

Methode

Analyse der 651 angekündigten oder angemeldeten Veranstaltungen im Untersuchungszeitraum, ihrer räumlichen Aspekte, der digitalen Mobilisierungsstrategien- und Inhalte, der Akteur:innengruppen und der politisch-kulturellen Milieus der Teilnehmenden. Die Studie fußt auf einer umfangreichen Datenerhebung der Protestereignisse, sozialer Medieninhalte der Protestgruppierungen, der Auswertung anderer wissenschaftlicher Studien zum Thema sowie den Daten und Expertisen zivilgesellschaftlicher Akteur:innen. Die Studie umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher quantitativer und qualitativer Methoden.

Zentrale Befunde/Aussagen

Im Zeitverlauf der Pandemie fand eine Professionalisierung der Proteste statt. Die Protestschwerpunkte bildeten sich besonders in den Großstädten heraus. Gruppen und Akteur:innen, die anfangs in losen Netzwerken eher dezentrale Proteste initiiert hatten, entwickelten sich im Verlauf der Pandemie zu einer Protestbewegung, die zahlreiche Kriterien einer sozialen Bewegung erfüllt. In der Analyse werden viele Fälle von NS-Relativierung, der Verbreitung von Verschwörungserzählungen, die implizit oder explizit häufig auf antisemitische Narrative rekurrieren, der Offenheit gegenüber rechtsextremen Akteur:innen, Symbolen und Inhalten sowie von Radikalisierungstendenzen in Teilen der Bewegung aufgezeigt. Für die Akteur:innen und Gruppierungen der extremen Rechten boten die Proteste willkommene Gelegenheiten, Themen jenseits des Pandemiegeschehens, bspw. „Migrations- und Globalisierungskritik“, zu transportieren. Die Schnittmengen zwischen den unterschiedlichen Protestmilieus und rechtsextremen Gruppierungen müssen vor dem Hintergrund als „milieu-übergreifende Radikalisierung interpretiert werden“ (S. 36). Über die unterschiedlichen Gruppen hinweg eint die weitverbreitete Skepsis und Distanz zu gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen große Teile der Protestbewegung.

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.bicc.de/uploads/tx_bicctools/CoRE_Kurzgutachten3_2020.pdf

Quelle

Virchow Fabian/Häusler Alexander (2020): Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen. Kurzgutachten 3. Netzwerk für Extremismusforschung in NRW. FORENA: Düsseldorf.

Zick, Andreas/Beate Küpper (2021): Die geforderte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2020/21

Über die Publikation

Der Sammelband „Die geforderte Mitte“ für die Jahre 2020 und 2021 ist die nunmehr achte Bestandsaufnahme zu Diskriminierung und Demokratiegefährdung in der Reihe der Mitte-Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die repräsentative Einstellungsbefragung erhebt gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland.

Methode

Die telefonische Befragung umfasste 1.750 Befragte, die repräsentativ für die dt. Wohnbevölkerung sind. Die Studie des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) Bielefeld wurde im Zeitraum zwischen dem 02.01.2021 und 17.02.2021 durchgeführt. Die Ergebnisse wurden deskriptiv aufbereitet und über Zusammenhangsmaße in ihrer Beziehung zueinander dargestellt.

Zentrale Befunde/Aussagen

In zahlreichen Untersuchungsdimensionen stellen die Autor:innen der Studie eine Abnahme gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und rechtsextremer Einstellungen gegenüber den vorherigen Befragungen fest. Allerdings konstatieren die Verfassenden gleichzeitig einen Anstieg des „klassischen“ (d. h. primären) Antisemitismus. Besorgniserregend ist daneben die Zunahme der sogenannten „Graubereiche“, die Zunahme an „teils/teils-Antworten“, in denen rechtsextreme und diskriminierende Aussagen nicht eindeutig zugestimmt wird, diese aber auch nicht explizit abgelehnt werden. Während gesellschaftliche Mehrheiten diskriminierende und demokratiegefährdende Aussagen häufig nicht unterstützen, sinkt der Anteil an Personen, die sich in bestimmten Bereichen explizit dagegen aussprechen bzw. deutlich davon distanzieren. Damit steigt das Risiko einer Normalisierung derartiger Einstellungsmuster. Die Studie umfasst zahlreiche weitere Beiträge zu Aspekten von Demokratiegefährdung und Diskriminierung, beispielsweise zu räumlichen Aspekten des Rechtsextremismus, Medienmisstrauen, „Antigenderismus“. Im Fazit unterstreichen die Autor:innen auch die Chancen einer demokratischen Gegenmobilisierung aus der „Mitte der Gesellschaft“.

Die vollständige Publikation finden Sie hier:

www.fes.de/forum-berlin/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2021

Quelle

Zick, Andreas/Küpper, Beate (2021): Die geforderte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2020/21. Dietz: Bonn.