Call for Papers: Sicherheit – Schlüsselbegriff einer offenen Gesellschaft

Der 16. Band der IDZ-Schriftenreihe „Wissen schafft Demokratie“ will gesellschaftliche Debatten rund um das Thema Sicherheit als Schlüsselbegriff einer offenen Gesellschaft abbilden und insbesondere die vielfältigen Perspektiven gesellschaftlich marginalisierter Gruppen auf Fragen von (Un-)Sicherheit aufzeigen.

Call for Papers Band 16 der Schriftenreihe Wissen schafft Demokratie

Der Begriff der Sicherheit nimmt eine zentrale, aber gleichzeitig oftmals vage und umstrittene Rolle in demokratischen Gesellschaften ein. Aufgrund geänderter Wertevorstellungen und neuer politischer Herausforderungen hat sich das gesellschaftliche Verständnis des Sicherheitsbegriffs in den letzten Jahrzehnten stetig erweitert, hin zu einer stärker sozialen und humanitären Fokussierung. Das hat zur Folge, dass die vielfältigen Sicherheitsbedürfnisse verschiedener gesellschaftlicher Gruppen immer stärker im Widerspruch mit den staatlichen Möglichkeiten sowie dem Willen, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, stehen.

Trotz oder gerade wegen dieses Widerspruchs steht die staatliche Gewährleistung innerer Sicherheit vor allem in Zeiten politischer Wahlkämpfe oftmals im Fokus der öffentlichen Debatte. Dabei ist auffällig, dass insbesondere die Migration und Flucht von Menschen nach Deutschland von verschiedenen gesellschaftlichen und staatlichen Akteur*innen – auch aktuell – als Bedrohung für die innere Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt konstruiert werden. Die Sicherheitsbedürfnisse geflüchteter, migrantischer und rassismusbetroffener Menschen spielen hingegen meist nur eine Nebenrolle in der öffentlichen Debatte. Somit stellt sich die Frage, für wen der Staat Sicherheit gewährleisten kann und soll: Welche Bevölkerungsgruppen und Institutionen stellen das Referenzobjekt des staatlichen Sicherheitsbegriffs dar? Und was hat es für Auswirkungen, wenn verschiedene Sicherheitsbedürfnisse gegeneinander ausgespielt oder gezielt Ängste, zum Beispiel vor Zuwanderung von Geflüchteten, durch politische Entscheidungsträger*innen oder medial geschürt werden?

Gleichzeitig sind gesellschaftliche Auswirkungen von (Un-)Sicherheiten nicht auf das Verhältnis von staatlichen Institutionen und Bevölkerung begrenzt. So bringen globale Krisen wie die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, der Klimawandel und zuletzt der Krieg in Nahost gesellschaftspolitische und sozioökonomische Unsicherheiten und Ängste hervor, die immer auch Auswirkungen auf die lokale demokratische Kultur haben und oftmals lokal verankerte antidemokratische Protestdynamiken befeuern. Durch die sogenannten Montagsdemos während Pandemie und Energiekrise, die an vielen Orten maßgeblich von extrem rechten Akteur*innen mitgeprägt wurden, wurden viele Innenstädte zu Angsträumen für diejenigen, die von den Demonstrierenden als politische Feinde wahrgenommen und markiert wurden. Seit dem jüngsten Terrorangriff der Hamas auf Israel häufen sich zudem antisemitische Bedrohungen gegen Jüdinnen*Juden in Deutschland, die deren sowieso bereits bestehende Unsicherheiten massiv verstärken.

Der 16. Band der IDZ-Schriftenreihe „Wissen schafft Demokratie“ will gesellschaftliche Debatten rund um das Thema Sicherheit als Schlüsselbegriff einer offenen Gesellschaft abbilden und insb. die vielfältigen Perspektiven gesellschaftlich marginalisierter Gruppen auf Fragen von (Un-)Sicherheit aufzeigen.

Wir freuen uns über Einreichungen zu folgenden Themen und Fragestellungen:

  • Zum Verhältnis von Sicherheit und Freiheit: Wie kann eine Gesellschaft angesichts unterschiedlicher Bedrohungslagen resilient und sicher bleiben, ohne freiheitliche Offenheit aufzugeben?
  • Welche Schutzkonzepte braucht eine demokratische, handlungsfähige Zivilgesellschaft?
  • Zur Rolle von Sicherheit im Verhältnis von Bevölkerung und Staat: Welche Auswirkungen haben staatliche Sicherheitsverständnisse und -strategien auf das Sicherheitsempfinden und -verständnis verschiedener Bevölkerungsgruppen?
  • Wie können Rolle und Funktion von Sicherheitsbehörden in der demokratischen Gesellschaft kritisch analysiert und reflektiert werden?
  • Welche Unsicherheiten entstehen als Folge von rechter, rassistischer, antisemitischer oder weiterer gruppenbezogen menschenfeindlicher Gewalt und Bedrohung und wie kann mit diesen umgegangen werden?
  • Wie entstehen (Un-)Sicherheiten im Alltagsleben aus der Perspektive unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen und was sind ihre gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen?
  • Welche alternativen und solidarischen Sicherheitsverständnisse und -strategien gibt es?

Wir begrüßen zudem Beiträge, die die oben genannten Themen auch im Kontext von Digitalisierung sowie die Dynamik von On- und Offline-Interaktionen diskutieren. Besonders gewünscht sind überdies Beiträge, die sich auf Thüringen beziehen und die empirisch begründete Handlungsempfehlungen beinhalten.

Über die Schriftenreihe

Die Schriftenreihe „Wissen schafft Demokratie“ des IDZ ist ein Instrument für den Transfer von Beobachtungen, Erfahrungen, Analysen und Befunden zwischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik. Menschenfeindliche und demokratiegefährdende Phänomene werden von unterschiedlichen Standpunkten beleuchtet. Sie richtet sich an zivilgesellschaftliche und politische Akteur*innen sowie an Wissenschaftler*innen. Sie erscheint zweimal jährlich kostenfrei als Print- und Open-Access-Version mit großer Reichweite (https://www.idz-jena.de/schriftenreihe/ueber-die-schriftenreihe).

Zum Ablauf

Die Schriftenreihe richtet sich an Forschende und Praktiker*innen, daher wird ein auch für Nichtakademiker*innen verständlicher Schreibstil erwartet. Interessierte senden bitte bis spätestens 3. Februar 2024 ein Abstract im Umfang von max. zwei Seiten an wsd@idz-jena.de. Die Abstracts werden redaktionell gesichtet. Autor*innen ausgewählter Abstracts werden schnellstmöglich eingeladen, ein Manuskript (max. 20.000 Zeichen ohne Literaturverzeichnis) bis zum 31. Mai 2024 einzureichen. Diese werden anschließend begutachtet. Die positiv begutachteten Beiträge erscheinen voraussichtlich im vierten Quartal 2024. Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen!