Einleitung
Häufig kursiert sowohl im alltäglichen Sprachgebrauch als auch in wissenschaftlichen Konzeptionen ein idealisiertes Verständnis von Zivilgesellschaft1, bei dem das Vereinswesen als per se demokratisch oder als Hort der Menschenrechte aufgefasst wird (Grande 2021, 16). Bei dieser Deutung wird die organisierte Zivilgesellschaft nahezu als Allheilmittel gegen rechts außen2 stilisiert, ohne dabei interne Herausforderungen in Betracht zu ziehen (Klein 2020). Entscheidend ist daher, in welchem Verhältnis die zivilgesellschaftlichen Akteur*innen zu gesellschaftlichen Konflikten stehen und wie diese Konflikte in die Organisationen der Zivilgesellschaft hineingetragen werden (Roth 2003). Diese konfliktorientierte Lesart von Zivilgesellschaft soll im vorliegenden Beitrag aufgegriffen werden, indem ein empirischer Blick auf die Zivilgesellschaft in der Auseinandersetzung mit der Partei Alternative für Deutschland (AfD)3 geworfen wird. Im Folgenden werden qualitative Interviews, die mit zivilgesellschaftlichen Repräsentant*innen4 geführt wurden, mit sekundäranalytischen Quellen (vorhandene Studien, journalistische Artikel und parlamentarische Anfragen) kombiniert und mittels induktiver Kategorienbildung ausgewertet, um geläufige Mittel oder Praxen der Einflussnahme vonseiten der AfD zu rekonstruieren und aufzubereiten.
Strategisches Handeln der AfD in Bezug auf die organisierte Zivilgesellschaft?
Generell sind sich Expert*innen uneins darüber, ob die AfD strategisch bei ihren Ambitionen vorgeht, integraler Bestandteil der Zivilgesellschaft zu werden. Während der Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch keinen systematischen Ansatz bei den Interventionen erkennt, sondern die rechtsradikale Partei allenfalls schnelllebige mediale Kampagnen durchführe (Rosbach 2020), bewertet die Amadeu Antonio Stiftung die Lage dringlicher: In bestimmten Bereichen, etwa den Polizeigewerkschaften, werbe die AfD gezielt für sich (ebd.). Im August 2019 wurde das parteieigene Strategiepapier „Die AfD auf dem Weg zur Volkspartei“ publik – verfasst von einer Gruppe um den ehemaligen Berliner Landesvorsitzenden Georg Pazderski. Darin wird ein „Marsch durch die Organisationen“ (analog zum Marsch durch die Institutionen der 68er-Bewegung) für die kommenden Jahre angekündigt, um gesellschaftliche Akzeptanz als Vorstufe für eine zukünftige Regierungsbeteiligung zu erreichen (Hillje 2019). Konkret werden „Traditions- und Brauchtumsvereine“, christliche Minderheiten, Gewerkschaften, Berufsverbände und Nachbarschaftsvereine als potenzielle Anschlussstellen in der Zivilgesellschaft ausgewiesen. Über den sozialen Kontakt und das Besetzen von Schlüsselpositionen in den Vereinen sollen lokal Sympathien aufgebaut und um Mitglieder geworben werden (ebd.). Zwar liegt ein Parteitagsbeschluss für das Papier vor, jedoch ist von dessen Umsetzung kaum etwas bekannt und die nationalkonservativen Verfasser*innen sind mittlerweile in der Partei weitgehend isoliert. Nichtsdestotrotz verfällt die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst5 in eine gewisse Hybris, was das Ziel der zivilgesellschaftlichen Verankerung betrifft:
Die ‚Angst‘ die Deutungshoheit in der sogenannten Zivilgesellschaft zu verlieren, bedeutet, Mehrheiten zu verlieren. Aber ich kann die Bedenkenträger be(un)ruhigen: Wir sind längst überall. Ihr versucht, uns zu unterwandern. Ihr habt den Marsch durch die Institutionen vorgelebt. Wir lernen schnell. Ihr seid unterwandert. Millionenfach. Und jetzt? Ich halte das für den gesellschaftlichen Ausgleich, der dringend als Kontrapunkt zu eurer marxistischen Gesellschaftsspalterei benötigt wird. (Höchst 2020)
Einflussversuche von rechts außen
Auch wenn solch verbales Säbelrasseln wenig substanziell erscheint, sorgt es im Zusammenspiel mit konkreten Aktionen für Unsicherheit bei den Verbänden, die das Vordringen rechtsradikaler Akteur*innen in die eigenen Reihen sowie interne Zerwürfnisse befürchten (Rosbach 2020).
Grob können die Einflussversuche von rechts außen in die folgenden fünf Kategorien unterteilt werden: 1. Adressierung zivilgesellschaftlicher Strukturen, 2. Druck über Finanzierung, 3. Nutzen bzw. Missbrauch parlamentarischer Instrumente, 4. Kampagnen der Diffamierung und 5. Schaffung alternativer Angebote. Allerdings bedienen sich rechtsradikale Akteur*innen selten nur einem der benannten Instrumente, stattdessen greifen die Maßnahmen häufig ineinander und werden zu einer Gesamtkampagne amalgamiert.
Adressierung zivilgesellschaftlicher Strukturen
Dass AfD-Sympathisant*innen sich in die internen Strukturen von zivilgesellschaftlichen Organisationen einbringen oder aufnehmen lassen wollen, wurde insbesondere für den kirchlichen Bereich bekannt. So ließ sich zum Beispiel der damalige Schatzmeister der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative Brandenburg“ in den ehrenamtlichen Pfarrgemeinderat Potsdams wählen (Kramer 2020). Zudem gaben öffentliche Bekenntnisse zum Christentum von AfD(-nahen) Politiker*innen, etwa Andreas Wild, oder von der Gruppierung „Christen in der AfD“, die von einer inner- und außerkirchlichen konservativen Opposition getragen wird, für die Kirchen den Anstoß, sich über den eigenen Umgang mit rechts außen zu verständigen (Interviews B5 und B9). Zuvor war laut einem Interviewpartner innerkirchlich die Annahme verbreitet, gläubige Christ*innen seien gegenüber menschenfeindlicher Gesinnung immun (B8).
Interviewpartner*innen aus dem Kleingartenwesen berichteten von einem weiteren Beispiel der Anwerbung: Bei einem politischen Diskussionsabend anlässlich der bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl in Berlin traten Vertreter*innen der AfD gemeinsam mit einem Kleingärtner auf, der in der Vergangenheit bereits für die Partei in seiner Sparte geworben hatte (B10, B10a). Von neuer Qualität wirkt der Fall beim Verein „Gesicht zeigen!“, der seit 20 Jahren politische Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus leistet. Unbemerkt wurde hier Ulrich Szepat, ehemaliges AfD-Mitglied und später parteiloses Mitglied der AfD-Stadtratsfraktion von Wernigerode, als Vereinsmitglied aufgenommen. Coronabedingt erfolgte der Ausschluss aus dem Verein erst verspätet (Rosbach 2020).
Druck über Finanzierung
Ein weiteres Mittel der AfD, um ausgewählte zivilgesellschaftliche Akteur*innen unter Druck zu setzen oder gar in ihrem Bestehen zu bedrohen, besteht darin, auf öffentliche Zuwendungen oder mittels Spenden einzuwirken. Bekannte Vereinnahmungsversuche sind Geldspenden von AfD-Politiker*innen an die Tafeln der Diakonie in Bayern und Thüringen – teilweise mit der Vorgabe, diese Hilfe nur „Deutschen“ zukommen zu lassen (Schroeder et al. 2020, 66). Gegenteiliges, nämlich die Streichung sämtlicher kommunaler Fördergelder, hat die „Aktion Zivilcourage“, die seit vielen Jahren demokratiefördernde Bildungsarbeit betreibt, im sächsischen Pirna erfahren: Im April 2020, also mitten im ersten Lockdown, beschloss im Stadtrat eine Allianz aus AfD, Freien Wählern und einer Frauke Petry-nahen Initiative die Ko-Finanzierung des Vereins zu streichen (Bartsch 2020). Dieses Handeln entspricht ganz der Leitlinie, die Björn Höcke bei der 200. Pediga-Kundgebung in Dresden ausgewiesen hatte: „Wir werden die sogenannte Zivilgesellschaft, die sich aus Steuergeldern speist, leider trockenlegen müssen“ (ebd.). Ähnliche Drohungen finden sich im internen Papier „Vorhaben 2019“ von Dennis Augustin, AfD-Landessprecher in Mecklenburg-Vorpommern, und in einem Gesetzesentwurf der sächsischen AfD-Landtagsfraktion, der die Streichung der Landesmittel für Träger*innen politischer Bildungsarbeit vorsieht (Bergermann 2018; Speit 2019).
Nutzen parlamentarischer Instrumente
Vorrangig werden allerdings parlamentarische Anfragen als Einflussinstrumente genutzt, die der AfD durch den Einzug in die Parlamente zur Verfügung stehen. Exemplarisch dafür steht die Anfragenkultur der Bundestagsfraktion, bei der gezielt Organisationen bzw. soziale Bewegungen wie die „Aktion Courage“, „Extinction Rebellion“ oder die Amadeu Antonio Stiftung herausgegriffen werden (Höchst 2021a). Insbesondere die Höhe, Zweckmäßigkeit und Verwendung der öffentlichen Finanzmittel werden akribisch hinterfragt bzw. auf Inkonsistenzen geprüft. Getragen wird diese Praxis von dem Motiv, Vereine und Initiativen als „linksextrem“ zu kategorisieren und zu verunglimpfen. So brachte die AfD Berlin im August 2017 die Anfrage „Linksextremistische Netzwerke in Berlin“ ins Abgeordnetenhaus ein – mit 129 Einzelfragen über 40 Organisationen und deren finanzielle und personelle Verbindungen zu linken Parteien (Abgeordnetenhaus Berlin 2017). Derlei Anfragen dienen zugleich der Informationsbeschaffung über die Arbeit der Organisationen und deren Personal. Das erworbene Wissen kann im nächsten Schritt den Ausgangspunkt für Negativ-Kampagnen bilden (Heinmüller und Mohseni 2018).
Doch auch ohne eine solche Folgeerscheinung sind diese Anfragen auf Akteneinsicht für die Betroffenen mit Unsicherheit und Überforderung verbunden: Erstens geraten damit konkrete Mitarbeiter*innen in den Mittelpunkt des Interesses, zweitens bauen diese Anfragen einen Rechtfertigungsdruck gegenüber der Öffentlichkeit und staatlichen Stellen auf, drittens verbrauchen Zuarbeiten wichtige Ressourcen, die an anderer Stelle für die Arbeit in Projekten fehlen (ebd.; Ratzmann und Sommer 2022). Kleine Einrichtungen, die sich im unmittelbaren sozialen Umfeld gegen die AfD oder deren Veranstaltungen positioniert haben, können infolgedessen langfristig von Angriffen der AfD betroffen sein. Dabei nehmen Anfragen einen zentralen Stellenwert ein. Die Geschehnisse rund um das Frauenzentrum „Paula Panke“ in Berlin-Pankow und das Stadtteilzentrum Steglitz können dies belegen: „Paula Panke“ hatte gemeinsam mit anderen Akteur*innen aus der Nachbarschaft eine Gegenveranstaltung zu einer 1. Mai-Kundgebung der AfD organisiert (Landero und Villegas 2020); das Steglitzer Stadtteilzentrum verwehrte der AfD die Nutzung ihrer Räumlichkeiten für Bürger*innen-Sprechstunden (B14). Seitdem sind beide Einrichtungen regelmäßig mit zahlreichen Anfragen von AfD-Abgeordneten sowohl aus den Bezirksverordnetenversammlungen als auch aus dem Abgeordnetenhaus konfrontiert (Abgeordnetenhaus Berlin 2018a, 2018b; B14; Landero und Villegas 2020). Das führte bei dem Steglitzer Stadtteilzentrum sogar zu einem positiven Nebeneffekt, denn in Reaktion darauf informierten die Mitarbeiter*innen regelmäßig über die eigene Arbeit in den Bezirksgremien. Im Zuge dieser größeren Transparenz erlangte die Einrichtung mehr Anerkennung im Bezirk (B14).
Kampagnen der Diffamierung
Solche Anfragen sind oft in größere Diffamierungskampagnen der AfD gegen zivilgesellschaftliche Organisationen eingelassen. Die Vorwürfe, denen die organisierte Zivilgesellschaft dabei ausgesetzt ist, wiederholen sich und widersprechen sich mitunter. Groß-Institutionen wie Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Gewerkschaften wird zugeschrieben, Teil des Establishments und „staatlich alimentiert“ zu sein, was sich in Bezeichnungen wie „Merkels sogenannte Zivilgesellschaft“ oder „Altparteien-Vorfeldorganisationen“ ausdrückt (Höchst 2021b, 2021a). So wird zum Beispiel der Arbeiterwohlfahrt (AWO) die historische Nähe zur Sozialdemokratie angekreidet und als „Verfilzung“ beschrieben (B1).
Während bei den Akteur*innen der organisierten Zivilgesellschaft die vermeintliche Staatsnähe problematisiert wird, wird gegen politische (Jugend-)Projekte ebenfalls das Neutralitätsgebot in Stellung gebracht – allerdings unter zusätzlicher Anwendung des Extremismus- bzw. Militanz-Vorwurfs. Unter anderem prüften 2019 der Kulturkonvent des Kulturraums Erzgebirge-Mittelsachsen, ob das Kultur- und Jugendzentrum „Treibhaus e. V.“ in der Kleinstadt Döbeln gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoße und ggf. deshalb die institutionelle Förderung eingestellt werden müsse (Mencke 2019). Ausschlag für die Prüfung hatte eine Beschwerde der AfD gegeben, die den Verein bezichtigte, tendenziöse und gewaltverherrlichende politische Arbeit zu betreiben. Als vermeintliche Beweise dienten Aufkleber aus der antifaschistischen Bewegung mit Slogans wie „Antifa heißt Angriff“ in den Räumlichkeiten des Kultur- und Jugendzentrums (ebd.). Ein ähnlicher Konflikt hatte sich auch beim Verein „Miteinander e. V.“ in Sachsen-Anhalt zugetragen. Hier forderte die AfD die Aberkennung der Gemeinnützigkeit und die Streichung öffentlicher Gelder, da der seit 2002 bestehende Verein ihrer Ansicht nach primär gegen sie arbeite. Frappierend war, dass sich Teile der CDU der Kritik anschlossen (Pollmer 2021). Die Frage, inwieweit öffentlich geförderte Projekte als kritische Zivilgesellschaft menschenverachtende und rassistische Inhalte der Partei AfD offen benennen dürfen oder stattdessen politische Bildungsarbeit unter Beachtung des nicht näher definierten Neutralitätsgebots umsetzen sollen, steht seither ungeklärt im Raum (Stange 2019).
Schaffung von alternativen Angeboten
Vereinzelt ergreifen rechtsradikale Akteur*innen die Initiative, um mittels eigener Angebote die demokratische Zivilgesellschaft in ihren originären Tätigkeitsbereichen zu schwächen und in Konkurrenz zu treten. Beobachten lässt sich diese Strategie insbesondere in der Arbeitswelt und in Bezug auf die Gewerkschaften. Auf betrieblicher Ebene trat der Verein „Zentrum Automobil“ mit eigenen Listen in fünf Werken der Automobilindustrie bei den Betriebsratswahlen 2018 an (Sauer und Detje 2019). Unter dem Dach der AfD gründeten sich in den letzten Jahren außerdem Gruppen wie „Alternative Öffentlicher Dienst“, die Arbeitnehmer*innen und/oder bestimmte Branchen ansprechen möchten (Schroeder et al. 2020). Im sozialen Bereich wird besonders die Obdachlosenhilfe ins Visier genommen, was sich an Aktionen wie dem Kältebus des AfD-Europaabgeordneten Guido Reil aufzeigen lässt (ebd., 68). Im Wesentlichen scheinen solche Hilfsangebote lediglich öffentlichkeitswirksame Inszenierungen zu sein. Nichtsdestotrotz bringen diese (rhetorischen) Angebote von rechts außen soziale Träger in Bedrängnis und lösen Rechtfertigungszwänge aus.
Fazit
In der Gesamtschau zeigt sich ein volatiles oder auf bestimmte Akteur*innen oder Kontexte konzentriertes Vorgehen der AfD. Die in diesem Beitrag aufgezeigten Strategien werden weniger in der Breite angewendet – auch wenn Anfeindungen in allen Teilbereichen der Zivilgesellschaft festzustellen sind. Stattdessen werden Einzelpersonen oder Organisationen, die zuvor meist Haltung gegen die rechtsradikale Partei bezogen und/oder Aktionen verwirklicht haben, als Feindbilder konstruiert. Oder es bestehen entsprechende Anlässe für Negativ-Kampagnen (z. B. Korruptionsvorfälle bei der AWO in Hessen, siehe Schroeder et al. 2020). Die Angriffe können im Einzelfall massiv oder gar existenzbedrohend ausfallen, vor allem wenn sich andere politische Entscheidungsträger*innen davon beeinflussen lassen und Fördermittel zur Debatte stehen. Gerade Akteur*innen der politischen Bildungsarbeit oder Migrant*innenselbstorganisationen werden davon besonders hart getroffen, da ihre Arbeitsweise und ihr Selbstverständnis zur Disposition stehen (Ratzmann und Sommer 2022). Aber selbst die großen ‚Player‘ der organisierten Zivilgesellschaft werden durch den Einzug der AfD in die Parlamente sowie damit einhergehende Kontroll- und Informationsrechte in einen Auseinandersetzungsprozess gebracht und müssen Antworten auf unterschiedliche Fragen finden: Welches Maß an Zusammenarbeit mit AfD-Funktionträger*innen ist notwendig? Werden AfD-Politiker*innen zu eigenen Veranstaltungen eingeladen? Müssen Leitbilder überarbeitet werden? Folglich gilt es intern abzustimmen, welche Reaktionsmuster gewählt werden oder welcher Grad der Abgrenzung sowohl in politischen Gremien als auch im Hinblick auf die eigene Mitgliedschaft erfolgen kann.
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1 Unter dem Begriff der organisierten Zivilgesellschaft werden in diesem Beitrag alle „[...] mit Satzungen ausgestatteten Bewegungen, Gruppen, Organisationen und Einrichtungen […]“ (Strachwitz et al. 2020, 6) subsummiert, die in der Regel mit hauptamtlichen Personal ausgestattet, häufig Empfänger*innen öffentlicher Zuwendungen sind und sich grundsätzlich dem Allgemeinwohl (ebd., 5f.) bzw. einem sozialen Zweck verpflichten.
2 Im Anschluss an den Soziologen Matthias Quent (2019, 40f.) wird rechts außen als Feld politischer Positionierungen innerhalb der Gesellschaft verstanden, was sich dadurch auszeichnet, dass es diametral entgegengesetzt zu demokratischen Grundrechten und Menschenrechten verläuft bzw. diese aktiv negiert.
3 Wenngleich die AfD in zahlreichen Publikationen als rechtspopulistisch klassifiziert wird, wird diese Einstufung hier nicht genutzt. Dies geschieht aus mehreren Gründen heraus: Zum einen ist der Terminus vage gehalten, zum anderen wird er definitorisch häufig allein auf eine Elitenkritik verengt, wodurch wichtige ideologische Inhalte (z.B. das Befürworten sozialer Ungleichheit und die Konzeption eines homogenen Volkes) ausgeblendet werden (Hentges et al. 2018). Während rechtsradikale Akteur*innen bestimmte Aspekte der parlamentarischen Demokratie wie Minderheitenrechte oder Gewaltenteilung ablehnen, stehen extrem rechte Akteur*innen für einen gewaltvollen Systemwechsel und zielen auf die Zersetzung parlamentarischer Demokratie (Mudde 2019, 28–30). Demzufolge wird die AfD als eine rechtsradikale Partei eingestuft, die Schnittmengen in die extreme Rechte besitzt (Quent 2019).
4 Die Interviewpartner*innen sind allesamt Mitglieder im „Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin“ (2022). Die Mitgliedschaft speist sich vorrangig aus Wohlfahrtsverbänden, Träger*innen sozialer Arbeit bzw. politischer Bildungsarbeit, Gewerkschaften und weltanschaulichen Organisationen. Somit konzentrieren sich die Ergebnisse des Artikels vornehmlich auf diese Bereiche der Zivilgesellschaft.
5 Nicole Höchst ist Mitglied des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Zuvor saß sie im Ausschuss für Familien, Frauen, Senioren und Jugend, der sich innerhalb eines Unterausschusses mit Fragen des bürgerschaftlichen Engagements befasst, und im Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung (Deutscher Bundestag 2022). 2019 kandidierte sie – teilweise unterstützt vom völkisch-nationalen Flügel – um den Bundesvorsitz der AfD (Korfmacher 2019). Öffentliche Empörung erregte Höchst, als sie 2018 eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung stellte, die auf der Unterstellung basierte, dass die Zahl schwerbehinderter Kinder in der BRD aufgrund von Verwandtenehen von Zuwander*innen signifikant steige. In Reaktion darauf übten Sozialverbände in Form einer Zeitungsannonce Kritik an den ableistischen Äußerungen der AfD – worauf Höchst den Verbänden Lobbyarbeit für die Regierung vorwarf und ihnen damit drohte, die Zuwendung öffentlicher Mittel an diese Akteur*innen zu überprüfen (FAZ 2018).
Literatur
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