Pressemitteilung: Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts im NPD-Verbotsverfahren

Erneut ist beim Bundesverfassungsgericht der Versuch gescheitert, die rechtsextreme NPD zu verbieten. Damit wurde auch ein Schlussstrich unter die NPD-Verbotsdebatte gezogen. Zivilgesellschaftliche Initiativen und Wissenschaftler fordern nun gesteigertes Engagement gegen Rassismus, Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und deren Ursachen sowie ein Demokratiefördergesetz.

Timo Reinfrank, Koordinator der Amadeu Antonio Stiftung, fordert die Umsetzung eines Demokratiefördergesetzes im Bund noch in dieser Legislaturperiode sowie in den Ländern. Damit sollen zivilgesellschaftliche Initiativen und Maßnahmen, die der Prävention, Sensibilisierung und Bildung dienen, nachhaltig gesichert und gestärkt werden.

Vor allem in Hinblick auf den Bundestagswahlkampf weist Reinfrank auf ideologische Gemeinsamkeiten zwischen der NPD und Teilen der AfD hin: „Der Bundesrat stellte in seinem Verbotsantrag die Ideologie eines „ethnischen Volksbegriffes“ sowie die „Exklusion von Grundrechtsberechtigung“ bei der NPD in den Vordergrund. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungswidrigkeit dieser Ideologie im Kern bestätigt. Auch in der Programmatik der AfD findet sich beispielsweise die Forderung, das Grundrecht auf Religionsausübung für Muslime einzuschränken. Politik und Zivilgesellschaft müssen die Grundwerte unserer Demokratie entschlossen verteidigen. Allein mit Verboten ist den seit Beginn des NPD-Verbotsverfahrens 2012 noch gewachsenen Herausforderungen für die Demokratie nicht beizukommen.“, sagte Reinfrank.

Der Soziologe Matthias Quent, Direktor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena, begrüßte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts: „Dies bedeutet vor allem das Ende einer jahrzehntelangen Phantomdiskussion. Die NPD ist bereits seit Beginn des Verbotsverfahrens im Jahr 2012 eine enorm geschwächte Partei im Wartestand. Viele Aktivisten und Aktivistinnen sind bereits in andere Parteien und Gruppen gewechselt. Die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern haben gezeigt, dass ein großer Teil der NPD-Wählerschaft ihr Kreuz nun bei der AfD macht. Der Hass findet immer ein Sprachrohr, daher reicht es nicht, die Symptome zu bekämpfen – es braucht eine Auseinandersetzung mit den Ursachen von Rechtsextremismus. Diese liegen nicht bei einem ‚extremen‘ Rand, sondern in der Gesellschaft.“

Beide heben hervor, dass die NPD zwar parlamentarisch bedeutungslos ist, jedoch in einigen Regionen Ostdeutschlands noch immer die demokratische Kultur einschränkt und gefährdet. Das Urteil dürfe nicht als Freibrief für Rassismus, Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit verstanden werden.