Welche Erfahrungen haben Bürger/innen mit Hassrede und wie sind ihre Einstellungen zu Belästigungen und Hassrede im Internet? Um das zu erfassen, wurde im Juli 2018 eine repräsentative Online-Befragung mit N = 1.243 Bürger/innen Hessens im Alter ab 18 Jahren realisiert.
50 % der Befragten können sich vorstellen, dass der hessische Landtagswahlkampf durch Falschmeldungen (FakeNews) im Netz beeinflusst wird, 37 % können sich das eher nicht vorstellen.
Über ein Drittel der Befragten (34 %) gibt an, im Internet bereits beleidigt worden zu sein. Vor allem jüngere Menschen und Menschen aus Einwandererfamilien weisen dabei signifikant höhere Werte auf. So geben von den 18-bis 24-Jährigen befragten hessischen Internetnutzer/innen 69 % an, sie seien online beleidigt worden. Bei den Befragten aus Einwandererfamilien berichten 21 %, ihnen sei bereits körperliche Gewalt angedroht worden - im Vergleich zu 13 % im Gesamtdurchschnitt. 41 % der 18- bis 24-Jährigen aus Hessen wurden im Internet bereits sexuell belästigt.
Diese persönlichen Belästigungserfahrungen im Internet haben Konsequenzen für die Mehrheit der Betroffenen: Zwei Drittel der Befragten (65 %) berichtet von negativen Folgen durch Belästigungen im Internet, bei Frauen sind es sogar 72 %. Signifikant höher sind die Werte bei den jüngeren Menschen zwischen 18 und 24 Jahren. Hier geben 83 % der Befragten an, negative Folgen erlebt zu haben. 17 % der Befragten, die Onlinebelästigungen erlebt haben, berichten in der Folge von Depressionen; bei den 18- bis 24-Jährigen sind es sogar 30 %.
Insgesamt geben 84 % der Befragten an, dass sie bereits aggressive oder abwertende Botschaften gegen mindestens eine der abgefragten Gruppen oder Institutionen gesehen haben. Das heißt: Nur 16 % der hessischen Internetnutzer/innen in unserer Studie berichten, noch keine Hasskommentare gegen die abgefragten Gruppen und Institutionen im Internet gesehen zu haben. Die Abbildung zeigt, wieviel Prozent der hessischen Internetnutzer/innen abwertende und aggressive Äußerungen gegen die genannten Gruppen und Institutionen wahrgenommen haben.
„Hassbotschaften gefährden die Vielfalt im Internet, weil sie Menschen einschüchtern und verdrängen.“ Dieser Aussage stimmen drei von vier hessische Internetnutzer/innen zu. Die Existenz von Verdrängungseffekten wird durch den Umgang mit Hassrede im Internet bestätigt: Etwa die Hälfte der hessischen Internetnutzer/innen gibt an, sich in Reaktion auf Hassrede im Internet seltener zu ihrer politischen Meinung zu bekennen und sich seltener an Diskussionen im Netz zu beteiligen. Das bedeutet, dass Menschen durch Hassbotschaften systematisch aus Onlinediskussionen vertrieben werden und sich vertreiben lassen. Darunter leiden die betroffenen Personen, der Meinungspluralismus im Netz und somit letztlich die demokratische (Diskurs-)Kultur.
Ein sehr großer Teil der hessischen Internetnutzer/innen ist mit diesen Hassbotschaften nicht einverstanden. 72 % stimmen der Aussage zu, dass Hasskommentare nicht toleriert werden sollten, egal ob sie gegen Gesetze verstoßen oder nicht. Nur 16 % sind der Meinung, „Hasskommentare müssen grundsätzlich toleriert werden“. Die Mehrheit fordert, dass etwas gegen den Hass im Netz getan wird und erwartet ein stärkeres Engagement der hessischen Landesregierung.
Die konkreten Forderungen, mit denen Campact e.V. den Hass im Internet eindämmen, Betroffene stärken und konsequente Strafverfolgung von Täter/innen durchsetzen will, finden in Hessen sehr große Zustimmung.