Die globale Gesellschaft am Scheideweg zwischen Vergangenheit und Gegenwart – wie geht es weiter?

In seiner Keynote betrachtet Brian N. Williams am Beispiel der US-amerikanischen Polizeiarbeit den sozialen Zusammenhalt in der US-amerikanischen Gesellschaft und fragt, wie es möglich ist, eine sozial kohäsive Gesellschaft innerhalb der USA hervorzubringen. Er stellt dar, warum es welche Risse innerhalb der Gesellschaft gibt und zeigt, wie diese sich auswirken, um am Ende globale Schlussfolgerungen für Forschung, Engagement und Praxis abzuleiten.

Soziale Spaltung am Beispiel der US-amerikanischen Polizeiarbeit

In meinem Beitrag1 möchte ich zunächst eine Definition für sozialen Zusammenhalt vorlegen: Es geht um Verbundenheit und Solidarität unter Gruppen innerhalb der Gesellschaft, die sich auf das Gefühl von Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft oder Gemeinschaft beziehen. Das wiederum hängt davon ab, dass reale, authentische Beziehungen zwischen Mitgliedern dieser Gesellschaft oder Gemeinschaft geführt werden. Wenn ich an sozialen Zusammenhalt denke, denke ich an folgende Zielvorstellungen: Ein Ideal ist es, eine Vorstellung von sozialer Balance zu erreichen. Dabei ist die Verteilungsgerechtigkeit (englisch: equity) zentral, nicht die einfache Gleichheit (englisch: equality). Ein weiteres Ideal ist die Eliminierung von Stigmata, Marginalisierung und Exklusion von Menschen. Diese Prozesse ziehen soziale Brüche nach sich, die unsere Gemeinschaften und Gesellschaften beeinflussen. Dieses Ideal geht einher mit dem Gedanken, das Wohlergehen aller zu maximieren, sodass Menschen selbstverwirklicht leben können und werden können, was sie werden wollen – unabhängig von ihrem Hintergrund. Das bedeutet für mich das Erreichen einer konstruktiven Art von nationaler Identität bzw. einer lokalen oder kommunalen Art der Identität. Sozialer Zusammenhalt ist ein am Menschen orientierter Prozess, bei dem es allen voran darum geht, wie wir kollaborativ eine Gesellschaft konstruieren, die für uns alle geschaffen ist. Wie können wir, bildlich gesprochen, ein Haus erschaffen, dass uns alle beherbergt? Es braucht uns alle in diesem Prozess, es gemeinsam zu konstruieren, Arbeit reinzustecken und sicherzustellen, dass es uns alle auf eine faire Weise beherbergt. Dieses Vorgehen spiegelt das Modell der Vereinigten Staaten wider, welches mit dem lateinischen Ausspruch „E pluribus unum“ („Aus vielen eines“) beschrieben ist. So weit die Theorie! Aber wie sieht es in der Praxis aus? Das beleuchte ich im Kontext des gegenwärtigen Zustands der beziehungsbasierten Polizeiarbeit in den Vereinigten Staaten.

Ein theoretisches Prinzip der Polizeiarbeit in den USA wird im Ethikkodex der International Association of Chiefs of Police (IACP)2 deutlich. Im ersten Paragraf heißt es: „As a law enforcement officer, my fundamental duty is to serve the community; to safeguard lives and property; to protect the innocent against deception, the weak against oppression or intimidation and the peaceful against violence or disorder; and to respect the constitutional rights of all to liberty, equality and justice.“3

Doch wo diese Theorie auf gegenwärtige Praxis trifft, sehen wir soziale Spaltung und einen Mangel an Harmonie. Wir sehen die soziale Spaltung konkret an den Menschen, die durch die Hand der Polizei ihr Leben verlieren – in diesem Fall Schwarze Männer und Frauen. Ich habe nur einige wenige ausgewählt. Von George Floyd haben Sie mit Sicherheit gehört. Aktuell haben wir ein laufendes Gerichtsverfahren aufgrund des Todes von Daunte Wright. Beide Fälle ereigneten sich im Bundesstaat Minnesota. Freddy Gray, Breonna Taylor, Eric Garner, Philando Castile, Michael Brown, Terence Crutcher – alle haben sie, verursacht durch die Polizei, in sehr fragwürdigen Situationen ihre Leben verloren. Das fordert das theoretische Prinzip heraus, welches dem Ethikkodex der IACP zugrunde liegt. Was wir sehen, ist die Realität und nicht das Ideal. Was wir erleben, ist soziale Spaltung. Wir sehen Brüche innerhalb des amerikanischen Hauses. Das erinnert mich an einen Satz Abraham Lincolns: „A house divided against itself cannot stand“ [„Ein Haus, das gespalten ist, kann nicht stehen“].

Wenn wir also über diese soziale Spaltung nachdenken, sage ich nicht, dass es sich um eine Kausalität handelt. Aber ich glaube, dass es einen Zusammenhang gibt, wenn wir beispielsweise auf das Vertrauen in die Polizei schauen. Meinungsumfragedaten4 in Bezug auf das Vertrauen in die Polizei, aufgeteilt nach weißen und Schwarzen Erwachsenen, zeigen einen Unterschied: Zwei unterschiedliche gelebte Erfahrungen, zwei unterschiedliche Wahrnehmungen, vielleicht zwei unterschiedliche Realitäten. Diese unterschiedlichen Wahrnehmungen der Realität haben nicht nur Auswirkungen auf die Polizeiarbeit, sondern auch auf das Vertrauen in andere US-amerikanische Institutionen. Das sind die Risse und Brüche, die sich auf das „Haus der USA“ auswirken. Das beeinflusst den sozialen Zusammenhalt. Es spiegelt die soziale Spaltung wider.

Ich konstatiere dabei ein „Unvermögen der vollständigen Problemanerkennung“, etwas, das ich den Eisbergeffekt nenne. An der Oberfläche mögen die Dinge anders aussehen, sehr viel positiver. Aber unter der Oberfläche sehen wir eine Masse, die sich negativ auswirken kann, und ich denke, das ist es, was wir derzeit erleben. Wir scheitern daran, die Größe und Komplexität des Eisbergs anzuerkennen. Wir erkennen nur die Dinge, die wir sehen können. Wenn wir über unsere demokratischen Institutionen, unsere Demokratien nachdenken, gibt es diese Annahme, dass sie nicht angreifbar seien. Aber am Eisberg-Beispiel wird deutlich, dass Strukturen, die wir nicht bedroht sehen, in der Tat sehr wohl bedroht und zerstört werden können – und zwar dann, wenn wir den Eisberg nicht in seiner Gesamtheit anerkennen. Wenn wir also über den aktuellen Stand der beziehungsorientierten Polizeiarbeit nachdenken, dann frage ich mich: Wie konnte es so weit kommen? Dafür blicke ich auf die Entstehungsgeschichte der amerikanischen Polizeiarbeit zurück. Die Polizeiarbeit wurde in den USA, historisch betrachtet, als Instrument zum Schutz von Profiten auf Kosten von Menschen eingesetzt. Das alles basiert auf dem Konzept der sozialen Ausgrenzung, bei dem Gesetze oder soziale Normen durchgesetzt wurden, die eine bestimmte Gruppe von Menschen ausschließen: die Versklavten, People of Color, Immigrant:innen – und zwar im Kontext der Überlegung, wie man Ordnung bewahrt in den zunehmend urbanisierten, industrialisierten Gemeinden des späten 19. Jahrhunderts, in die viele Menschen strömten, die als „Andere“ wahrgenommen wurden. Daraus resultierte eine Angst vor Immigration und Migration. Polizeiarbeit schien immer das Leben und die Freiheiten der einen auf Kosten der anderen zu schützen. Das ist das geteilte Narrativ, das ist die Herkunftsgeschichte amerikanischer Polizeiarbeit. Wenn wir jedoch einen genaueren Blick darauf werfen, können wir erkennen, dass die soziale Konstruktion von betroffenen Bevölkerungsgruppen entscheidend für diesen Prozess ist, der zu diesen historischen Schäden geführt hat. Diese Schäden der fernen und näheren Vergangenheit sind auch in der Gegenwart präsent. Soziale Konstrukte sind mächtig, wenn wir darüber nachdenken, denn es geht dabei vor allem um Sinnstiftung – doch auf Grundlage dieser sozialen Narrative werden bestimmte Bevölkerungsgruppen stigmatisiert oder dämonisiert und andere Bevölkerungsgruppen vergöttert. Im amerikanischen Kontext ist das meiner Ansicht nach unsere Realität gewesen. Und ich nehme an, im deutschen Kontext wird es ähnlich sein. Aus meiner Sicht handelt es sich hier um ein menschliches Problem. Es ist nicht auf ein Land oder einen Kontinent beschränkt. Unsere Realität ist Ausdruck sozialer Ungerechtigkeit. Diese ungerechten Praktiken sind auf der Grundlage sozialer Konstruktionen betroffener Bevölkerungsgruppen entwickelt und implementiert worden. Das hat zu historischem, aber auch zu gegenwärtigem Schmerz und Leid geführt.

Das administrative Übel

Der Schmerz- und Leidensweg wurde und wird durch Regierungsinstitutionen und den Prozess des Regierens begünstigt. Ich nutze hierfür den Begriff des administrativen Übels von Adams Balfour, das von zwei Gruppen von Akteur:innen ausgeht: intentionale Akteur:innen, die vorsätzlich handeln, und funktionale Akteur:innen, die funktional handeln. Intentionale Akteur:innen sind die politischen Entscheidungsträger:innen, die konkrete Politik machen. Diese Politik wiederum ist durch die sozialen Konstruktionen, die auf bestimmte Bevölkerungsgruppen abzielen, geprägt und beeinflusst. Die Akteur:innen, die funktional handeln, verwirklichen die Entscheidungen, etwa Polizeibeamt:innen, die Gesetze durchsetzen. Aber wenn wir über das administrative Übel nachdenken, beschränkt es sich nicht nur auf Regierungsinstitutionen. Adams Balfour folgend, wird die Form des administrativen Übels durch private, gemeinnützige und glaubensbasierte Organisationen und Institutionen begünstigt oder unterstützt. Das administrative Übel ist ein Prozess, den bestimmte Bereiche unserer Gesellschaft unterstützen. Dies führt zum Konzept des administrativen Rassismus. Er umfasst die Art und Weise, wie Dienstleistungen erbracht werden, wie im Prozess der Leistungserbringung Rassismus Ergebnisse begünstigt, die insbesondere People of Color in den USA Schaden zufügen. Was hier zum Ausdruck kommt, ist eine systemische und institutionalisierte Form des Rassismus, der in unsere Strukturen, unsere Politik und unsere Prozesse eingebettet ist. Wenn wir über administrativen Rassismus nachdenken, dann ist er das Ergebnis des Handelns, aber auch des Nichthandelns öffentlicher Verwaltungsbeamt:innen.

Die Herausforderung besteht darin, den Kreislauf der sozialen Konstruktionen zu durchbrechen: ein Kreislauf, bei dem sich die sozialen Konstruktionen auf die sozialen Normen auswirken, welche sich wiederum auf die politische Gestaltung öffentlicher Politik auswirken. Diese wirken sich auf die öffentlichen Organisationen aus, die wiederum die Umsetzung der beruflichen Praxis beeinflussen, die wiederum die öffentlichen Meinungen verstärken, die zu den sozialen Konstruktionen führen. Es ist ein Teufelskreis. In Hinblick auf die gegenwärtige beziehungsorientierte Polizeiarbeit in der USA sehe ich Gleichgültigkeit, basierend auf den sozialen Konstruktionen, die sich auf die öffentliche Wahrnehmung auswirken, basierend auf einem öffentlichen Regelwerk, das vom administrativen Übel kontaminiert wurde, basierend auf den professionellen Praktiken, die so sehr von administrativem Rassismus durchdrungen sind und zu Diskriminierung, Unterdrückung und Ungerechtigkeit führen – nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart. Es herrscht ein Mangel an Bewusstsein, Verständnis und Beachtung dieser sozialen Konstruktionen, des administrativen Übels, des administrativen Rassismus und historischer Leiden, sozialer ausgrenzender Praktiken und sozialer Ungerechtigkeiten. All das mündet darin, dass die Probleme nicht angegangen werden.

Für die gegenwärtige Polizeiarbeit in den USA lassen sich einige Ansätze nennen, die diese Effekte abmildern: etwa mehr Beschäftigung mit dem sozialen Konstrukt race und insbesondere die Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Black Crimmythology“, also mit dem Mythos, dass Schwarzsein und Kriminalität miteinander verbunden sind. Es gibt Forschung, die sich Trauma und Epigenetik (also der Vererbung von Traumata durch Gene) widmet, sowie dem Begriff der „Identitätsfusion“ im Zusammenhang mit race. Darüber hinaus schlüsseln Forscher:innen die polizeiliche Arbeit auf, führen Analysen auf der Makro-, Meso- und Mikroebene durch und versuchen, die Kultur und Subkultur der Polizeiarbeit und die Auswirkungen auf die Träger:innen der Uniform, aber auch auf diejenigen, die von den Träger:innen der Uniform geprägt werden, zu verstehen. Außerdem wird die Art und Weise in den Blick genommen, wie diese Institutionen und Organisationen aufgebaut sind – in Hinblick auf ihre Infrastruktur und Verwaltung.

Globale Schlussfolgerungen

Was folgen daraus nun für globale Schlussfolgerungen? Wohin geht die Reise für uns als globale Gesellschaft? Aktuell sehe ich uns – als globale Gesellschaft – an einem Scheideweg stehen, an dem man entweder in eine positive oder in eine negative Richtung gehen kann. Ich finde, dass wir Forschung brauchen, die uns einen Weg nach vorn weist, um Dinge sichtbar zu machen, die wir nicht sehen und nicht vollends berücksichtigen. Wenn wir an den Eisberg zurückdenken, gibt es bestimmte Dinge, die wir sehen und andere, die zwar riesig sind, aber unter der Oberfläche liegen. Wir brauchen eine Forschung, die tatsächlich versteht und berücksichtigt, was unter der Oberfläche liegt. Wie könnten Möglichkeiten aussehen, sozialen Zusammenhalt auf den Weg zu bringen, die ein Verstehen des „Anderen“, eine Würdigung des „Anderen“ mit sich bringen. Wie lässt sich die Theorie in die Praxis umsetzen?

Wenn wir über Forschungsmöglichkeiten an diesem Scheideweg nachdenken, sehe ich bildlich gesprochen Bedarf für einen Thermometer-Ansatz, der es uns ermöglicht, die gegenwärtige Temperatur eines Umfelds zu messen. Aber wir sollten uns zudem einer Forschung zuwenden, die auch als Thermostat fungiert: Forschung, welche die Temperatur eines Umfelds aufrechterhalten und verändern kann, Forschung, die sozialen Zusammenhalt erschafft, aufrechterhält und befördert. Aber wie könnte das über verschiedene Disziplinen hinweg aussehen? Ebenso müssen wir Forschungsansätze nutzen, die es uns erlauben, an den Mängeln, die mit dem Defizit sozialen Zusammenhalts einhergehen, zu arbeiten und diese zu beseitigen. Wenn wir über soziale Spaltung nachdenken, könnten wir fragen: Ist es der Apfel, ist es das Fass oder ist es der Baum? Ich erwidere: Es ist der Einfluss des Bodens. Und weil es der Einfluss des Bodens ist, müssen wir uns einer Forschung zuwenden, die auf individuelle Aspekte schaut – den Apfel; auf organisatorische und institutionelle Aspekte – das Fass; auf systemische Aspekte – den Baum; und allen voran auf gesellschaftliche Aspekte – veranschaulicht durch den Boden. Aus meiner Sicht ist der Boden kontaminiert und somit ist alles, was in ihm gedeiht, ebenfalls kontaminiert. Das ist Teil unserer gesellschaftlichen DNA, wir sind dazu veranlagt, zu diskriminieren.

Es gibt aber auch einige praktische Auswirkungen in Hinblick auf den Scheideweg, an dem wir uns befinden: Es geht darum, wie wir sicherstellen können, dass sich Menschen in unserer Gesellschaft beteiligen, ihre Stimme und Erfahrungen einbringen, sich wirklich an der Teilung von Macht beteiligen – es geht um einen „Macht mit“-Ansatz anstatt eines „Macht über“-Ansatzes, der bestimmte Teile unserer Bevölkerung einschränkt und ausschließt. Wenn wir die Menschen in den Prozess einbeziehen wollen, müssen wir verstehen, dass die Menschen unterschiedliche Lebensrealitäten haben, beruflich wie persönlich. Wie passen wir uns also an, wie denken wir über öffentliche Versammlungen nach? Für wen sind sie gedacht? Wo finden sie statt? Zu welchen Zeiten finden sie statt? Eine weitere praktische Auswirkung geht auf folgendes afrikanisches Sprichwort zurück: „Wenn du schnell gehen willst, gehst du allein. Aber wenn du weit kommen willst, musst du zusammen gehen.“ Wie gehen wir also vor, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und zu erhalten? Gehen wir schnell oder gehen wir weit? Gehen wir allein oder gehen wir gemeinsam? Öffentliches Regieren und soziale Inklusion legen Letzteres nahe, nämlich dass wir durch das gemeinsame Gehen weit kommen. Ich sehe momentan eine Gelegenheit, sich um eine bewusste Dekonstruktion und Rekonstruktion zu bemühen.

Wir befinden uns an einem Scheideweg zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wir können nicht rückwärtsgehen. Es gibt nur eine Richtung. Wenn wir nach rechts oder links gehen, kommen wir nicht voran. Das ist eine Sackgasse. Wir können nur vorwärtsgehen. Das erlaubt uns, nicht nur eine Ko-Konstruktion, sondern eine Poly-Konstruktion vorzunehmen, um einen Weg nach vorn zu finden, um tatsächlich einen sozialen Zusammenhalt zu erreichen, der notwendig ist. Natürlich spielt die Forschung eine wichtige Rolle in diesem Prozess, ebenso Politik und Praxis. An dieser Schnittstelle gibt es also einen Auftrag, eine Überzeugung in Bezug auf die Forschungsstrategien und die damit verbundene gemeinschaftliche Praxis, die ein Gefühl der gemeinsamen Verantwortung hervorhebt und das gemeinsame Verständnis davon befördert, dass all dies von der Bildung der Öffentlichkeit abhängt, um die bürgerlichen Fähigkeiten zu verbessern, die erforderlich sind, um das, was benötigt wird, mitzugestalten.

In der Zwischenzeit sind viele Dinge nicht in Einklang – Kopf, Herz und Hände, unsere Forschung, unser Engagement, unsere Politik und unsere Praxis. Das hat zu einer Zersplitterung unserer Körperpolitik geführt, bei der der Kopf, also das intellektuelle Kapital, das Kapital des Fachwissens, losgelöst ist vom Herzen und Einfühlungsvermögen und losgelöst ist von den Händen, also dem angewandten Wissen und der Praxis. Das hat zu einer Fehlausrichtung geführt, die sich auf den sozialen Zusammenhalt auswirkt und zu sozialer Spaltung führt. Das Entscheidende ist, dass wir mit dem Herzen bei der Sache sind. Wenn wir also unsere Forschung, unsere Politik und unsere Praktiken mit unserem Herzen in Einklang bringen, geht es vor allem um Empathie, um die Wertschätzung des „Anderen“. Dies kann ein Bewusstsein, ein Verständnis und eine Anerkennung hervorbringen, die nicht nur zu individuellem, sondern auch zu kollektivem Handeln führen. Es ist eine kollektive Herausforderung, ein globaler Auftrag, bei dem wir von Empathie zu Sympathie zu Mitgefühl übergehen, bei dem wir den Schmerz und das Leid anderer anerkennen, bei dem wir den Schmerz und das Leid anderer fühlen und bei dem wir auf den Schmerz und das Leid, das wir alle teilen, reagieren. Dazu gehören auch die Wissenschaftler:innen. Ich möchte an einen Ausspruch von Dr. Martin Luther King Jr. erinnern: „Wir müssen lernen, als Brüder [als Gesellschaft] zusammenzuleben oder zusammen als Narren unterzugehen.“ An diesem Punkt befinden wir uns – nicht nur in den USA, sondern weltweit. Als gläubiger Mensch und Optimist schließe ich mit einer positiven Bemerkung: Was hinter uns liegt und was vor uns liegt, ist winzig im Vergleich zu dem, was in uns liegt. Es ist uns möglich, den sozialen Zusammenhalt zu fördern und es liegt an uns, zu einem „Wir“ zu werden.

 

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1    IACP (o.J.). Law Enforcement Code of Ethics. Online verfügbar unter www.theiacp.org/resources/law-enforcement-code-of-ethics (abgerufen am 03.05.2022).

2    Übersetzung der Herausgeber:innen: „Als Gesetzeshüter ist es meine fundamentale Pflicht, der Gemeinschaft zu dienen; Leben und Eigentum zu schützen; die Unschuldigen vor Täuschung zu bewahren, die Schwachen vor Unterdrückung oder Einschüchterung und die Friedlichen vor Gewalt und Unruhe; und die Verfassungsrechte aller auf Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit zu respektieren.“

3    Jones, Jeffrey M. (2021). In U.S., Black Confidence in Police Recovers From 2020 Low. Online verfügbar unter news.gallup.com/poll/352304/black-confidence-police-recovers-2020-low.aspx [abgerufen am 20.06.2022].

4    Williams, Brian N./Duckett, Brendin (2020). At the Juncture of Administrative Evil and Administrative Racism: The Obstacles and Opportunities for Public Administrators in the United States to Uphold Civil Rights in the Twenty-First Century. Online verfügbar unter www.researchgate.net/profile/Brian-Williams-5/publication/343011812_At_the_Juncture_of_Administrative_Evil_and_Administrative_Racism_The_Obstacles_and_Opportunities_for_Public_Administrators_in_the_United_States_to_Uphold_Civil_Rights_in_the_21_st (abgerufen am 04.05.2022).